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„Ich hab Hoffnung, aber die Zauberei wird wohl viel Zeit in Anspruch nehmen und mühselig sein", erwiderte der Meister vorsichtig.

Zunächst ebneten die Holzköpfe unter der Aufsicht des Meisters einen Platz neben dem Becken ein und legten das Fundament für die Bohranlage. Die Arbeit ging ihnen flott von der Hand — sie wälzten gewaltige Steine, als wären es Kiesel.

„Urfin hat euch ein gutes Erbe hinterlassen", bemerkte Rushero. ja, wir können uns nicht beklagen", gab Lestar zu. „Aber ich muß Euch sagen, daß sie erst dann folgsame Arbeiter wurden, als man ihnen neue Gesichter geschnitzt hatte. Das war ein glänzender Einfall des Scheuchs." Als man am Abend in die Stadt zurückkehrte, wurden dort wieder Vorbereitungen zu einem Fest getroffen. Der Scheuch bereitete, den Regeln der diplomatischen Etikette gemäß, seinerseits einen Schmaus für die sieben Könige vor. Binnen wenigen Tagen war zwischen der Stadt und der Heiligen Höhle ein reger Verkehr hergestellt. Holzköpfe, Zwinkerer und Metallarbeiter des unterirdischen Landes schleppten hurtig Maschinenteile und Material herbei. Den Königen, ihren Hofleuten und Spionen war der Zutritt zur Heiligen Höhle untersagt. Auf Anraten Lestars hatte Elli den sieben Königen gesagt, daß in der Höhle ein schrecklicher Geist mit dem Namen Großer Mechaniker hause, der nur durch mechanische Zauberei zu besiegen sei. Dabei dürften keine Fremden zugegen sein, denn das könne ihrem Verstand schaden. Ellis Anwesenheit bei der Vorbereitung der mechanischen Zauberei sei hingegen unerläßlich. Die Heilige Höhle durfte auch nicht durch Essen und Schlaf entweiht werden — darum wurde das Lager für die Arbeiter in einer Nachbarhöhle aufgeschlagen. Dort hatte man Pritschen aufgestellt und einen Herd gebaut, auf dem das Essen gekocht wurde. Für Elli als eine Fee wurde eine Ausnahme gemacht. Holzköpfe bauten für sie in der Heiligen Höhle ein leichtes Häuschen, in dem ein Bett, ein Tisch, ein kleiner Kleiderschrank (der Scheuch hatte ihr ein ganzes Dutzend Kleider mitgebracht!) und was sie sonst noch brauchte vorhanden war. Dort verbrachte das Mädchen, wenn es vom Lärm der Arbeit müde war, mit Toto ihre Ruhestunden. In der Höhle waren unterdessen die Arbeiten in vollem Gange. Unter den starken Händen der Holzköpfe fraßen sich die Bohrer heulend in das harte Gestein. Zwinkerer schraubten die Bohrgestänge zusammen und setzten die Ventile ein. Fred war überall dabei: Er gab die Befehle Lestars weiter, schleppte Arbeitsmaterial für die Schlosser herbei und ging den Bohrmeistern zur Hand. Die Freude des

Jungen war unbeschreiblich. Hätte er sich jemals vorstellen können, daß er solch spannende Abenteuer erleben würde? Der Scheuch, der Eiserne Holzfäller und der Löwe aber mieden das Labyrinth, denn die Feuchtigkeit war ihnen unerträglich. Ein paar Tage nach seiner Ankunft im unterirdischen Land fühlte sich der Scheuch sehr schlecht. Er bewegte sich nur mit Mühe, weil sein Stroh von der Nässe schwer geworden war und er sich nirgends trocknen konnte. Im unterirdischen Land kochte man nämlich das Essen auf winzigen Öfen, damit das Feuer die schwachen Augen der Einwohner nicht reize, und diese Öfen strahlten fast keine Wärme aus. Noch schlimmer stand es mit dem wunderbaren Gehirn des Scheuchs. Die Sägespäne in seinem Kopf waren feucht geworden, und die beigemischten Näh- und Stecknadeln rosteten. Der Scheuch hatte davon heftige Kopfschmerzen, und er begann die einfachsten Worte zu vergessen. Selbst sein Gesicht veränderte sich, denn die Wasserfarben, mit denen es bemalt war, lösten sich auf und zerrannen. Der besorgte Faramant holte den Arzt Boril, einen Nachf ahr des Doktor Boril, unter dem die erste Einschläferung stattgefunden hatte. Rundlich und selbstzufrieden wie sein Ururgroßvater untersuchte der Arzt den Patienten.

