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„Ich hab an alles gedacht', sagte Fred. „In solchen Höhlen kann man sich leicht verirren."

„Nicht mit unserem Hund", entgegnete Elli. „Toto wird uns nach der Spur jederzeit wieder hinausführen. Nicht wahr, Totochen?" Das Hündchen bellte zustimmend. Sie betraten die Höhle. Fred trug das Kofferboot und die Fackeln. Elli hielt in einer Hand die Provianttasche, in der anderen die Rolle Bindfaden. Toto schnupperte und knurrte — die Höhle schien ihm nicht zu gefallen.

DER EINSTURZ

Am Abend kehrten die Kinder nicht zurück. Unruhe befiel die Cunnings. Frau Cat äußerte schreckliche Befürchtungen, die Bill ihr auszureden suchte.

„Vom Weg sind sie nicht abgekommen, denn die Pferde kennen ihn ja", sagte er. „Von wilden Tieren hat man in unserer Gegend schon lange nichts gehört. Wahrscheinlich hat die Nacht die Kinder überrascht, und jetzt schlafen sie irgendwo in den Hügeln. Mundvorrat haben sie ja genug und Streichhölzer auch."

„Und wenn sie sich in der Höhle verirrt haben?" sagte Frau Cat. „Es soll dort viele verworrene Gänge geben."

„Ich habe dem Jungen eine große Rolle Bindfaden mitgegeben", sagte Bill, „und ihm eingeschärft, daß er nur so weit gehen soll, wie der Faden reicht." Die Eltern verbrachten eine unruhige Nacht. Am Morgen wuchs ihre Unruhe noch mehr, als Freds Pferd mit abgerissenem Halfter auf der Farm ankam. Den Kindern mußte ein Unglück zugestoßen sein. Alle Leute, die gerade nicht beschäftigt waren und reiten konnten, machten sich unter Bills Führung zur Höhle auf. Die Schnellsten legten die zwanzig Meilen in zwei Stunden zurück. Ihre Pferde waren in Schweiß gebadet. Unweit der Höhle stand, an einen Baum angebunden, Ellis Pferd. Doch die Kinder waren nirgends zu sehen. Der Bindfaden, dessen Ende um einen Stein gewickelt war, führte in die Höhle. Man äußerte allerlei Vermutungen: „Sie haben sich sicher verirrt. Vielleicht sind sie durch unterirdisches Gas umgekommen. Oder ist eines der Kinder verletzt und kann nicht weiter?" Die Menschen stürzten mit brennenden Kerzen und Laternen in die Höhle, allen voran Bill. Der niedrige, schmale Gang wurde allmählich breiter und mündete in eine große Tropfsteingrotte. Vom Ende der Grotte führten drei Gänge weiter. Die Leute gingen dem Faden nach in den mittleren. Der Gang war schmal und niedrig. An manchen Stellen mußte man sich tief bücken. Plötzlich stieß Bill, der immer voranging, einen heiseren Schrei aus: „Die Decke ist eingestürzt!"

Eine undurchdringliche Mauer aus kleinen und großen Steinen, auf die der Millionen Tonnen schwere Berg drückte, versperrte den Weg. Da hinein führte der Faden. Bill brach in Tränen aus:

„Fred, mein teurer Sohn! Elli, meine liebe kleine Elli! O weh, welch schreckliches Ende!" schluchzte er.

Die Gefährten versuchten, ihn zu beruhigen.

„Laß das", sagten sie, „noch ist nicht alles verloren! Vielleicht sind sie auf der anderen Seite. ."

Bill sprang auf „Ja, ja!" rief er. „Wir müssen hindurch. Laßt uns graben! Jede Sekunde ist kostbar!"

Immer mehr freiwillige Helfer fanden sich vor der Höhle ein. Die Schlucht sah jetzt wie ein Lager aus! Feuer wurden entfacht, über denen die Frauen Essen für die Männer kochten. Auch Tante Cat, die plötzlich um viele Jahre älter aussah, war da. Männer schafften Spaten, Brecheisen und Hacken herbei; andere fällten im nahen Wald Bäume, um die Decke abzustützen. Man arbeitete fieberhaft. Der Gang war so schmal, daß jeweils immer nur drei Männer arbeiten konnten, aber man löste sich jede Viertelstunde ab. Die herausgebrochenen Steine gingen von Hand zu Hand über die lange Menschenreihe hinaus ins Freie. Andere Männer untersuchten sorgfältig den rechten und den linken Gang der Grotte. Es war ja möglich, daß einer dieser Gänge an der Einsturzstelle vorbei in denjenigen führte, wo die Kinder vielleicht auf ihre Retter warteten. Leider zeigte es sich bald, daß der eine Gang in einem Bogen zur Grotte zurückkehrte, während der andere an einer Blindwand endete. Bill bat, die Smiths durch ein Telegramm über das

