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»Weiter. Noch etwas?«

»Ich möchte dich unter denselben Bedingungen haben«, erwiderte sie.

Er lachte, ehrlich geschmeichelt und erfreut.

»Aber wenn ich nun nicht da wäre?«fuhr er, wieder ernst geworden, fort. »Wenn du allein wärst?«

»Daran will ich nicht einmal denken.«

»Komm, es ist doch nur ein Spiel.«

Sie hob den Kopf und dachte wieder nach.

»Wenn du nicht da wärst, glaube ich, möchte ich ein Mann sein.«

Hätte Brazil ein menschliches Gesicht besessen, seine Brauen wären vor Entgeisterung hochgezuckt.

»Ein Mann? Warum das?«

Sie zuckte die Achseln und wirkte ein wenig verlegen.

»Ich weiß es eigentlich nicht. Ich habe vorhin gesagt, jung und schön. Männer sind größer, stärker, sie werden nicht vergewaltigt, sie werden nicht schwanger. Ich möchte vielleicht Kinder haben, aber — nun, ich glaube, außer dir könnte mich kein Mann reizen, Nathan. Für die Männer im Parteihaus war ich eine Maschine, eine Sexmaschine. Die anderen Mädchen waren meine wirklichen Mitmenschen, meine Familie. Sie mochten mich. Deshalb hat die Partei mich Hain überlassen, Nathan — ich war so weit, daß ich mit Männern überhaupt nichts mehr anfangen konnte, nur noch mit Frauen. Sie fühlten, sie waren nicht — nun, nicht bedrohlich. Alle Männer, die ich traf, waren es — nur du nicht. Kannst du das verstehen?«

»Ich glaube schon«, sagte er langsam. »Es ist natürlich, wenn man deine Vergangenheit bedenkt. Andererseits gibt es viele Welten, wo Homosexualität akzeptiert wird und man Kinder durch Klonen oder künstliche Befruchtung bekommen kann. Und Männer haben natürlich ebenso viele Probleme und Macken wie die Frauen. Das Gras ist nicht grüner, nur anders.«

»Das könnte das Angenehme daran sein. Ich bin es schließlich noch nie gewesen — so, wie ich vorher nie ein Zentaur war und du nie eine Antilope gewesen bist. Ich weiß, was es heißt, eine Frau zu sein — und es gefällt mir nicht besonders. Außerdem ist das nur ein Spiel.«

»Ja. Möchtest du lieber ein Zentaur sein, als das, was du jetzt bist? Das kannst du, weißt du — du brauchst durch das hiesige Portal nur zu Zone zu gehen und von dort nach Dillia.«

»Ich — ich bin mir nicht sicher. Gewiß, es war schön dort, und ich habe mich wohlgefühlt, aber ich gehörte nicht dazu. Jol war sehr nett, aber ich fühlte mich zu Dal hingezogen, und das geht in Dillia nicht.«

»Das hast du gemeint, als du vor langer Zeit sagtest, man solle sich lieben, ohne Rücksicht darauf, wie man aussieht? Aber was ist mit mir? Wenn ich mich nun in etwas wirklich Monströses verwandeln würde, so fremdartig, daß es keine Beziehung zu dem hätte, was du kennst?«

Sie lachte.

»Du meinst, wie die Fledermaus oder vielleicht eine Meerjungfrau?«

»Nein, das sind vertraute Formen. Ich meine eine echte Monstrosität.«

»Solange du innerlich gleich bleibst, würde sich nichts ändern«, antwortete sie ernsthaft. »Warum redest du eigentlich so? Rechnest du mit einer solchen Verwandlung?«

»Auf dieser Welt ist alles möglich«, erinnerte er sie. »Wir haben nur einen Bruchteil von dem gesehen, was geschehen kann. Du hast nur sechs Hexagons gesehen, sechs von fünfzehnhundertsechzig. Es gibt viel seltsamere Dinge. Wir werden bald den neuen Datham Hain treffen«, sagte er grimmig. »Er ist ein weibliches Rieseninsekt — wahrlich ein Ungeheuer.«

»Jetzt paßt das Äußere zum Inneren«, zischte sie. »Monster sind nichts Rassisches, sondern sie haben mit dem Geist zu tun. Er ist sein ganzes Leben ein Monstrum gewesen.«

Er nickte.

»Hör zu, vertrau mir. Hain wird bekommen, was er verdient — wie alle. Im Schacht werden wir alle sein, was wir gewesen sind, und dann kommt die Abrechnung.«

»Sogar du?«fragte sie. »Oder bleibst du eine Antilope?«

»Nein, keine Antilope«, sagte er geheimnisvoll, dann wechselte er das Thema. »Nun, vielleicht ist es besser, wenn es vorbeigeht. In zwei Tagen ist es soweit.«

Nach einer langen Pause sagte sie:»Nathan, hast du deshalb so lange gelebt? Bist du ein Markovier? Varnett glaubt es.«

Er seufzte.

