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„Sind Sie Russe?“ fragte er ihn.

„Nein. Pole.“

„Exiliert?“

„Ja.“

„Können Sie sich legitimieren?“

„Vollständig. Da es sich um einen Kauf handelt, habe ich mich mit den nötigen Dokumenten versehen.“

„Sind Sie bemittelt?“

„Leider, nein.“

„Herr Cohn hier hat Ihnen bereits mitgeteilt, um was es sich handelt?“

„Ich bin vollständig informiert.“

„Wie hoch schätzen Sie Ihre Beihilfe?“

„Es sind mir zweitausend Taler geboten worden.“

„Sie werden diese Summe erhalten, allerdings nur dann, wenn das Geschäft wirklich zustande kommt. Welche Sicherheit aber gewähren Sie, daß Sie mir die beiden Güter faktisch übergeben, nachdem sie von mir auf Ihren Namen bezahlt worden sind?“

„Mein Ehrenwort.“

Es war ein fast höhnisches Lächeln, welches der Graf jetzt sehen ließ; aber dennoch klang seine Stimme höflich, als er bemerkte:

„Ich ziehe Ihr Ehrenwort auf keinerlei Weise in Zweifel; aber Sie werden zugeben, daß einer solchen Summe gegenüber weitgehende Garantien erforderlich sind.“

„Ich wüßte keine anderen, da ich nicht reich bin.“

„Nun, so weiß ich eine. Sie erhalten, sobald der Handel abgeschlossen ist, die Kaufsumme gegen die Akzeption eines Wechsels auf Sicht und auf die gleiche Summe laufend. Sobald ich Ihnen das Objekt abgekauft habe, bezahle ich es mit diesem Wechsel und lege bare zweitausend Taler zu. Sind Sie einverstanden?“

„Jawohl.“

„Sollten Sie zögern, so präsentiere ich den Wechsel und pfände Ihnen die Güter ab. Die zweitausend Taler büßen Sie dann ein.“

Da ergriff der Jude das Wort:

„Oh, der Herr Graf de Rallion kann sicher sein, daß ich mir einen Herrn ausgesucht habe, welchem Vertrauen zu schenken ein jeder bereit sein kann, auch ohne zu kennen die Verhältnisse, von denen der Herr Graf von Smirnoff ist gezwungen worden, einzugehen ein Geschäft, von dem er sich sagt, daß es ihm –“

„Unsinn!“ fiel ihm Rallion in die Rede. „Sie wissen, daß ich unnütze Reden nicht leiden kann. Wann sind Sie zu Königsau bestellt worden?“

„Es wurde kein bestimmter Tag genannt. Er wollte eine Antwort aus Berlin erwarten.“

„Kann er diese erhalten haben?“

„Sie kann bei ihm sein.“

„So ist es besser, abzureisen. Was haben Sie hier zu tun?“

„Nichts. Nur den Grafen de Rallion wollte ich sprechen, um ihm vorzustellen den erlauchten Grafen von Smirnoff, damit zustande komme die Übereinkunft wegen des –“

„Gut, gut! Wie ich höre, haben Sie hier nichts zu tun. Ich habe den Herrn Grafen Smirnoff kennengelernt, wir sind also fertig. Reisen Sie ab, und benachrichtigen Sie mich sofort, wann Sie das Geld brauchen.“

„So möchte ich sagen, daß die Entfernung zu groß ist, um das Geschäft schnell zustande zu bringen. Möchten der Herr Graf nicht näher zu den Königsaus herankommen?“

„Ich will mich nicht von ihnen sehen lassen.“

„Wenn Sie mit nach Drengfurth gehen, so werden Sie nicht in die Gefahr kommen, gesehen zu werden. Es ist noch Platz in unserm Wagen.“

Rallion machte eine abwehrende Handbewegung.

„Geht eine Post von hier nach Drengfurth?“ fragte er.

„Jedenfalls.“

„So benutze ich diese. Sie können sofort abreisen.“

Der Jude entfernte sich mit seinem Begleiter, nachdem vorher der Gasthof bestimmt worden war, in welchem man sich treffen wollte. Dann erkundigte sich Rallion nach der Post und erfuhr, daß dieselbe erst am nächsten Morgen abgehen werde.

Es war noch dunkel, als er sich einfand, um den Fahrschein zu lösen. Es währte nur noch kurze Zeit bis zum Abgang, und der Postillion saß bereits auf dem Bock. Er erfuhr, daß nur noch ein einziger Passagier mitfahren werde.

Als er sich zum Einsteigen anschickte, saß dieser bereits im Fond des Wagens.

