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Der Riesenkäfer, den Brazil als die Schwarmkönigin erkannte, sprach zu Cousin Bat, und Brazil fand es interessant, daß das Übersetzungsgerät die Stimme einer unfaßbar winzigen und uralten Frau übertrug.

So entstehen Hexenlegenden, dachte er zynisch.

»Du hast nur zwei gebracht. Ich habe verlangt, daß du alle drei bringst«, klagte die Schwarmkönigin Bat an.

Bat verbeugte sich und sagte mit tonloser Stimme:»Das andere Wesen ist eine Pflanze, Hoheit, für die Nacht verwurzelt, und erst die Morgensonne kann es wecken.«

»Das wird nicht hingenommen«, fauchte die Schwarmkönigin. »Wir haben das Problem auch früher gelöst. Warte!«Ihr durchdringender Blick fiel auf Brazil. »Tier! Komm her!«

Brazil ging gegen seinen Willen langsam in den Ring.

»Der Ring bindet euch alle. Seid gebunden, bis ich zurückkomme, oder bis morgen, bis Mitternacht am Schacht der Seelen«, sagte sie, dann warf sie sich herum, auf die vier Beine. »Du zeigst es mir«, sagte sie zur Fledermaus, und Bat flog davon, gefolgt von der Schwarmkönigin.

Brazil versuchte, den Giftpilz-Ring zu verlassen, aber es ging nicht. Er stieß mit dem Fuß gegen einen der Pilze, der aber steinhart war und nur ein klapperndes Geräusch von sich gab.

Brazil betrachtete die Wesen im Ring. Wie Wuju waren sie zu Statuen erstarrt, obwohl sie, wie er sehen konnte, atmeten. Viele der anderen Wesen waren verschwommen humanoid, ein paar affenartig, aber alle stellten höllische, verzerrte Abarten ihrer früheren Erscheinung dar.

Brazil erinnerte sich an die Bewegungen auf der alten Erde. Er fragte sich, ob die primitiven Bauern, die so wunderbare Geschichten vom Feenland erzählten, wußten, daß diese Figuren als Hexen und böse Geister eine Doppelrolle spielten. Von einem Markovier einmal erschaffen, konnten sie nicht mehr ausgelöscht werden; sie mußten ihren Weg gehen und überleben oder scheitern, wie die Regeln es bestimmten.

Sie hatten es zu gut geschafft. Sie übten ihre Magie aus und gebrauchten die kollektiven geistigen Kräfte des Schwarms, geleitet und gesteuert von der Schwarmkönigin, die die Mutter von allen war, und versuchten sich auszudehnen. Sie vermochten Einfluß in dreizehn anderen südlichen Hexagons auszuüben, wo die Mathematik ihre ungeheuren Kräfte nicht untersagte, bevor die Markovier sie endlich auf ihr eigenes Hex beschränkten.

Hier waren sie in ihrem eigenen Element und unüberwindbar. Wie viele Tausende, vielleicht Hunderttausende von Schwärmen mag es hier geben, fragte sich Brazil. Ich habe sie einmal besiegt, als sie nicht in ihrem Element waren, aber kann ich es hier?

Es verging etwa eine Stunde, und Brazil, der einzige, der sich im Kreis bewegen konnte, wurde immer nervöser, gab die Hoffnung aber nicht auf. Wenn sie vor Tagesanbruch bei Vardia keinen Erfolg hatten, würden diese Nachtwesen in ihre Bäume zurückkehren, auch die Königin. Wie lange bis zur Dämmerung?

Er kam plötzlich auf einen Gedanken und begann, sorgfältig ein Pentagramm rund um den Kreis zu zeichnen. Er versuchte unauffällig vorzugehen, und es gelang ihm, mit dem Huf die Spuren in das Gras zu drücken. Eine vage Chance, das wußte er, aber die Schwarmkönigin mochte bis zum Morgen behindert werden.

Er hatte die Runde zur Hälfte gemacht, als es im Dickicht knackte und er Vardia in den Kreis treten sah. Die Schwarmkönigin hockte auf ihrem Sonnenblatt. Bat flog herab in den Kreis, und die Königin ließ sich an ihrem alten Platz nieder.

Zu spät, dachte Brazil und blieb stehen. Ich muß den Zauber akzeptieren und ihn brechen.

Die Schwarmkönigin blickte einige Minuten nachdenklich vor sich hin, dann sagte sie:»Seid frei innerhalb des Kreises.«

Bat wankte, fing sich und schaute sich erstaunt um. Er sah die anderen und riß die Augen auf.

»Brazil! Vardia! Wuju! Wie seid ihr hergekommen?«fragte er verwirrt.

