„Das ist vielleicht nicht die beste Lösung“, antwortete Meta und schien zu überlegen, ob sie Ijale erschießen sollte. Glücklicherweise wurde ihre Aufmerksamkeit abgelenkt, als von draußen eine ängstliche Stimme ertönte.
„Nicht schießen“, mahnte Jason. „Das ist der Hertug — ich habe seine Stimme erkannt.“
„Wir wußten nicht, daß das Mädchen zu dir wollte, Jason!“ rief der Hertug. „Die Soldaten waren nur übereifrig. Ich werde sie bestrafen lassen. Darf ich hereinkommen, ohne eine Gefahr befürchten zu müssen?“
„Ich verstehe nicht, was er sagt“, meinte Meta, „aber seine Stimme gefällt mir nicht.“
„Dein weiblicher Instinkt hat völlig recht, Liebling“, versicherte ihr Jason. „Der Kerl ist durch und durch falsch und verdorben.“
„Komm herein, Hertug“, rief er dann. „Niemand will dir etwas Böses antun — Irrtümer sind eben nie ausgeschlossen.“ Er wandte sich leise an Meta: „Sei vorsichtig, ich kann nicht dafür garantieren, daß er friedlich bleibt.“
Der Hertug warf einen kurzen Blick in den Raum und verschwand wieder. Dann nahm er schließlich allen Mut zusammen und kam hereingeschlurft.
„Deine Freundin hat eine hübsche Waffe, Jason“, begann er. „Sage ihr, daß ich ihr ein paar Sklaven dafür biete. Fünf Sklaven — das ist ein erstklassiges Geschäft.“
„Sagen wir lieber sieben.“
„Einverstanden. Kann ich sie gleich haben?“
„Nicht diese hier; sie ist ein altes Familienerbstück, das man nicht verkauft. Aber in dem Schiff liegt noch eine andere — wir brauchen sie nur zu holen.“
Der Hertug wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab und sah sich mißtrauisch um. „In dem Schiff gibt es Dinge, die dich wieder gesund machen werden“, sagte er und bewies damit mehr Intelligenz, als Jason von ihm erwartet hätte. „Du wirst nicht sterben, sondern uns in dem Schiff verlassen?“
Jason stöhnte heftig. „Ich sterbe, Hertug! Meine Asche soll von dem Schiff aus zwischen den Sternen verstreut werden…“
Der Hertug rannte auf die Tür zu, aber Meta holte ihn schon nach wenigen Schritten ein. Sie schlang ihm von hinten den linken Arm um den Hals und drückte ihm die Pistole in den Rücken.
„Was hast du mit ihm vor, Jason?“ fragte sie gelassen.
„Mikah und Ijale können mich stützen, während du den alten Knaben bewachst. Mit ein bißchen Glück müßten wir es bis zu dem Schiff hinunter schaffen.“
Sie stiegen langsam die Treppen hinab und überquerten den Hof. Die führerlosen Perssonoj konnten sich nicht zu einem Entschluß durchringen. Die Hilferufe des Alten und Metas gut gezielte Schüsse verwirrten sie nur noch mehr. Die kleine Gruppe erreichte das Schiff ohne Verluste.
„Jetzt kommt der schwierigste Teil“, sagte Jason und stützte sich schwer auf Mikah und Ijale. Er konnte nicht allein gehen, deshalb mußten die beiden ihn an Bord ziehen und schieben. „Bleib hier an der Tür, Meta, und halte den alten Vogel gut fest. Sieh dich vor, denn die Kerle nehmen bestimmt keine Rücksicht auf ihren Anführer, wenn sie dich erwischen können.“
„Das ist klar“, stimmte Meta zu. „Krieg ist schließlich Krieg.“
„Richtig, ich hätte fast vergessen, daß du von Pyrrus stammst. Du bleibst also hier, bis ich die Triebwerke angelassen habe. Wenn wir startbereit sind, läßt du den Hertug los, schließt die Luftschleuse und kommst so schnell wie möglich in die Pilotenkabine. Ich bin noch zu schwach, um selbst starten zu können. Verstanden?“
„Völlig. Geh schon — du vergeudest hier nur Zeit.“
Jason ließ sich in den Sessel des Kopiloten fallen und leitete den Start ein. Als er schon auf den Knopf für die Startsirene drücken wollte, erschütterte ein schwerer Schlag das ganze Schiff. Jason wartete, aber die Erschütterung wiederholte sich nicht. Er drückte auf den Knopf. Bevor der Sirenenton verklungen war, saß Meta bereits neben ihm und führte einen ihrer berühmt-berüchtigten Blitzstarts vor.