„Hm, hm", murmelte er schließlich. „Das ist eine sehr gefährliche Krankheit — die Wassersucht. Das beste Mittel dagegen ist Wärme und Licht." „I kann Elli dok ni zulücklassen", lallte der Scheuch mit schwerer Zunge. „Dann wird vielleicht', der Arzt dachte nach, „dann wird Euch vielleicht die Eisengießerei kurieren können. Ich glaube, daß Eure Hoheit dort in der warmen und trocknen Luft wieder gesund werden." Der Scheuch wurde in die Gießerei getragen. Er bekam ein Lager in einer Ecke, wo er niemanden störte und selber ungestört war. Faramant, der ihn betreute, überzeugte sich, daß kein Funke bis dorthin flog. Das wäre ja für den Strohmann sehr gefährlich gewesen! In der heißen Luft der Gießerei begann der Scheuch zunächst zu dampfen, dann besserte sich sein Gesundheitszustand zusehends. Arme und Beine kamen schnell zu Kräften, und der Kopf wurde wieder klar. Auch dem Holzfäller ging es nicht gut. Von der Feuchtigkeit begannen seine Gelenke zu rosten, und dieser Rost fraß sich so tief ein, daß selbst doppelte und dreifache Schmierung nichts half. Bald war die goldene Ölkanne leer, und wenn der eiserne Mann einen

Schritt machte, knarrten alle seine Gelenke. Seine Kiefer wurden steif und unbeweglich, und der Ärmste konnte kein Wort mehr hervorbringen. Doktor Robil, von Din Gior gerufen, sagte nach der Untersuchung: „Damit seine Hoheit nicht auseinanderfallen, was schon in den nächsten Tagen passieren kann, müßt Ihr ihn in ein Faß mit Öl stecken. Nur das kann ihn retten."

Zum Glück gab es im letzten Lebensmitteltransport eine ausreichende Menge Pflanzenöl, so daß man den Eisernen Holzfäller so weit darin versenken konnte, daß nur der Trichter, der ihm als Hut diente, herausragte. Damit er sich nicht langweile, setzte sich Din Gior zu ihm und erzählte allerlei unterhaltsame Geschichten aus der Zeit, da er noch bei Goodwin Hüter des Tores gewesen war. Hin und wieder verließ der eiserne Mann zur Erholung das Faß und verbrachte ein Stündchen oder zwei beim Scheuch oder beim Löwen. Auch dem mächtigen Löwen, dem freien Sohn der Wälder und König der Tiere, bekam der Aufenthalt in der Höhle schlecht. Er hustete, und Doktor Boril mußte ihm Pulver verschreiben. Doch bald war die Apotheke leer. Man kann sich ja leicht vorstellen, welche Mengen von Pulvern so ein Löwe braucht! Als er alle Pulver eingenommen hatte, begann er das Papier zu verschlingen, in dem sie eingewickelt waren. Mit Ellis Freunden stand es nicht zum besten, und das trieb Lestar zu größter Eile an.

WOZU BRILLANTEN GUT SEIN KÖNNEN

Aber nicht nur den Herrschern des Wunderlandes und dem König der Tiere, sondern auch ihren Begleitern erging es schlimm in der Höhle. Das ewige Halbdunkel, die herbstlichen Farben der Natur und die Feuchtigkeit bedrückten die Menschen. Sie hatten großes Heimweh und sehnten sich nach dem blauen Himmel und der strahlenden Sonne, dem fröhlichen Gezwitscher der Vögel und dem Rascheln des Windes in den Blättern. Selbst die starken und zähen Holzköpfe fühlten, daß ihre Arme und Beine, von der Feuchtigkeit angeschwollen, ihnen nicht mehr recht gehorchen wollten. Lestar trieb seine Leute zur Eile an. Während der kurzen Ruhestunden, die er sich gönnte, lösten ihn seine Gehilfen ab. Die Bohrer, Flaschenzüge und Hämmer setzten keine Minute aus. Das Zauberwasser war tiefer in die Erde gesickert, als der alte Meister angenommen hatte, doch schließlich machten sich Anzeichen bemerkbar, die auf Wasser hindeuteten. Als man die stumpf gewordenen Bohrer, die durch neue ausgewechselt werden sollten, aus der Tiefe zog, waren sie feucht. Lestar verbot seinen Leuten strengstens, von diesem Wasser zu kosten. Als die Mannschaft einmal nach dem Mittagessen in die Heilige Höhle zurückkehrte, sah sie neben einem Bohrer etwa zwei Dutzend Mäuse reglos auf dem Rücken liegen. Die Tierchen hatten, wie sich herausstellte, Schlafwasser vom Bohrer geleckt. Die Mäuse erwachten erst nach mehreren Stunden, und die Menschen verdoppelten ihre Vorsicht bei der Arbeit. Dann kam der glückliche Augenblick, da das Zauberwasser als mächtiger Strahl aus der Erde hervorschoß und sich in das vorbereitete Becken ergoß. Lestar, seine Gehilfen, Elli und Fred standen da und bewunderten das schäumende, funkelnde und perlende Naß. Dann kehrte jeder zu seiner Arbeit zurück. Elli saß neben ihrem Häuschen und spielte mit einem Brillanten. Die funkelnden Steine, die sie mit Fred in der Grotte entdeckt hatte, gefielen ihr außerordentlich. Sie hielt den glitzernden Brillanten nahe vor die Augen und dann weit von sich, warf ihn in die Luft und fing ihn auf. Sie war so sehr in ihr Spiel vertieft, daß sie alles um sich vergaß. Plötzlich streckte sich Toto, der auf ihren Knien lag, gähnte tief und schlief ein. Elli bemerkte mit Staunen, daß auch Fred Cunning in einer sehr unbequemen Lage auf den Steinen eingeschlafen war, während Lestar und seine Gehilfen schlaftrunken zu Boden sanken. Ein Gedanke durchzuckte das Mädchen: Gefahr! Das kommt von den Ausdünstungen des Zauberwassers!' Elli stürzte auf die Holzköpfe zu, die blöde grinsten, und befahl ihnen: „Schafft sie weg, schnell, schnell!"