Выбрать главу

„Was ist das?“ fragte der Hauptmann.

„Es ist der Brunnen Saadis, zu dem du willst“, berichtete der Führer.

Der Brunnen Saadis ist keine hervorragende Tränkstelle. Höchstens zwei Dutzend Palmen wachsen um eine Quelle herum, welche langsam aus dem Sand steigt, um ebenso schnell wieder in demselben zu verschwinden.

Als die drei Reiter sich näherten, bemerkten sie, daß die Quelle bereits besetzt war. Es waren wohl an die zwanzig Reit- und Lastkamele zu sehen, bei denen sich aber nur fünf Männer befanden. Diese erhoben sich beim Anblick der sich Nähernden.

Der Hauptmann sprang vom Kamel und betrachtete sich die Leute einen nach dem anderen. Ehe er aber noch den Richtigen erkannt hatte, rief dieser schon, und zwar in deutscher Sprache:

„Kunz! Goldberg! Ist das eine Menschenmöglichkeit?“

Der Genannte betrachtete sich den Sprecher und antwortete:

„Gebhard! Königsau! Mohr! Neger! Mumie! Welcher Teufel soll denn dich wieder erkennen? Du bist ja schwärzer als der Teufel!“

„Welch eine Überraschung! Welch ein Wunder. Wie kommst denn du in die Sahara?“

„Davon später. Zunächst kam ich, dich zu retten.“

„Zu retten? Wovor?“

„Vor einem Überfall.“

„Alle Teufel. Wer will mich überfallen?“

„Zwei Franzosen mit Hilfe der Beni Hassan.“

„Wer sind die Franzosen?“

„Ich kenne sie nicht.“

„Und wo soll der Überfall stattfinden?“

„Im Osten von hier, heute vor Anbruch der Nacht.“

„Ah, welch ein Glück, daß ich zurückgeblieben bin.“

„Ja, persönlich bist du zwar gerettet; aber deine Sachen?“

„Befinden sich auf diesen Tieren. Ah, ich wußte, daß die Kunde von meiner Ladung wie ein Feuer vor mir herlaufen werde. Ich ließ daher stets die Kaffilah voranziehen und folgte selbst eine halbe Tagesreise später. Diesem Umstand habe ich also auch heute meine Rettung zu verdanken.“

„Aber die Kaffilah ist verloren?“

„Jedenfalls. Ich werde sofort einen Boten auf einem Eilkamel nachsenden, um sie zu warnen, falls noch Zeit dazu ist.“

„Und wenn es zu spät ist?“

„So kann ich nichts ändern. Dreißig Krieger der Ibn Batta haben mich begleitet. Sind sie niedergemacht worden, so haben sie doch nur den Lohn für ihre früheren Taten erhalten. Diese Kerls sind alle Mörder und Räuber. Diese dreißig sollten meine Beschützer sein und wurden dafür bezahlt, dennoch aber haben sie mich Tag und Nacht bestohlen, so daß ich nur froh sein kann, sie losgeworden zu sein. Aber nun sage, um Gottes willen, wie du nach der Sahara kommst?“

„Als Löwenjäger. Siehst du dort das Fell?“

„Ah, du hast einen erlegt?“

„Ja. Bist du auch so glücklich gewesen?“

„Öfters, mein Freund. Aber fast kann ich mir denken, weshalb du den Löwenjäger spielst.“

„Nun, weshalb?“

„Deine Hedwig und die liebe Schwiegermama wollen, daß auch du berühmt werden sollst, und so hast du deinen Urlaub zu einem Pirschgang auf Löwen verwendet. Nicht?“

„Genau erraten! Ich soll wenigstens ein Löwenfell und zwei Löwenzähne und sodann sichere Nachricht von dir bringen.“

„Du wirst mich selbst bringen. Was macht Ida?“

„Sie sehnt sich zu Tode nach dir, während meine ‚Unbezähmbare‘ mich unter die Löwen jagt. Bin übrigens Hauptmann geworden!“

„Und ich Mohr, wie ich es dir prophezeit habe. Gratuliere bestens.“

„Danke!“

Den Gegenstand ihrer höchst belebten Unterhaltung bildete natürlich das halbe Wunder, sich am fernen Wüstenbrunnen zu treffen, der eine als der Retter des anderen. Dann mußte der Hauptmann von Goldberg, der spätere General, von der fernen Heimat berichten, und endlich erzählte Königsau von seinen abenteuerlichen Erlebnissen auf der wunderbaren Reise nach Timbuktu.

So wurde es Nacht. Die Sterne stiegen höher und höher. Fast um Mitternacht kehrte der ausgesendete Bote zurück.

„Hast du sie eingeholt?“ fragte Königsau.

„Ja“, antwortete er einsilbig.