„Rücken Sie zur Seite!“ gebot der Graf in befehlendem Ton.

Der Schein der Wagenlaterne fiel dabei auf sein Gesicht, so daß der andere dasselbe deutlich sehen konnte.

„Wieso?“ fragte er.

„Ich bin nicht gewöhnt, verkehrt zu fahren.“

„Ich auch nicht!“ meinte der im Wagen sitzende ruhig.

„Ich habe meinen Schein gelöst und bezahlt.“

„Ich auch.“

„Herr, ich bin Edelmann!“

„Herr, ich auch!“

„Mille tonnerres! Ich werde mit dem Postillion sprechen.“

„Ich nicht.“

Der Graf trat zum Kutscher und befahl ihm:

„Sorgen Sie dafür, daß ich den Platz erhalte, welcher mir gebührt.“

Der Rosselenker streckte den Arm phlegmatisch aus und antwortete:

„Her damit.“

„Was?“ fragte Rallion erstaunt.

„Den Fahrschein.“

„Ah, so! Hier!“

Er reichte ihm das Papier hinauf. Der Kutscher hielt es an die Laterne und gab sich Mühe, den Inhalt zu entziffern.

„Lautet auf Nummer zwei. Das ist der Platz in der linken Ecke auf dem Hintersitz. Die rechte Ecke hat der andere Herr auf Nummer eins, die er sich bereits gestern abend gelöst hat. Wenn Ihnen Ihr Platz nicht paßt, können Sie sich auf den Rücksitz setzen, da bloß zwei Personen da sind.“

„Was fällt Ihnen denn ein! Ich bin –“

Da fiel ihm der Kutscher schnell in die Rede:

„Was mir einfällt? Daß Sie Passagier Nummer zwei sind, das fällt mir ein! Darum bekommen Sie den Platz Nummer zwei! In einer halben Minute geht es fort. Wer da noch nicht eingestiegen ist, der bleibt stehen. Basta!“

Der Graf wäre am liebsten zurückgeblieben, aber er hatte auch nicht Lust, noch einen Tag bis zur nächsten Post zu warten. Darum stieg er mit seinem Handköfferchen ein, welches die Summe enthielt, die er für den beabsichtigten Kauf zu brauchen gedachte. Aber sich schweigend zu fügen, dazu war er nicht der Mann.

„Sie sagen, daß Sie Edelmann sind?“ fragte er den anderen Passagier, nachdem er diesem gegenüber Platz genommen hatte.

„Ja“, antwortete er kurz.

„Nun, ich bin sogar Graf!“

„Ich sogar auch.“

„Herr, ich werde Satisfaktion von Ihnen verlangen!“

Der andere stieß als einzige Antwort ein höhnisches, kurzes Lachen aus.

„Haben Sie es gehört?“ fragte Rallion.

„Haben Sie gehört: Ich lache.“

„Herr!“ knirschte Rallion. „Wissen Sie, was man unter Satisfaktion versteht?“

„Oh, sehr genau.“

„Daß Sie sich mit mir schlagen werden!“

„Schön. Das sollte mir ein Gaudium werden. Aber ich befürchte nur, es wird nichts daraus.“

„Dann sind Sie ein Feigling, ein elender.“

„Ich wohl nicht, aber Sie.“

„Monsieur, Sie scheinen unzurechnungsfähig zu sein.“

„Nein, sondern ich scheine nur zu wissen, mit wem ich es zu tun habe.“

„Nun, mit wem?“

„Mit einem Menschen, welcher beim Anblick eines Degens in Ohnmacht fällt, und wenn er das Wort Pistole hört, davonläuft.“

Der Graf fühlte sich frappiert. Aber er befand sich hier in der Fremde. Wer sollte ihn kennen? Er antwortete:

„Ich wiederhole, daß Sie unzurechnungsfähig sind.“

„Und ich sage Ihnen, daß ich keine Lust habe, mich mit Ihnen zu zanken. Ich bin müde und werde schlafen, bis der Tag anbricht. Dann werde ich mich Ihnen vorstellen, um unser Gespräch fortzusetzen. Sagen Sie aber jetzt noch ein einziges Wort zu mir, so gebe ich Ihnen eine Ohrfeige, daß Ihr ganzer werter Korpus durch die Kutschenwand hinaus auf die Straße fliegt.“

Diese Worte waren in einem solchen Ton gesprochen, daß es Rallion angst und bange wurde. Es war ihm, als ob er trotz der im Wagen herrschenden Dunkelheit den Arm seines Gegenübers bereits in Bewegung sehe. Daher verzichtete er auf jedes weitere Wort und legte sich so bequem wie möglich auf seinen Sitz zurück.