Unglück zu benachrichtigen. Am dritten Tag trafen Ellis Eltern ein. Sie waren verzweifelt. John schaltete sich sogleich in die Arbeit ein, aber bei den Rettern zeigten sich schon die ersten Zweifel. Die Arbeit war sehr schwierig in den schmalen, niedrigen Stollen — in acht Tagen war man nur um 150 Fuß vorwärtsgekommen. Durch Abklopfen und Bohrungen mit langen Bohrern war man zu der Einsicht gekommen, daß die Einsturzstelle sich sehr weit, vielleicht über viele Hunderte Fuß, hinziehe. Außerdem hatte es in der Decke zu knacken begonnen, so daß ein neuer Einsturz zu befürchten war, der viele Menschen begraben konnte. John Smith und Bill Cunning waren die ersten, die vorschlugen, die Rettungsarbeiten einzustellen.

„Unsere Kinder sind wohl nicht mehr zu retten", sagte Bill traurig. „Wenn sie nicht erdrückt worden sind, sind sie vor Hunger umgekommen.." Am zwölften Tag verließen sie die Höhle.

NACH DEM EINSTURZ

Fred, Elli und Toto waren aber nicht umgekommen. Als die Decke einstürzte, hatten sie die gefährliche Stelle längst passiert. Aber die schreckliche Bodenerschütterung warf sie um, von der Decke bröckelten kleine Steine ab, dann hörten sie ein ohrenbetäubendes Dröhnen, und ein Windstoß blies ihre Fackeln aus. Toto winselte. Elli und Fred waren vor Schreck wie gelähmt. Als das Grollen verhallt war, sagte das Mädchen: „Nicht umsonst hat sich Toto so gesträubt, uns zu folgen. Toto, mein Hündchen, du warst klüger als wir!"

Toto zitterte vor Angst, und den Kindern ging es nicht besser. Fred zündete eine Fackel an.

„Wir wollen mal nachsehen. .", sagte er.

Sie gingen vorsichtig zurück und betrachteten aufmerksam die Decke und die Wände. Zum Glück war dieser Teil der Höhle sehr fest, nur da und dort waren kleine Sprünge zu sehen. Aber nach dreihundert Schritt blieben sie wie angewurzelt vor einem gewaltigen Trümmerhaufen stehen. „Da hätten wir unser Grab gefunden, ein Glück, daß wir rechtzeitig weitergingen", flüsterte Fred entsetzt. Obwohl es in der Höhle kalt war, trat ihm der Schweiß auf die Stirn.

„Was fangen wir nur an?" fragte Elli, die zusammengesunken auf dem Boden saß.

„Was, ja was?… Vielleicht finden wir einen anderen Ausgang", sagte Fred unsicher.

Dabei durchzuckte ihn der schreckliche Gedanke: Wir sind verloren!' Elli erhob sich von der feuchten Erde.

„Dann wollen wir gehen", sagte sie. „Ich bin aber sehr hungrig. Wir haben ja seit dem Morgen nichts gegessen." „Famose Idee", sagte Fred mit gespielter Lebhaftigkeit. „Vor einem schweren Weg soll man sich immer stärken."

Sie aßen und gaben auch Toto zu essen, dann tranken sie kalten Tee aus der Feldflasche.

„Die schweren Sachen lassen wir lieber hier", sagte Fred. Außer vier Fackeln, die Elli tragen sollte, nahmen sie nichts mit. Sie beschlossen, Toto beim Proviant zurückzulassen, denn in der Höhle konnte es ja Ratten geben, die den Proviant auffressen würden, was für Elli und Fred ein schreckliches Unglück wäre. Das Hündchen knurrte zwar, doch Fred band es mit einem Riemen an den Koffer an. Die Kinder machten sich auf die Suche nach einem Ausgang. Fred achtete beim Abrollen des Fadens darauf, daß er nicht riß. Dieser dünne weiße Faden, den Frau Cat selber gesponnen hatte, war vielleicht ihre einzige Rettung. „Aus der großen Grotte führten drei Gänge", sagte Fred, „wir sind den mittleren gegangen. Wenn wir einen der Seitengänge finden, sind wir gerettet.. "

Ihr Gang war aber durch keine Quergänge mit den seitlichen verbunden, solche gab es nicht, und so mußten die Kinder eben immer geradeaus gehen. Nach einiger Zeit wurde der Gang breiter und mündete in eine große runde Höhle, in der mehrere Öffnungen zu sehen waren. Welche von ihnen führte aber ins Freie? Fred ging auf eine Öffnung zu und nahm ein Stück Kreide aus der Tasche.