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Vor Jason saßen sieben vermummte Gestalten auf einem Podium. Sie trugen lange Roben und schreckenerregende Masken, während ein langes Schwert ihre Ausrüstung vervollständigte. Eigenartig geformte Lampen blakten an der Decke des Raumes, der durchdringend nach Schwefelwasserstoff stank.

Jason grinste verächtlich und sah sich nach einer Sitzgelegenheit um. Als er keine fand, wischte er eine Lampe von dem nächsten Tisch und ließ sich auf der Platte nieder. Dann betrachtete er die Schreckensgestalten mit gelassener Miene.

„Erhebe dich, Sterblicher“, befahl der Mann in der Mitte. „Niemand sitzt in Gegenwart der Mastreguloj, wenn ihm sein Leben lieb ist!“

„Ich sitze hier ganz gut“, antwortete Jason ungerührt. „Ihr habt mich nicht entführen lassen, um mich umzubringen. Je früher ihr einseht, daß mich eure Verkleidung nicht in Furcht und Schrecken versetzt, desto eher können wir vernünftig miteinander sprechen.“

„Schweig! Hier geht es um Leben oder Tod!“

„Unsinn“, widersprach Jason. „Bleiben wir doch lieber bei den Tatsachen. Ihr seid an mir interessiert, weil ihr von mir gehört habt. Eure Spione haben euch berichtet, was ich zu leisten vermag, wenn ich in der richtigen Stimmung bin. Das alles klang so gut, daß ihr das hier übliche Verfahren angewandt habt — ein bißchen Geld zur rechten Zeit am rechten Ort. Schön, hier bin ich also.“

„Weißt du eigentlich, mit wem du sprichst?“ fragte die Gestalt ganz rechts außen mit zittriger Stimme. Jason sah den Sprecher nachdenklich an.

„Mit den Mastreguloj? Ich habe schon von euch gehört. Ihr seid als Zauberer und Hexenmeister verrufen, weil ihr Feuer, das unter Wasser brennt, Rauch, der die Lungen zerstört, Wasser, das Fleisch versengt, und so weiter habt. Ich vermute, daß ihr die hiesigen Chemiker seid. Obwohl es nicht viel von eurer Sorte gibt, ist euer Ruf schlecht genug, um die anderen Clans zu erschrecken.“

„Weißt du, was dies enthält?“ fragte der Vermummte und hielt ein Glasgefäß hoch, das mit einer gelblichen Flüssigkeit gefüllt war.

„Keine Ahnung. Ist mir auch egal.“

„Es enthält das brennende Zauberwasser, das dich augenblicklich versengen und auflösen wird, wenn es nur deinen Körper berührt…“

„Dummes Zeug! Das Glas enthält nur irgendeine Säure, wahrscheinlich Schwefelsäure, weil es hier so überaus angenehm nach faulen Eiern stinkt.“

Seine Vermutung schien richtig gewesen zu sein, denn die sieben Gestalten sprachen leise miteinander. Während sie auf diese Weise abgelenkt waren, stand Jason auf und näherte sich dem Podium. Er hatte diese wissenschaftlichen Ratespiele reichlich satt und war außerdem böse, weil er entführt, geknebelt, ins Wasser getaucht und als Fußstütze benutzt worden war. Die Mastreguloj wurden von den übrigen Clans gefürchtet, aber für Jasons Zwecke besaßen sie nicht genügend wirkliche Macht. Er hatte seine Gründe dafür, daß er auf die Perssonoj gesetzt hatte, und wollte jetzt nicht während des Rennens die Pferde wechseln.

Jason erinnerte sich an ein Buch über berühmte Ausbrecher, das er früher einmal gelesen hatte. Er war für jeden Hinweis dankbar gewesen, weil man nie wissen konnte, wann man einmal selbst in eine ähnliche Verlegenheit geriet. Nach der Lektüre des Buches war er zu der Überzeugung gekommen, daß der beste Zeitpunkt für die Flucht so bald wie möglich nach der Gefangennahme war. Also eigentlich jetzt.

Die Mastreguloj hatten einen Fehler gemacht, als sie Jason ohne Bewachung verhören wollten; sie waren so daran gewöhnt, daß jeder vor ihnen kuschte, daß sie sorglos geworden waren. Ihren Stimmen und ihrem Benehmen nach zu urteilen mußten sie alle über siebzig sein, und Jason glaubte zu wissen, daß der Mann rechts außen noch älter war. Die Hand, die das lange Schwert umklammert hielt, zitterte merklich.

