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Ch’aka rülpste in seinen Helm hinein und brüllte die Sklaven an.

„Genug gefressen, ihr Schweine! Ihr werdet nur zu fett. Wickelt das Fleisch ein und nehmt es mit — es ist noch hell genug, um krenoj zu suchen. Los, bewegt euch, sonst mache ich euch Beine!“

Die Sklaven bildeten wieder eine Kette und bewegten sich langsam über den sandigen Boden. Sie fanden einige Wurzeln und machten eine kurze Pause, um ihre Wassersäcke an einer Quelle zu füllen, die aus dem Sand sprudelte. Die Sonne verschwand hinter den Wolken am Horizont. Jason sah auf und bemerkte eine ganz ähnliche Formation, die sich in einiger Entfernung näherte. Er stieß Mikah in die Rippen, der sich noch immer auf ihn stützte.

„Anscheinend bekommen wir Gesellschaft. Ich bin gespannt, was daraus wird.“

Mikah hatte heftige Schmerzen und achtete deshalb nicht auf Jasons Bemerkung. Eigenartigerweise kümmerten sich aber auch weder die Sklaven noch Ch’aka um die entfernten Gestalten. Als sie näher kamen, war deutlich zu sehen, daß sie ebenfalls nach Wurzeln suchten. Sie sahen zu Boden und gingen langsam weiter, während ihr Herr ihnen in einigem Abstand folgte. Beide Gruppen näherten sich einander.

In der Nähe der Dünen war ein Steinhaufen zusammengetragen worden, an dem Ch’akas Sklaven haltmachten und sich niederließen. Die Steine stellten offenbar eine Art Grenze dar. Ch’aka ging darauf zu, stellte einen Fuß darauf und beobachtete die Sklaven, die sich ihm näherten. Auch sie ließen sich in der Nähe des Haufens nieder. Beide Gruppen zeigten wenig Interesse an der anderen, aber ihre Herren verhielten sich genau entgegengesetzt. Der andere Sklaventreiber blieb zehn Schritte von Ch’aka entfernt stehen und fuchtelte drohend mit einem Steinbeil herum.

„Ich hasse dich, Ch’aka!“ brüllte er dabei.

„Ich hasse dich, Fasimba!“ ertönte die lautstarke Antwort.

Dieser Wortwechsel wirkte so zeremoniell wie ein pas de deux. Die beiden Männer warfen sich noch einige Beleidigungen an den Kopf und unterhielten sich dann ganz ruhig miteinander. Fasimba war ähnlich abstoßend wie Ch’aka gekleidet, aber sein Kostüm unterschied sich darin, daß er den ausgehöhlten Schädel eines rosmaro als Helm trug, den er mit einigen zusätzlichen Hörnern und Stoßzähnen aufgeputzt hatte. Die Unterschiede zwischen den beiden Männern waren nur äußerlich, denn sie betrachteten sich offenbar selbst als gleichberechtigte Herren über Leben und Tod ihrer Sklaven.

„Heute habe ich ein rosmaro erlegt, das zweite in zehn Tagen“, prahlte Ch’aka.

„Du hast eine gute Treibgutküste. Jede Menge rosmaroj. Wo sind die beiden Sklaven, die du mir noch schuldig bist?“

„Ich bin dir zwei Sklaven schuldig?“

„Du bist mir zwei Sklaven schuldig. Du brauchst gar nicht den Ahnungslosen zu spielen. Ich habe dir die Eisenpfeile von den d’zertanoj besorgt. Der eine Sklave, mit dem du bezahlt hast, ist gestorben. Den anderen schuldest du mir noch immer.“

„Ich habe zwei Sklaven für dich. Ich habe zwei Sklaven aus dem Meer gezogen.“

„Du hast eine gute Treibgutküste.“

Ch’aka ging die Reihe seiner Sklaven entlang, bis er zu dem Mann kam, der am Vortag wegen seiner Unverschämtheit mit einem gewaltigen Tritt bestraft worden war. Jetzt zog er ihn hoch und schickte ihn mit einem weiteren Fußtritt zu der anderen Gruppe hinüber.

„Hier hast du einen guten Sklaven“, sagte er dabei zu Fasimba.

