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„Herr, ich bin Engländer!“

„Das ändert nichts an der Sache. Begeben Sie sich nach dem Polizeibüro des Bezirkes, in welchem die Täter wohnten. Dort werden Sie alles erfahren.“

„Wo liegt dieses Büro?“

„Ich glaube, in der Rue des Poissonniers.“

„Well! Ich werde gehen. Ich werde aber auch in meinem Blatt die Tatsache veröffentlichen, daß man hier einem Englishman die Auskunft verweigert hat!“

„Tun Sie das immerhin! Diese Bemerkung verlängert Ihren Bericht und vergrößert also das Honorar, welches Sie zu fordern haben werden!“

Der Engländer packte seinen Musikstuhl zusammen, steckte Notizbuch und Bleistift in die Tasche und meinte dann:

„Ich werde doch noch alles erfahren! Good bye – gehabt euch wohl!“

Er wollte gehen, drehte sich aber, als er bereits an der Tür angekommen war, noch einmal um und fragte:

„Könnte ich denn nicht wenigstens die Fotografien der geraubten Dame und ihres Befreiers erhalten? Wir würden danach Holzschnitte anfertigen lassen und die Bilder dann veröffentlichen.“

„Danke, Master!“ lachte der Graf. „Wir verzichten auf diese Ehre, in Old England so bekannt zu werden.“

„Well, ich werde die Porträts doch noch erhalten!“

Er ging. Diese eigentümliche oder vielmehr komische Szene hatte den drei Personen eine ganz andere Stimmung erteilt. Der General lachte herzlich; Belmonte stimmte ein, und Ella mußte auch zugestehen, daß dieses Intermezzo mehr lächerlich als beleidigend zu nehmen sei. Diese englische Nation, welche ihre Angehörigen so prätentiös zu erziehen pflegte, hatte keinen Grund, sich auf diesen Repräsentanten viel einzubilden! Belmonte dachte allerdings nicht, daß er diesen Mann noch öfters, und zwar unter höchst ungewöhnlichen Umständen wiedersehen werde.

Nach einer nur noch kurzen Unterhaltung verabschiedete sich Arthur. Er konnte nicht zurückgehalten werden, mußte aber fest versprechen, daß er vor seiner Abreise noch wiederkommen werde, um sich den Brief an den Gouverneur von Metz einhändigen zu lassen. Er wurde in der Equipage des Grafen nach seiner Wohnung gebracht.

Dort angekommen, fand er seinen Martin noch bei der Arbeit, um die Reinschrift zu beenden. Dieser saß im vorderen Zimmer, er selbst begab sich in das seinige, um einige notwendige Briefe abzufassen, welche noch heute zur Post gelangen sollten. Er war mit dieser Arbeit noch nicht zu Ende, als er einen Wagen unten an der Tür halten hörte; gleich darauf klingelte es draußen an der Vorsaaltür. Nach wenigen Augenblicken trat Martin zu ihm herein und meldete:

„Eine Dame will mit Ihnen sprechen, Monsieur Belmonte.“

„Eine Dame? Ich wüßte keine Dame, welche Veranlassung hätte, mich zu besuchen!“

„Ich auch nicht“, lachte der Diener naiv.

„Ist sie alt oder jung?“

„Weiß ich nicht. Sie geht tief verschleiert.“

„Wie heißt sie?“

„Das hat sie nicht gesagt.“

„Wie ist sie gekleidet?“

„Fein, in Seide. Auch ihre Haltung, ihre Sprache zeigt, daß sie nichts ganz Gewöhnliches ist.“

„Sapperlot, Martin, du scheinst Erfahrung zu besitzen!“

„Ja, man profitiert bei Ihnen viel, sehr viel. Soll ich sie hereinlassen?“

„Natürlich! Eine Dame darf man nicht abweisen.“

Martin öffnete mit einer tiefen Reverenz die Tür, ließ die Erwartete eintreten und entfernte sich dann. Sie machte Belmonte eine kleine, aber höchst elegante Verbeugung. Er erwiderte dieselbe, und zwar unwillkürlich in ehrfurchtsvoller Weise. Er hatte sich erhoben und betrachtete diese wirklich distinguierte, vornehme Erscheinung.

Sie trug ein schwarzes Seidenkleid von einfachem Schnitt; aber der Stoff dieses Kleides war schwer und jedenfalls ungewöhnlich teuer. Sie machte ganz den Eindruck, als ob sie eine Angehörige der höchsten Aristokratie sei.

