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„Es tut mir auch gar nicht leid, daß alles so gekommen ist", sagte Elli. „Ich freue mich sehr, solch liebe, treue Freunde gefunden und euch geholfen zu haben, daß eure sehnlichsten Wünsche in Erfüllung gingen." Elli verabschiedete sich unter Tränen von dem Weisen Scheuch, dem Eisernen Holzfäller und dem Tapferen Löwen, dankte Stella für ihre gütige Hilfe, nahm Toto auf den Arm und rief: „Jetzt tragt mich, Schuhe, nach Kansas zu Vater und Mutter!" Im nächsten Augenblick verschwamm alles vor ihren Augen. Die Sonne schoß wie ein Feuerstrahl über den Himmel, und noch ehe Elli Angst verspüren konnte, stand sie auf der Wiese vor dem neuen Häuschen, das ihr Vater anstelle des alten Packwagens gebaut hatte. Beim dritten Schritt auf das Häuschen zu verlor Elli die Silberschuhe, was auch nicht verwunderlich war, denn in Kansas gibt es ja keine Zauberdinge.

ELLIS ZWEITE REISE IN DAS WUNDERLAND

Als noch Gingema im Blauen Lande regierte, lebte dort ein böser und schlauer Tischler namens Urfin Juice. Er haßte seine Landsleute und baute sich ein Haus im Walde unweit von Gingemas Höhle. Dann verdingte er sich als Diener bei der Hexe und half ihr, die Steuern bei den Käuern einzutreiben. Ein paar Monate nach Gingemas Tod fegte ein Sturm über das Wunderland hinweg, der Samen einer unbekannten Pflanze in Urfins Garten trug. Diese Pflanzen bedeckten bald alle Beete. Je mehr Urfin dieses Unkraut jätete, desto dichter wucherte es, denn es besaß eine gewaltige Lebenskraft. Der Tischler riß das Unkraut mit den Wurzeln aus und zerhackte es in kleine Stücke, die er auf Bleche streute und in der Sonne trocknen ließ. Auf diese Weise erhielt der Tischler ein dunkelbraunes Pulver, das sich als lebenspendend erweisen sollte. Als er zufällig ein bißchen auf einem Bärenfell verschüttete, wurde dieses lebendig und begann zu gehen und zu sprechen. Urfin streute Pulver auf einen geschnitzten Holzclown, worauf dieser gleichfalls lebendig wurde und seinen Herrn in den Finger biß. Da beschloß der ehrgeizige Tischler, große hölzerne Soldaten anzufertigen und zu beleben, um mit ihrer Hilfe Herrscher im

Wunderland zu werden. Urfin war ein geschickter Handwerker, und sein Plan gelang. Mit der Armee der Holzköpfe unterwarf er sich das Land der Käuer und dann die Smaragdenstadt, die vom Nachfolger Goodwins, dem Weisen Scheuch, regiert wurde. Die Eroberung der Smaragdenstadt war für Urfin kein leichtes Unternehmen. Der Scheuch und seine Freunde, der langbärtige Din Gior und der Hüter des Tores Faramant, schlugen alle Angriffe der Holzköpfe tapfer zurück. Da wandte Urfin eine List an: Er warf seinen Holzclown, der den Befehl erhalten hatte, einen Verräter unter den Bürgern der Stadt aufzuspüren, über die Mauer, und der Clown fand einen solchen Verräter in Gestalt eines reichen Mannes namens Ruf Bilan, der auf den Scheuch sehr neidisch war, weil er selber Herrscher der Stadt werden wollte. Nachts öffnete Ruf Bilan das Tor, und die Smaragdenstadt fiel dem Feind in die Hände. Für seinen Verrat wurde Ruf Bilan von Urfin zum obersten Zeremonienmeister ernannt. Es fanden sich in der Stadt auch noch etliche andere Verräter, die Urfin zu seinen Räten machte. Der Scheuch und der Eiserne Holzfäller kamen in Gefangenschaft. Als sie sich weigerten, in Urfins Dienste zu treten, sperrte dieser sie in einen hohen Turm unweit der Stadt ein. Dort sollten sie schmachten, bis sie sich ihm unterwürfen. Die beiden Freunde dachten aber nicht daran, sich dem Usurpator zu unterwerfen. Die Krähe Kaggi-Karr, die einst dem Scheuch geraten hatte, sich ein kluges Gehirn zu verschaffen, drang durch das Gitter in das Gelaß der Gefangenen. Diese baten sie, nach Kansas zu fliegen und Elli zu Hilfe zu rufen. Der Holzfäller ritzte mit einer Nadel auf ein grünes Blatt eine Botschaft an Elli, worauf Kaggi Karr den langen und gefährlichen Weg antrat. Es gelang ihr, das Mädchen ausfindig zu machen und ihm den Brief zu übergeben. Auf der Farm der Smiths weilte damals Frau Annas Bruder, der einbeinige Seemann Charlie Black, zu Besuch, ein fröhlicher und Unternehmungslustiger Geselle. Elli und ihr Onkel Charlie wurden Freunde. Das Mädchen erzählte ihm von seinen Abenteuern im Wunderland und gestand, daß sie große Sehnsucht nach ihren wackeren Freunden habe. Da kam die Nachricht, daß der Scheuch und der Holzfäller in Gefahr schwebten. Elli mußte ihre Eltern lange bitten, bis sie ihr erlaubten, mit dem Onkel ins Wunderland zu ziehen. Sie rief auch Goodwin, der in der Nachbarschaft einen Laden hatte, aber dieser schlug die Einladung aus.