Wuju starrte die Versammlung furchtsam an, lief auf Nathan zu und fragte:»Nathan, was geschieht hier?«

Vardia sah sich um und flüsterte:»Was für ein sonderbarer Traum.«

Bat fuhr herum, sah die Schwarmkönigin und ging auf sie zu. Plötzlich konnte er die Beine nicht mehr bewegen. Er flatterte mit den Flügeln, kam aber nicht vom Boden hoch.

»Was soll das?«fragte er dumpf. »Das letzte, was ich weiß, ist, daß ich am Ufer flog und sonderbare Musik hörte — und jetzt wache ich hier auf.«

»Diese Wesen scheinen —«, begann Wuju, aber die Schwarmkönigin zischte plötzlich:»Seid stumm!«, und Wujus Stimme erstarb.

»Ein Sturm zieht auf«, sagte die Königin. »Er wird erst nach der Morgendämmerung vorbei sein. Deshalb ist das einfachste auch das beste.«Sie schaute hinauf zum summenden Schwarm, dann trat sie in den Ring und setzte sich auf einen Pilz. »Was machen wir mit den Eindringlingen?«fragte sie.

»Sie anpassen«, antwortete der Schwarm mit einer Stimme.

»Sie anpassen«, wiederholte die Königin. »Und wie können wir das, wenn wir so wenig Zeit haben?«

»Sie verwandeln, sie verwandeln«, meinte der Schwarm.

Der Blick der Königin fiel auf Wuju, die sich an Brazil klammerte.

»Du willst ihn?«fragte die Schwarmkönigin ätzend. »Du sollst ihn haben.«Ihre Augen glühten, und das Summen des Schwarms wurde heftiger.

Wo Wuju gestanden hatte, war plötzlich ein Reh, ein wenig kleiner und schmaler als Brazils Hirsch. Das Reh schaute sich verwirrt um, dann begann es, gleichgültig Gras zu rupfen.

Die Schwarmkönigin wandte sich Vardia zu.

»Pflanze, du möchtest so gern wie ein Tier sein. Das sollst du haben.«

Das Summen wurde wieder lauter, und wo Vardia gewesen war, stand ein zweites Reh.

»Es ist einfacher, etwas aus der Gegend zu nehmen, wißt ihr«, sagte die Schwarmkönigin zu niemand Bestimmtem. »Ich muß mich beeilen.«Sie richtete den Blick auf Cousin Bat.

»Du magst sie, sei wie sie!«befahl sie, und auch Bat verwandelte sich in ein Reh, das genauso aussah wie die anderen.

Sie wandte sich Brazil zu.

»Hirsche sollten nicht denken«, sagte sie. »Das ist unnatürlich. Hier ist dein Harem, Hirsch. Beherrsche sie, aber als das, was du bist, nicht, was du sein willst.«

Der Schwarm begann, wild zu summen, und Brazils Gemüt wurde dumpf und leer, ohne Denken.

»Und schließlich, damit ein so rasch gesprochener Zauber nicht leicht verfliegt, verordne ich den vieren Angst und Schrecken von allen, außer ihrer eigenen Art, und allen Dingen, die Tiere beunruhigen. Sie sind vom Kreis frei.«

Brazil hetzte in die Dunkelheit, gefolgt von den drei anderen.

Donner grollte, Blitze zuckten auf.

»Der Kreis ist durchbrochen«, tönte die Königin.

»Wir suchen Zuflucht«, antwortete der Schwarm und stob auseinander. Die anderen Wesen wurden lebendig, manche schnatternd, andere heulend, als Blitz und Donner sich verstärkten.

Die Schwarmkönigin warf sich herum und lief in ihren Baum.

»Schlampig gemacht«, murmelte sie. »Ich hasse diese Eile.«

Es begann zu regnen.

* * *

Obwohl es wirklich ein überhasteter Zauber war, brauchte Brazil fast einen ganzen Tag und die Nacht, um ihn zu brechen. Der Fehler war ein einfacher: zu keinem Zeitpunkt während der Begegnung hörte die Schwarmkönigin ihn sprechen, und sie war nicht auf den Gedanken gekommen, daß er es konnte. Das Übersetzungsgerät arbeitete weiter, obwohl es für den Rest des Tages im Gewitter und am nächsten Tag, als die Bewohner des Feenlandes schliefen, wenig nutzte.

Als die Wesen im Dunkeln herauskamen, sprachen sie jedoch miteinander. Die Gespräche waren zahllos, kompliziert und betrafen Taten und Begriffe, die ihm völlig fremd waren, aber es wurden Wörter und Sätze gebildet, die der Dolmetscher übertrug. Die Signale, wenngleich zumeist unverständlich, behämmerten sein Gehirn, reizten es, lieferten etwas, woran er sich halten konnte. Langsam kehrte das Bewußtsein zurück, Begriffe bildeten sich, Vorstellungen, die das Hindernis des Zaubers überwanden.