„Sieht mager aus. Nicht allzu gut.“

„Nein, alles Muskeln. Arbeitet ausgezeichnet. Ißt fast nichts.“

„Du bist ein alter Lügner!“

„Ich hasse dich, Fasimba!“

„Ich hasse dich, Ch’aka! Wo ist der zweite Sklave?“

„Ein erstklassiger Mann. Ich habe ihn aus dem Meer gefischt. Er kann dir viele Geschichten erzählen, und er arbeitet besser als alle anderen.“

Jason wich dem Fußtritt rechtzeitig aus, aber Ch’aka erwischte ihn beim zweiten Versuch, so daß Jason sich auf dem Bauch im Sand liegend wiederfand. Ch’aka griff Mikah Samon am Arm und zerrte ihn hinter sich her über die unsichtbare Grenzlinie zwischen den beiden Gruppen. Fasimba kam heran, um den neuen Sklaven abschätzend zu betrachten.

„Sieht nicht sehr gut aus. Hat großes Loch im Kopf.“

„Er arbeitet sehr fleißig“, versicherte Ch’aka ihm. „Das Loch ist schon fast verheilt. Er ist sehr stark.“

„Bekomme ich einen anderen, wenn der hier stirbt?“ erkundigte Fasimba sich mißtrauisch.

„Ja. Ich hasse dich, Fasimba!“

„Ich hasse dich, Ch’aka!“

Die Sklaven wurden aus ihrer Ruhe aufgescheucht und marschierten in entgegengesetzte Richtungen weiter.

Jason rannte zu Ch’aka hinüber. „Warte! Du darfst meinen Freund nicht verkaufen. Wir arbeiten nur gemeinsam gut. Du kannst einen anderen…“

Die übrigen Sklaven starrten Jason erschrocken an. Ch’aka warf sich herum und hob die schwere Keule.

„Halt das Maul! Du bist mein Sklave. Noch ein Wort, dann schlage ich dir den Schädel ein!“

Jason schwieg, weil er wußte, daß der andere seine Drohung wahrmachen würde. Andererseits brauchte er sich keine Gedanken mehr wegen Mikah zu machen, denn er hatte alles getan, was in seiner Macht stand. Jetzt mußte Jason sich vor allem um Jason kümmern, anstatt für andere zu sorgen.

Diesmal marschierten sie nur noch kurze Zeit, bis die andere Gruppe außer Sicht war; dann war ihre Tagesarbeit beendet. Jason ließ sich in einer windgeschützten Mulde nieder und wickelte ein großes Stück Fleisch aus, das er vor dem Aufbruch aus dem Feuer geholt hatte. Es war zäh und ölig, aber trotzdem wesentlich schmackhafter als die kaum eßbaren krenoj, von denen die Menschen hier sonst zu leben schienen. Jason nagte eben einen Knochen ab, als einer der anderen Sklaven zu ihm herankam.

„Gibst du mir ein Stück Fleisch?“ bat der Sklave mit heller Stimme. Erst jetzt fiel Jason auf, daß ein Mädchen vor ihm stand. Allerdings sahen die Sklaven alle gleich aus, weil das verfilzte Haar und die unförmigen Felle alle Unterschiede verwischten. Jason riß einen Brocken Fleisch ab.

„Hier. Setz dich und iß. Wie heißt du?“ Als Gegenleistung für seine Großzügigkeit erwartete Jason, daß das Mädchen ihm einige Fragen beantwortete.

„Ijale.“ Sie blieb stehen und biß von dem Fleisch ab, während sie sich gleichzeitig mit dem Zeigefinger der freien Hand in den Haaren kratzte.

„Wo kommst du her? Bist du schon immer hier gewesen — wie jetzt?“ Wie fragt man einen Sklaven, ob er als Sklave geboren worden ist?

„Nicht hier. Zuerst war ich bei Bul’wajo, dann bei Fasimba, jetzt gehöre ich Ch’aka.“

„Wer ist Bul’wajo? Ein Sklavenhalter wie Ch’aka?“

Das Mädchen nickte und aß weiter.

„Und die d’zertanoj, von denen Fasimba die Pfeile bekommt — was sind das für Leute?“

„Du weißt wirklich nicht viel“, antwortete Ijale, verschlang den letzten Bissen und leckte sich das Fett von den Fingern.

„Ich weiß genug, um Fleisch zu haben, wenn du keines hast — sieh dich also vor, damit du meine Gastfreundschaft nicht mißbrauchst. Wer sind die d’zertanoj?

„Jeder weiß, wer sie sind.“ Das Mädchen zuckte verständnislos mit den Schultern und ließ sich in dem Sand nieder. „Die d’zertanoj leben in der Wüste. Sie fahren in caroj herum, die fürchterlich stinken. Sie haben viele hübsche Sachen. Einer von ihnen hat mir mein schönstes Ding geschenkt. Nimmst du es mir bestimmt nicht weg, wenn ich es dir zeige?“