»Nein, kein Markovier — nicht direkt. Aber sie sollen es ruhig glauben. Ich brauche das vielleicht, um zu verhindern, daß alles zu früh auseinanderfliegt.«

Sie sah ihn betäubt an.

»Du meinst, du hast die ganze Zeit Andeutungen fallen lassen, daß du einer der Erbauer dieser Welt bist, und es war alles nur Bluff

Er schüttelte langsam den Kopf.

»Kein Bluff, nein. Aber ich bin sehr alt, Wuju — älter, als sich irgend jemand das vorstellen kann. So alt, daß ich mit meinen eigenen Erinnerungen nicht leben konnte. Deshalb blockierte ich sie und war, bis ich auf dieser Welt ankam, auf herrliche Weise ahnungslos. Der Schock der Verwandlung in Murithel brachte alles zurück, aber es ist so vieles! Man kann einfach nicht alles erfassen. Doch diese Erinnerungen verschaffen mir einen Vorteil — ich weiß Dinge, von denen ihr keine Ahnung habt. Ich bin nicht unbedingt schlauer oder weiser als ihr, aber ich besitze die ganze Erfahrung von Tausenden Lebensspannen. Das hilft mir.«

»Aber sie glauben alle, daß du den Schacht für sie in Betrieb nimmst«, meinte sie. »Alles, was du gesagt hast, zeigt, daß du dich auskennst.«

»Das war der Grund, warum Serge uns am Leben gelassen hat«, erklärte er. »Deshalb sind wir unterstützt und weitergetrieben worden. Ich bin überzeugt, daß mein kleiner Sprechapparat eine zusätzliche Schaltung hat, damit Serge mithören kann. Es stört mich nicht mehr. Deshalb konnte er uns helfen, deshalb wußte er, wo wir waren und was mit uns geschah. Deshalb werden wir mit ihm zusammentreffen; so ist das alles vorbereitet worden. Für den Fall, daß er mich nicht verwenden kann, benutzt er Skander oder Varnett — denkt er.«Er sah sie an. »Und du bist eine Geisel, Wuju. Damit hat er mich in der Hand.«

»Wenn es nun wirklich darauf ankäme? Würdest du wegen mir tun, was er verlangt?«

»Dazu wird es nicht kommen, glaub' mir. Varnett kennt sich auch aus, nur hat er es in seiner jugendlichen Erregung wieder vergessen.«

»Was wirst du dann tun?«

»Ich führe sie alle hin, ich werde ihnen zeigen, was sie sehen wollen, aber sie werden entdecken, daß diese Schatzsuche von Dornen strotzt, wenn sie erfahren, wie der Preis aussieht. Ich wette, daß sie ihn für zu hoch halten, wenn sie im Kontrollraum ihrer Träume stehen.«

Sie schüttelte staunend den Kopf und sagte:»Ich verstehe kein Wort.«

»Du wirst es verstehen«, erklärte er, »um Mitternacht am Schacht der Seelen.«

* * *

Die Fahrt war unbequem und holperig. Sie fuhren auf einem großen Holzschlitten mit Kufen. Gezogen wurde er von acht riesigen Tieren, die sie nicht ganz sehen konnten — Sandhaie, wie die Ghlmonesen sie nannten. Nur mächtige, graue Rücken und enorme, rasiermesserscharfe Flossen waren zu sehen, als sie ihre Last zogen und von einem Ghlmonesen mit Zügeln dirigiert wurden.

Die Sandhaie waren riesige Säugetiere, die im Sand lebten wie Fische im Wasser. Sie atmeten Luft — wenn ihre großen Rücken aus dem Sand tauchten, öffnete sich ein großes Nasenloch — und erreichten eine Geschwindigkeit von acht bis zehn Kilometern in der Stunde.

Am Ende des Tages waren alle wund und durchgeschüttelt, aber sie hatten über die Hälfte der Strecke hinter sich. Sie legten Teppiche auf den Sand und aßen Nahrung, die vom flammenden Atem ihres Fahrers erhitzt worden war.

Der nächste Tag glich dem ersten. Sie kamen an einigen anderen Schlitten vorbei und sahen einzelne Ghlmonesen mit großen Sätteln auf Sandhaien reiten. Gegen Abend tauchten vor ihnen Gebäude auf, die sich als Türme und Zinnen aus kleinen Bausteinen entpuppten, fünfzig und mehr Meter in die Luft ragend. An einem Tor zwischen zwei Türmen hielten sie an. Ein Dinosaurier in roter Livree kam auf sie zu.