„Die Leute hier sind technisch fortgeschrittener, als ich gedacht hatte“, berichtete sie kurze Zeit später. „Sie rollten eine große Maschine heran, die plötzlich dampfte und einen Stein schleuderte, der die halbe Heckflosse abriß. Ich habe die Maschine in die Luft gejagt, aber der Hertug ist entkommen.“
„In gewisser Beziehung sind sie sehr fortschrittlich“, gab Jason zu, weil er Meta nicht gerade auf die Nase binden wollte, daß sie fast von seiner eigenen Erfindung erledigt worden wären.
17
Meta steuerte einen Kurs, der sie schon nach kurzer Zeit zu dem pyrranischen Raumschiff brachte, das sich in einer Kreisbahn außerhalb der Atmosphäre befand. Jason hatte sich unterdessen so erholt, daß er die völlig verschreckte Ijale auf eine Andruckliege neben sich schnallen konnte. Als er damit fertig war, stolperte er selbst auf eine Liege zu, sank darauf nieder und schlief augenblicklich ein.
Als er wieder aufwachte, waren die Schmerzen und das Fieber abgeklungen. Er fühlte sich zwar wie zerschlagen, erreichte aber den Kontrollraum aus eigener Kraft. Meta berechnete ihren Kurs mit dem Elektronenrechner.
„Essen!“ krächzte Jason heiser. „Ich bin halb verhungert und verdurstet.“
Meta wies schweigend auf eine Plastikflasche, die Nahrungskonzentrat enthielt, und ließ sich dabei deutlich anmerken, daß sie wütend war. Als Jason einen Schluck daraus nahm, sah er Ijale in einer Ecke kauern.
„Das war aber gut!“ rief Jason mit gespielter Begeisterung. „Fliegst du das Schiff ganz allein, Meta?“
„Natürlich.“ Aus Metas Tonfall war zu hören, daß sie eigentlich meinte: Seit wann bist du so dämlich? „Ich durfte das Schiff nehmen, aber die anderen waren alle unabkömmlich.“
„Wie hast du mich überhaupt gefunden?“ fragte Jason, der nach einem Gesprächsthema suchte, für das Meta sich erwärmen würde.
„Das ist doch sonnenklar. Der Funker auf dem Raumhafen merkte sich das Kennzeichen des Raumschiffs, in dem du entführt wurdest. Kerk wußte sofort, daß es aus Cassylia kommen mußte, als der Funker es beschrieb. Ich flog also nach Cassylia und stellte Nachforschungen an; das Schiff war gestartet, aber noch nicht zurückgekehrt. Dann flog ich den Kurs ab und stellte fest, daß nur drei Planeten für eine Landung in Frage kamen. Zwei davon sind zivilisiert und unterhalten moderne Raumhäfen mit Flugsicherungsanlagen. Jede Landung und jeder Absturz wären dort gemeldet worden. Folglich mußtest du auf dem dritten Planeten sein, den wir eben verlassen haben. Als mein Schiff in die Atmosphäre eintrat, hörte ich dein Notsignal und kam so schnell wie möglich… Was hast du mit dem Mädchen dort drüben vor?“
Die letzten Worte wurden mit eisiger Stimme gesprochen. Ijale zuckte zusammen, obwohl sie nicht verstanden haben konnte, was Meta gesagt hatte. Offenbar verging sie fast vor Angst.
„Ich habe eigentlich noch nicht darüber nachgedacht…“
„In deinem Leben ist nur Platz für eine Frau, Jason. Für mich, falls du es nicht wissen solltest. Ich bringe jeden um, der daran zweifelt.“
Jason wußte, daß Meta ihre Drohung ernst machen würde. Wenn Ijale noch länger leben sollte, mußte sie so rasch wie möglich von hier fort, damit es zu keiner Eifersuchtstragödie kam — zu der in Wirklichkeit nicht der geringste Grund bestand. Jason überlegte angestrengt.
„Am besten landen wir auf dem nächsten zivilisierten Planeten und setzen sie dort ab. Ich habe genügend Geld bei mir, um ihren Lebensunterhalt auf Jahre hinaus zu sichern. Wenn ich das Geld bei einer Bank einzahle, von der sie es in monatlichen Raten erhält, hat sie immer genug, selbst wenn sie noch so hereingelegt wird. Außerdem mache ich mir keine großen Sorgen um sie — wer als Sklave am Leben geblieben ist, setzt sich in einer zivilisierten Welt ohne weiteres durch.“