„Wer hat dir das Geheimnis verraten, das sich hinter dem heiligen Namen sulfurika acido verbirgt?“ verlangte die Gestalt in der Mitte zu wissen. „Sprich, Spion, sonst erleidest du einen gräßlichen Tod!“

„Nein, bitte nicht“, flehte Jason, ließ sich auf die Knie nieder und hob beschwörend die Hände. „Alles, aber nur das nicht! Ich rede ja schon!“ Er rutschte auf den Knien weiter an das Podium heran und wandte sich dabei unauffällig nach rechts. „Die Wahrheit will heraus, ich kann nicht länger schweigen — dies ist der Mann, der mir alles verraten hat.“ Er wies auf den Alten zu seiner Rechten und berührte dabei fast dessen Schwert.

Jason sprang auf, riß dem Alten das Schwert aus der Hand und versetzte ihm einen heftigen Stoß. Der Alte und sein Nachbar stürzten zu Boden.

„Tod den Ungläubigen!“ rief Jason und zog den Vorhang herunter, der hinter dem Podium an der Wand hing. Er warf ihn den beiden Männern über, die sich auf ihn stürzen wollten, und entdeckte die Pforte, die hinter dem Vorhang verborgen gewesen war. Jason stieß sie auf, rannte in den beleuchteten Gang hinaus und prallte dort auf zwei Wachtposten. Jetzt machte sich das harte Training auf Pyrrus bezahlt, denn Jason war schneller als jeder dieser kümmerlichen Soldaten. Er schlug die Posten mit den Köpfen aneinander und rannte weiter auf den Ausgang zu, als er plötzlich Benn’t vor sich auftauchen sah.

„Vielen Dank — ich hatte noch nicht genug Sorgen“, sagte Jason, als er das Schwert des anderen beiseite schlug. „Außerdem finde ich es nicht gerade nett, daß du einen deiner eigenen Kameraden niedergemacht hast.“ Benn’t wehrte sich mit dem Mut der Verzweiflung, war aber hoffnungslos unterlegen. Jason stieß ihn nieder und stürzte sich auf die Posten der Eingangshalle.

Er mußte die Überraschung ausnützen, denn wenn die Posten sich gegen ihn zusammenschlossen, war ihre zahlenmäßige Überlegenheit so groß, daß Jason keine Aussicht hatte. Zu seinem Glück hatten die Männer alles andere, aber nur nicht einen plötzlichen Überfall von hinten erwartet. Als Jason sich den Weg freigekämpft hatte, erschien einer der vermummten Mastreguloj.

„Stirb!“ brüllte er und schleuderte Jason einen Glasbehälter nach.

„Danke“, sagte Jason und fing den Behälter mit der freien Hand auf. Dann rannte er hinaus und sprang in das nächste Boot. Seine Verfolger waren zu verwirrt, um ihm nachzusetzen, so daß er ungestört in den dunklen Kanal hinausrudern konnte, wo ihn das Schneetreiben ihren Blicken verbarg.

13

Er ruderte, bis er wieder warm geworden war, und ließ sich dann treiben. Als ein Seitenkanal sichtbar wurde, ruderte er hinein, bog mehrmals ab und gönnte sich erst eine Pause, als er sicher war, daß er seine Spur genügend verwischt hatte. Dann setzte er sich bequemer zurecht und wartete auf die Morgendämmerung. Schon wenige Minuten später fror er entsetzlich und befand sich folglich in einer miserablen Stimmung, als der Morgen heraufzog.

Am Ufer erkannte er einige Hütten, vor denen Boote am Strand lagen. Ein Mann kroch aus einem dieser Löcher, sah Jason und verschwand sofort wieder, um Verstärkung zu holen. Jason kletterte steifbeinig ans Ufer und machte ein Dutzend Kniebeugen, um sich aufzuwärmen.

Etwa ein Dutzend Männer näherten sich dem Strand, um den Fremden nach seinem Begehr zu fragen. Sie umklammerten Keulen oder Ruder und zitterten fast vor Angst.

„Geh, laß uns in Frieden“, sagte ihr Anführer und streckte Mittel- und Ringfinger der linken Hand aus, um den bösen Blick zu bannen. „Nimm dein Boot, Mastreguloj, und suche andere Ufer auf. Wir sind nur arme Fischer…“

„Ich fühle mit euch“, unterbrach ihn Jason und lehnte sich auf das Schwert. „Ich hasse die Mastreguloj ebenso sehr wie ihr.“

„Aber dein Boot — es trägt ihr Wappen“, sagte der Anführer und wies auf das Schnitzwerk am Bug.

„Ich habe es ihnen gestohlen.“

Die Fischer machten entsetzte Gesichter und liefen verstört umher, während einige sogar auf die Knie sanken und die Götter anflehten.