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Das Wesen paffte an der Pfeife, und die Glut leuchtete in der Dunkelheit.

»Stört es euch, wenn ich meine Pfeife fertig rauche, bevor wir weiterziehen?«sagte es. »Wäre sonst schade drum.«

West-Ghlmon

Die vier starrten das seltsame Wesen an. Brazil hatte nur den Gedanken, daß es zu ›Alice im Wunderland‹ gehörte.

»Serge Ortega schickt Sie?«fragte er.

Das Wesen nahm die Pfeife aus dem Mund und zeigte einen beleidigten Ausdruck.

»Sir, ich bin der Herzog von Orgondo. Das ist Ghlmon. Die Ulik haben hier nichts zu sagen. Sie sind lediglich unsere Nachbarn. Vor einigen Tagen erst hat Mr. Ortega sich in dieser Sache an uns gewandt, und wir machen uns natürlich große Sorgen. Das Interesse der Ulik liegt — nun, offen gesagt, dem unseren näher. Wir kennen sie und verstehen sie. Wir sind seit Jahrtausenden gut mit ihnen ausgekommen. Mit ihrer Hilfe konnten wir überleben, als sich hier die Umwelt veränderte und der Boden zu Sand wurde. Aber Sie alle — einschließlich Mr. Ortega — sind nur mit unserer Duldung hier, und wir lassen keine Verletzung der Souveränität zu.«

»Was sagt er?«fragte Vardia, und die anderen wirkten ebenso verwirrt. Brazil begriff zum erstenmal, daß sie nichts mehr verstanden. Die Dolmetschgeräte waren mit ihren früheren Körpern verschwunden.

»Verzeihung, Euer Gnaden«, sagte Brazil höflich. »Ich werde übersetzen müssen, weil meine Begleiter keine Dolmetscher haben.«

Die Echse sah die drei Menschen an.

»Hmmm… Höchst merkwürdig. Es hieß, ich hätte mit einer Dillianerin, einer Czillanerin und einem Creiten zu rechnen. Wir hörten, Sie wären eine Antilope, und das scheint als einziges richtig zu sein. Sie sind Mr. Brazil, nicht wahr?«

»Der bin ich. Das männliche Wesen ist Mr. Varnett, das weibliche mit Brüsten Wuju, und das unentwickelte Vardia. Wir mußten durch Ivrom. Das ist an sich schon eine Leistung, möchte ich meinen — unverwandelt hindurchzugelangen, wäre ein Wunder gewesen.«

»Gewiß. Wir hatten aber keine Zweifel, daß Sie durchkommen würden, obwohl der Teufel los war, als Sie drei Tage verschwanden. Wir haben alle diplomatischen Hebel in Bewegung gesetzt, um zu ermitteln, wer Sie festhielt.«

»Dann gehörte die Verzauberung nicht zu Ortegas Tricks?«fragte Brazil. »Er schien sehr sicher zu sein, daß wir durchkommen würden.«

»O nein, er rechnete damit, daß Sie steckenbleiben würden«, erwiderte der Herzog gelassen. »Aber wir von Ghlmon beherrschen die Künste besser als die schmutzigen Wilden in Ivrom. Es ging nur darum, Sie zu finden. Wir hatten die andere Gruppe bereits, so daß nichts beeinträchtigt worden ist, solange es auch dauerte.«

»Wie geht es nun weiter?«fragte Brazil ruhig.

»Ach, in dieser Nacht sind Sie natürlich meine Gäste«, erwiderte der Herzog liebenswürdig. »Morgen setzen wir Sie in einen Sandhai-Expreß und bringen Sie zur Hauptstadt Quodlikm, wo Sie mit Ortega und der anderen Gruppe zusammentreffen. Von da an führt Ortega Regie, aber wir werden natürlich aufpassen.«Der Herzog klopfte seine Pfeife aus. Der Inhalt roch wie Schießpulver. »Alles ist für Sie vorbereitet«, sagte er. »Können wir? Es ist nicht weit.«

»Haben wir die Wahl?«fragte Brazil.

Der kleine Dinosaurier wirkte wieder verletzt.

»Versteht sich. Sie können zurück über die Grenze oder ins Meer springen. Aber wenn Sie vorhaben, in Ghlmon zu bleiben, werden Sie tun, was wir wünschen.«

»In Ordnung«, sagte der Antilopenbock. »Gehen wir.«

Sie folgten dem kleinen Dinosaurier schweigend den Strand entlang, etwa einen Kilometer weit. Dort war am Wasser ein riesiges Zelt aus Leinwand oder ähnlichem Stoff errichtet. Am Mittelmast flatterte eine Fahne. Mehrere Ghlmonesen standen in der Nähe und versuchten, ihre Langeweile zu verbergen.