„Ich hab die Zauberer und Zauberinnen und alle Zauberdinge satt", sagte er.

Elli und Charlie nahmen das Hündchen Toto mit und machten sich auf den Weg. Als sie die große Wüste erreichten, holte Charlie, der wahrhaft goldene Hände hatte, aus dem Rucksack Werkzeug hervor und baute ein Schiff mit vier breiten Rädern. Mit gehißten Segeln ging es durch die Wüste, in der die Reisenden fast vor Durst umkamen. Dann überquerten sie die Berge und kamen in das Land der Käuer, wo man ihnen vom tückischen Urfin und seinen Holzsoldaten erzählte. Das Mädchen und der Seemann hatten jedoch keine Angst. Sie riefen den Löwen zu Hilfe und setzten auf der mit gelbem Backstein ausgelegten Straße den Marsch in die Smaragdenstadt fort. Wie bei der ersten Reise lauerten auf Elli und ihre Freunde wieder viele Gefahren, aber die Findigkeit des Seemanns half, sie zu überwinden. Als die kleine Schar sich der Smaragdenstadt näherte, war diese von Urfins Soldaten und Polizisten umstellt. Da blies Elli in die Silberpfeife, und schon war die Fee Ramina, die Königin der Feldmäuse, zur Stelle. Ramina erzählte dem Mädchen, daß nicht weit von hier der Eingang eines unterirdischen Ganges liege, der in den Keller des Turms münde, wo sich der Scheuch und der Holzfäller befinden. Die Mäusekönigin fügte hinzu, daß dieser Gang am Land der unterirdischen Erzgräber vorbeiführe, und schärfte Elli ein, vorsichtig zu sein und diese Leute nicht zu belästigen. Diese Warnung war nur zu begründet. Elli, die ihre Neugier nicht zu zügeln vermochte, wollte durch ein Loch, das sie zufällig in der Wand entdeckte, die Wunder der unterirdischen Welt sehen. Ein Wachsoldat, der unter der Decke auf einem Drachen umherflog, schoß einen Pfeil auf das Mädchen ab, der es um ein Haar getroffen hätte. Unterdessen regierte Urfin im Wunderland weiter. Allerdings hatte er kein frohes Leben. Zur Zerstreuung gab er Festgelage, die von den Bürgern der Stadt jedoch gemieden wurden. Die schmeichelnden Reden der Minister aber hatte Urfin satt. Eines Tages kam ihm zu Ohren, daß Elli und ihr Onkel, den die kleinen Käuer den „Riesen von der anderen Seite der Berge" nannten, im Lande aufgetaucht seien. Urfin rüstete zum Kampf. Er fertigte immer mehr Holzsoldaten an, die er mit dem Zauberpulver lebendig machte. Obwohl diese Arbeit ihn viel Schweiß kostete, gab er sie erst auf, als das Zauberpulver ihm ausging. Trotz aller Wachsamkeit der Polizisten und der Holzköpfe konnten Elli und Charlie den Holzfäller, den Scheuch, den langbärtigen Soldaten Din Gior und den Hüter des Tores Faramant befreien. Dann brachen sie in das

Violette Land auf, wo sie die Zwinkerer bewaffneten. Mit ihnen zogen sie in den Krieg. Seine größten Hoffnungen setzte der Seemann in eine aus einem dicken Baumstamm hergestellte Holzkanone, für die Charlie selbst das Pulver bereitet hatte. Die Kanone bewährte sich. Mit einem einzigen Schuß entschied sie den Ausgang der Schlacht. Die Holzsoldaten hatten Angst vor Feuer, und als brennende Fetzen und glühende Kohlen auf ihre Köpfe herunterfielen, stoben sie entsetzt auseinander. Urfin Juice wurde gefangengenommen, vor Gericht gestellt und verbannt. Die kriegerischen Holzköpfe aber verwandelten sich in fleißige Arbeiter, nachdem man ihre grimmigen Gesichter auf Vorschlag des Scheuchs durch lächelnde ersetzt hatte. Die Verräter, die Urfin Juice gedient hatten, wurden alle bestraft, mit Ausnahme des größten — des Zeremonienmeisters und ersten Ministers Ruf Bilan — , der spurlos verschwunden war. Und wieder nahm das Mädchen Elli Smith aus Kansas von ihren treuen Freunden Abschied…