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»Setz dich, du Hornochse!« keifte die Frau wütend. »Du bringst sie alle zum Lachen!«

In der Tat kicherten mehrere Männer. Die Frau drehte sich um und funkelte sie an, ihre Hand schoß zu einem Dolch, den sie in ihrem Gürtel trug. Beim Anblick ihrer aufblitzenden grünen Augen schluckten die Männer ihr Lachen hinunter und kümmerten sich wieder um ihr Essen. Die Frau überzeugte sich erst, daß alle eingeschüchtert waren, dann wandte auch sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Mahl zu und stieß ihre Gabel in das Fleisch.

»Es... es tut mir leid«, stammelte Caramon. Sein breites Gesicht lief rot an. »Ich wollte nicht...«

»Vergiß es«, sagte die Frau mit heiserer Stimme. Ihr Akzent war seltsam. Caramon konnte ihn nicht einordnen. Sie schien ein Mensch zu sein, aber ihre Aussprache war seltsam, und ihr Haar wies eine höchst sonderbare Farbe auf – es war ein mattes Bleigrün. Es war dick und glatt, und sie trug es in einem langen Zopf, der auf ihren Rücken fiel. »Ich weiß, du bist neu hier. Du wirst mich nicht anders als die anderen behandeln. Weder innerhalb noch außerhalb der Arena. Kapiert?«

»Die Arena?« fragte Caramon verständnislos. »Du – du bist ein Gladiator?«

»Und zwar einer der besten«, ergänzte der schwarzhäutige Mann, der ihnen gegenübersaß, mit einem Grinsen. »Ich bin Pheragas aus dem nördlichen Ergod, und das ist Kiiri, die Sirene...«

»Eine Sirene! Aus dem Meer?« fragte Tolpan. »Eine von diesen Frauen, die ihre Gestalt verändern können und...«

Die Frau warf dem Kender einen so zornigen Blick zu, daß Tolpan blinzelte und in Schweigen verfiel. Dann ging ihr Blick zu Caramon. »Findest du das komisch, Sklave?« fragte Kiiri; ihre Augen waren auf Caramons neues Halsband gerichtet.

Caramon legte seine Hand darüber und errötete wieder. Kiiri lachte kurz und bitter auf, aber Pheragas musterte ihn mit Mitleid. »Du wirst dich im Lauf der Zeit daran gewöhnen«, sagte er mit einem Schulterzucken.

»Ich werde mich niemals daran gewöhnen!« widersprach Caramon und ballte seine große Hand zusammen.

Kiiri blickte ihn schnell an. »Du wirst es, oder dein Herz wird brechen, und du wirst sterben«, sagte sie kühl. Sie war so schön, und ihr Verhalten war so stolz, daß ihr Eisenband eine Kette aus feinstem Gold hätte sein können, dachte Caramon. Er wollte gerade etwas erwidern, als er von einem dicken Mann mit einer weißen, fettigen Schürze unterbrochen wurde, der einen Teller mit Essen vor Tolpan warf.

»Danke schön«, sagte der Kender höflich.

»Gewöhn dich ja nicht an diese Gefälligkeit«, fauchte der Koch. »Danach holst du dir deinen Teller selbst, so wie jeder andere auch. Hier« – er schleuderte eine Holzscheibe vor den Kender —, »das ist deine Speisenrechnung. Zeig das vor, oder du ißt nicht. Und hier ist deine«, fügte er hinzu und warf eine vor Caramon.

»Wo ist mein Essen?« fragte Caramon und steckte die Holzscheibe ein.

Der Koch knallte eine Schüssel vor den großen Mann und drehte sich um.

»Was ist das?« knurrte Caramon und starrte auf die Schüssel.

Tolpan lehnte sich hinüber. »Hühnerbrühe«, sagte er hilfsbereit.

»Ich weiß, was das ist«, sagte Caramon mit tiefer Stimme. »Ich meine, das ist ein Witz. Aber ich finde das nicht witzig«, fügte er hinzu und sah finster zu Pheragas und Kiiri, die ihn angrinsten. Caramon ergriff den Koch und zog ihn zurück. »Nimm dieses Spülwasser mit und bring mir etwas zu essen!«

Mit überraschender Schnelligkeit riß sich der Koch von Caramons Griff los, drehte den Arm des großen Mannes nach hinten und stieß sein Gesicht in die Suppenschüssel. »Iß und genieß es«, fauchte er und zog Caramons triefenden Kopf an den Haaren aus der Suppe. »Weil es das einzige ist, was du ungefähr einen Monat zu sehen bekommst.«

Tolpan unterbrach sein Mahl. Er bemerkte, daß alle Anwesenden ebenfalls mit dem Essen aufgehört hatten, sicher, daß diesmal ein Kampf stattfinden würde.

Caramons Gesicht, an dem die Suppe herabtropfte, war leichenblaß. Auf den Wangen erschienen rote Flecken, und seine Augen funkelten gefährlich.

Der Koch beobachtete ihn selbstgefällig.