Zwei am Zelt nahmen stramme Haltung an, als der Herzog herankam.

»Alles bereit?«fragte er.

»Der Tisch ist gedeckt, Euer Gnaden«, erwiderte einer. »Alles sollte nach Wunsch geraten sein.«

Der Herzog nickte und betrat das Zelt, gefolgt von den anderen.

Im Inneren sah es aus wie eine Abbildung aus einem mittelalterlichen Handbuch. Der Boden war mit dicken Teppichen bedeckt, in der Mitte stand ein langer, niedriger Holztisch mit merkwürdig riechenden Gerichten. Es gab keine Stühle, aber für die menschlichen Mitglieder der Gruppe wurden rasch Deckenrollen oder Teppichrollen gebracht, damit sie es sich bequem machen konnten.

»Sehr schlicht, aber es wird genügen müssen«, sagte der Herzog. »Das Essen werden Sie vertragen — Botschafter Ortega war hier sehr hilfreich. Wir haben Sie natürlich nicht in diesen Formen erwartet, aber das sollte kein Problem sein. Schade, daß Sie nicht im Schloß untergebracht werden konnten.«

»Wo ist Ihr Schloß?«fragte Brazil. »Ich habe keine Gebäude gesehen.«

»Unter dem Boden, versteht sich«, erwiderte der Herzog. »Ghlmon war nicht immer so wie jetzt. Über Jahrtausende hinweg hat es sich langsam verändert. Wir begriffen, daß wir gegen den Sand nicht aufkamen, und lernten, unter ihm zu leben. Durch Schächte, die ständig reingehalten werden, pumpen Maschinen Luft nach unten. Es ist etwa so, als lebe man in Kuppeln unter der Meeresoberfläche, wie es vorkommen soll. Die Wüste ist unser Meer — mehr, als Sie glauben. Wir können darin schwimmen, wenn auch sehr langsam, und folgen Leitdrähten von einem Ort zum anderen. Wir kommen nur herauf, wenn wir weite Strecken zurückzulegen haben.«

Brazil übersetzte, und Vardia fragte:»Aber woher kommt die Nahrung? Hier wächst doch nichts.«

»Wir sind hauptsächlich Fleischfresser«, erklärte der Herzog, nachdem ihm die Frage übersetzt worden war. »Es gibt im Sand viele Wesen, und ein Großteil ist gezähmt. Wasser ist kein Problem — es gibt die alten Flüsse noch, nur strömen sie unterirdisch. Die Gemüsespeisen hier sind für Sie gedacht. Wir züchten die Pflanzen in Treibhäusern.«

Sie aßen und setzten das Gespräch fort, ohne auf den Zweck der Expedition einzugehen. Nach der Mahlzeit verabschiedete sich der Herzog.

»Dort drüben liegt Stroh, wenn Sie auf den Teppichen nicht schlafen können«, sagte er. »Ich weiß, daß Sie müde sind, und werde Sie nicht stören. Sie haben morgen eine lange Reise vor sich.«

Varnett und Vardia suchten sich weiche Stellen und waren nach wenigen Minuten eingeschlafen. Wuju blieb lange wach, sah schließlich zu Brazil hinüber und entdeckte, daß auch er nicht schlief. Sie ging mühsam hinüber.

»Woran denkst du?«fragte sie leise.

»Über diese Welt denke ich nach. Über die Expedition. Über uns — nicht nur über uns beide, über uns alle. Es geht zu Ende, Wuju. Kein Anfang mehr, nur noch Ende.«

»Was wird aus uns werden, Nathan?«fragte sie.

»Nichts. Alles. Es hängt davon ab, wer du bist«, erwiderte er rätselhaft. »Du wirst sehen, was ich meine. Wenn du die Wahl hättest, wenn du als das, was du bestimmen könntest, zu unserem Sektor des Weltraumes zurückzukehren vermöchtest, was würdest du wählen?«

Sie überlegte.

»Ich habe nie daran gedacht zurückzugehen«, flüsterte sie.

»Aber wenn du es könntest, und wenn du bestimmen dürftest, was würdest du dir aussuchen?«

Sie lachte tonlos.

»Als Farmarbeiterin hatte ich keine Träume. Uns wurde beigebracht, mit allem zufrieden zu sein. Aber als ich im Parteihaus Hure war, unterhielten wir uns manchmal darüber. Frauen und Männer wurden getrennt, und wir wurden mit Hormonen vollgepumpt, aber hinaus kamen wir nicht. Wir erfuhren von den Parteigenossen, wie es draußen war, und träumten davon hinauszukommen, vielleicht andere Welten zu sehen. Nun gut, wenn ich wählen könnte, möchte ich reich sein, so lange leben, wie ich wollte, immer jung und sehr schön sein. Nicht auf einer Kom-Welt, versteht sich.«