„Und sie gewarnt?“

„Sie hörten mich nicht. Sie waren tot!“

Diese Botschaft erregte zunächst Schreck, dann aber auch Freude über die ebenso glückliche wie wunderbare Rettung der Hauptperson und der Hauptschätze der Karawane. Dreißig Ibn-Batta-Krieger und zahlreiche Handelsleute, welche sich der Karawane angeschlossen gehabt hatten, waren getötet und ausgeraubt worden. Es war ein Fall, der, so nahe an der Grenze der Zivilisation passiert, jedenfalls eine exemplarische Bestrafung zu erwarten hatte.

„Was aber wirst du nun tun?“ fragte Goldberg den Freund.

„Ich verändere meine Route“, antwortete dieser. „Ich gehe grad nach Norden. Es bleibt mir nichts anderes übrig.“

„Und ich gehe mit dir. Die Stämme, an denen wir vorüberkommen, sind den Europäern freundlich gesinnt. Wann brechen wir auf?“

„Sofort. Ich warte nicht bis zum Morgen.“

„Warum nicht?“

„Die Räuber, welche die Karawane überfallen haben, werden bemerkt haben, daß ich zurückgeblieben bin, und mir einen Besuch abstatten. Sicher ist sicher. Ich habe diese Kerls kennengelernt.“

Es wurde gepackt, und dann setzte sich der kleine Trupp in Bewegung. Eine Zeitlang von dem Glanz der Sterne bestrahlt, verschwand er jedoch bald im Dunkel des nördlichen Horizonts.

Königsau war um keine Viertelstunde zu früh aufgebrochen. Denn gerade diese Zeit später kamen die Tuaregs, welche die Karawane überfallen hatten, nach dem Brunnen, um nach ihm zu suchen. Sie mußten zu ihrem Ärger mit leeren Händen abziehen.

Kurze Zeit später bewegte sich ein langer, langer Zug französischer Chasseurs d'Afrique von den Bergen herab, welche das Gebiet der feindlichen Beni Hassan im Norden begrenzen. An der Spitze dieses Zuges ritten zu beiden Seiten des Kommandeurs die beiden Verräter Richemonte und sein Cousin. Beide gaben dem Offizier den Rat, die Beni Hassan mit einem Schlag zu vernichten.

„Glaubt ihr, daß man uns Widerstand leisten wird?“ fragte er sie.

„Wenig oder gar nicht. Diese Kerls sind viel zu feig. Sie haben nur Mut zu nächtlichen Räubereien und Überfällen.“

„Und sie sind wirklich die Täter gewesen?“

„Sicher! Man wird die Effekten der Ermordeten noch bei ihnen finden.“

„Wie viele sind gefallen?“

„Dreißig Krieger der Ibn Batta, ein Führer, fünfzehn Treiber, der Oberste der Kamelbesitzer und der deutsche Offizier mit mehreren Leuten.“

Er wußte am besten, daß dies letztere eine Lüge sei. Er selbst hatte einige der erbeuteten Kamele nebst ihren Lasten bis in die Nähe der Beni Hassan getrieben und sie dort stehen lassen. Er war überzeugt, daß man sich ihrer bemächtigt hatte. Das gab Beweis genug, daß die Beni Hassan die Räuber gewesen seien.

Es wurde so eingerichtet, daß die Truppen das Lager mitten in der Nacht erreichten. Es wurde umzingelt, und als die unschuldigen Araber des Morgens aus ihren Zelten traten, sahen sie sich von allen Seiten von einer von Waffen starrenden Mauer umgeben.

Der Scheik Menalek sandte sofort einen Boten zu dem Anführer. Dieser letztere ließ auf Anraten Richemontes zunächst die Dschema, die Versammlung der Ältesten des Stammes, zu sich kommen, um sich ihrer zu versichern. Man versteht darunter nicht etwa ausnahmslos die an Jahren Ältesten. Es sind auch junge Männer mit dabei, gewöhnlich Verwandte des Scheiks. So kam es, daß sich auch Saadi, der Schwiegersohn des Scheiks Menalek, dabei befand. Diese wurden in Fesseln gelegt und dann einem Verhör unterworfen.

„Ihr habt eine Karawane der Ibn Batta überfallen“, war die wiederholte Behauptung, welche man ihnen entgegenschleuderte.

„Nein, wir sind unschuldig“, war ihre stehende, bestimmte Antwort.

„Man wird suchen und finden!“ drohte endlich der Kommandeur.

„Ja, man wird allerdings finden“, antwortete Menalek. „Wir fanden des Morgens vier beladene Kamele neben unseren Zelten und haben sie zu uns genommen. Und dann fanden wir auf unserem Gebiet die Leichen der Beraubten. Wir begruben sie nach den Regeln des heiligen Koran, nahmen ihnen aber vorher weg, was ihnen nichts mehr nützen konnte. Das alles werdet ihr finden.“