Caramon ballte die Hände; die Knöchel liefen weiß an. Eine der großen Hände hob sich, und langsam begann Caramon die Suppe aus seinem Gesicht zu wischen.

Mit einem verächtlichen Schnaufen wandte sich der Koch ab und stolzierte von dannen.

Tolpan seufzte. Das war jedenfalls nicht der alte Caramon, dachte er traurig und erinnerte sich an den Mann, der zwei Drakonier getötet hatte, indem er mit bloßen Händen ihre Köpfe zusammengestoßen hatte, an den Caramon, der einst fünfzehn Raufbolde mit den verschiedensten Verletzungen zurückgelassen hatte, als sie versuchten, den großen Mann auszurauben. Tolpan schluckte die scharfen Worte hinunter, die auf seiner Zunge lagen, und wandte sich wieder dem Essen zu.

Caramon aß langsam, löffelte die Suppe und schluckte sie hinunter, ohne daß er sie zu schmecken schien. Tolpan sah, wie die Frau und der schwarzhäutige Mann wieder Blicke tauschten, und kurz befürchtete er, daß sie über Caramon lachen würden. Kiiri wollte tatsächlich etwas sagen, aber als sie zum vorderen Teil des Raumes blickte, schloß sie den Mund und aß weiter. Tolpan sah Raag wieder den Speisesaal betreten, zwei stämmige Menschen trotteten hinter ihm her.

Sie gingen durch den Raum und blieben hinter Caramon stehen. Raag stieß den großen Krieger an.

Caramon sah sich langsam um. »Was ist los?« fragte er mit einer abgestumpften Stimme, die Tolpan nicht wiedererkannte.

»Du kommst jetzt mit«, sagte Raag.

»Ich esse gerade«, begann Caramon, aber die zwei Menschen ergriffen den großen Mann an den Armen und zogen ihn von der Bank, bevor er seinen Satz beenden konnte. Dann bemerkte Tolpan einen Funken von Caramons altem Kampfgeist. Sein Gesicht lief zu einem dunklen Rot an, und er richtete einen unbeholfenen Schlag gegen einen der Kerle. Aber der Mann, der ihn höhnisch angrinste, wich ihm mühelos aus. Sein Partner trat Caramon heftig in den Bauch. Caramon brach stöhnend zusammen. Die zwei Menschen zogen ihn auf die Füße hoch. Mit hängendem Kopf ließ sich Caramon wegführen.

»Warte! Wo...« Tolpan erhob sich, spürte aber eine starke Hand sich über der seinen schließen.

Kiiri schüttelte warnend den Kopf, und Tolpan setzte sich wieder. »Was werden sie mit ihm anstellen?« fragte er.

Die Frau zuckte die Schultern. »Beende dein Mahl«, sagte sie mit strenger Stimme.

Tolpan legte seine Gabel hin. »Ich bin eigentlich nicht sehr hungrig«, murmelte er verzagt.

Der ihm gegenübersitzende schwarzhäutige Mann lächelte den Kender an. »Komm schon«, sagte er, erhob sich und streckte Tolpan freundlich seine Hand entgegen. »Ich zeige dir dein Zimmer. Wir machen das alle am ersten Tag durch. Mit deinem Freund wird alles in Ordnung sein – im Lauf der Zeit.«

»Im Lauf der Zeit«, höhnte Kiiri und schob ihren Teller beiseite.

Tolpan lag allein in dem Zimmer, das er angeblich mit Caramon teilen sollte. Es war sehr karg und sah mehr wie eine Gefängniszelle als wie ein Zimmer aus.

Aber Kiiri hatte ihm erklärt, daß alle Gladiatoren in solchen Zimmern untergebracht seien. »Sie sind sauber und warm«, sagte sie. »Außerdem würden wir verweichlichen, wenn wir im Luxus schwelgen dürften.«

Nun, da bestand sicherlich keine Gefahr, soweit der Kender es beurteilen konnte, als er die nackten Steinwände, den strohbedeckten Boden, einen Tisch mit einem Wasserkrug und einer Schüssel und zwei kleine Kommoden, in denen sie wohl ihre Besitztümer aufbewahren sollten, betrachtete. Ein einziges Fenster hoch oben in der Decke ließ einen Sonnenstrahl herein. Tolpan lag auf dem harten Bett und sah die Sonne durch das Zimmer wandern. Der Kender wäre gern auf Erkundung gegangen, hatte aber das Gefühl, daß er nicht viel Freude daran hätte, solange er nicht wußte, was sie mit Caramon angestellt hatten.

Der Sonnenstrahl auf dem Boden wurde länger und länger. Eine Tür öffnete sich, und Tolpan sprang aufgeregt auf, aber es war nur ein anderer Sklave, der einen Sack auf den Boden warf und dann wieder die Tür verschloß. Tolpan untersuchte den Sack, und sein Herz sank. Es waren Caramons Sachen! Tolpan untersuchte sie eingehend und ängstlich, forschte nach Blutflecken. Nichts. Sie schienen unversehrt zu sein... seine Hand schloß sich um etwas Hartes in einer Geheimtasche.