Er reichte ihr einen Stuhl, ohne aber das Gespräch zu beginnen. Sie nahm Platz, fixierte ihn durch den doppelt gelegten Schleier hindurch, welcher nicht gestattete, ihre Züge deutlich zu erkennen, und fragte dann mit einer Stimme, die einen ganz eigenen, fremdartigen Klang hatte:

„Sie sind von meinem Besuch in Verlegenheit, Monsieur?“

„Nein. Ich stehe überhaupt allein.“

„Also keine Verwandten“, nickte sie befriedigt. „Aber vielleicht sind Sie verheiratet?“

„Ich habe noch nicht dieses beneidenswerte Unglück gehabt.“

„Oder verlobt?“

„Auch nicht.“

„Ist Ihr Herz völlig frei?“

Das war eine eigentümliche Frage. Diese Dame war ihm völlig unbekannt; sie hatte ihm nicht einmal ihren Namen genannt, und er war so rücksichtsvoll gewesen, nicht nach demselben zu fragen. Und nun diese Erkundigung.

Er lehnte sich mit dem Rücken an den Tisch, schlug die Arme über der Brust zusammen, blickte ihr voll und fest entgegen und antwortete:

„Auch mein Herz ist noch nicht in Banden geschlagen. Sind diese sehr privaten Erkundigungen der Zweck Ihrer Gegenwart, Madame?“

„Ja, sonst würde ich sie nicht ausgesprochen haben. Wie ich hörte, sind Sie ein eifriger Besucher der großen Oper.“

„Allerdings.“

„Sie sind dort gesehen worden. Sie sind ein schöner Mann, und man hat Sie bemerkt; man ist aufmerksam auf Sie geworden.“

Jetzt begann er nicht nur zu ahnen, sondern er wußte sogar bestimmt, um was es sich handle. Es galt ein Liebesabenteuer, jedenfalls mit einer verheirateten Frau. Er nahm daher eine etwas reservierte Haltung an und verneigte sich, ohne zu antworten.

„Man hat den Wunsch, Sie kennenzulernen“, fuhr sie fort.

Abermals stumme Verneigung.

„Ja, man hat sogar den Entschluß gefaßt, Sie von diesem Wunsch zu unterrichten.“

Sie hatte die letzte Bemerkung mit etwas erhobener Stimme gemacht, wie um seine ganze Aufmerksamkeit auf dieselbe zu richten. Er hielt jetzt das männlich-schöne Gesicht dem Fenster zugewendet. Er blickte nachdenklich hinaus und hielt die Augen ein ganz klein wenig zusammengekniffen, so wie man es macht, wenn man auf zweifelhafte Gedanken stößt. Sodann wendete er sich schnell um und fragte:

„Wer ist es, der mich bemerkt hat?“

„Eine Dame.“

„Sie sind ihre Botin? Oder sind Sie es selbst?“

Die Gefragte ließ ein leichtes Räuspern hören und antwortete:

„Ich bin nur die Vermittlerin.“

„Was haben Sie mir zu sagen? Was ist die Absicht dieser Dame?“

„Sie wünscht Ihren Besuch. Sie wünscht, Sie einmal bei sich zu sehen.“

„Das ist sehr angenehm und ehrenvoll für mich; darf ich vielleicht den Namen erfahren, Madame?“

„Jetzt allerdings noch nicht“, antwortete sie.

Sie streifte, wie spielend, den Handschuh ab, und nun erblickte Arthur ein wunderbar schönes, zartes und doch volles Händchen, an dessen Fingern einige Steine im Wert von Hunderttausenden blitzten.

„Also auch die Adresse nicht?“

„Nein.“

„Ist sie verheiratet?“

„Hierüber habe ich ebenso zu schweigen.“

„Aber sie will mich kennenlernen! Auf welche Weise soll das geschehen, wenn ich weder ihren Namen, noch ihre Wohnung zu erfahren vermag. Will etwa sie es sein, die mich besucht?“

„Auch dies ist nicht der Fall. Zunächst habe ich nur zu fragen, ob Sie bereit sein werden, die persönliche Bekanntschaft dieser Dame zu machen?“

„Wohl schwerlich, Madame. Ich muß danken.“

„Ah, wirklich?“ fragte sie im Ton der Überraschung.

„Ja. Ich liebe Aufrichtigkeit und habe meine Bekanntschaften stets bei offenem Visier gemacht.“

„Aber Monsieur, das ist hier in diesem Fall ja gar nicht möglich.“

„Eben darum tut es mir zwar unendlich leid, aber ich sehe mich nicht imstande, auf Ihre Offerte einzugehen.“

„Mein Herr, die Dame ist reich, sehr reich.“

„Das tangiert mich nicht.“

„Sie ist sehr schön.“