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»Nicht, solange du an Bord bist, Prinzesschen«, lächelte Argos.

Der Haifischmann trat einen Schritt auf ihn zu. Argos hob seine Waffe drohend höher, aber das Geschöpf zeigte sich nicht beeindruckt davon, sondern ging langsam weiter auf ihn zu. Argos ergriff die Waffe mit beiden Händen und zielte sorgfältig und Serena sagte hastig: »Bleib stehen!«

Der Wächter erstarrte mitten im Schritt und Argos machte ein verblüfftes Gesicht. »Sie ... sie gehorchen dir?«, wunderte er sich.

»Natürlich«, antwortete Serena. »Mein Vater hat sie erschaffen. Glaubst du, sie würden mir etwas tun?« Argos überlegte einen Moment lang angestrengt, doch dann breitete sich ein hässliches Grinsen auf seinem Gesicht aus. »Na dann besteht ja wohl auch keine Gefahr, dass die Bande da draußen uns angreift, wie?«

»Aber sie werden euch auch nicht gehen lassen«, sagte Mike. Er deutete zum Fenster. Die Armee der Riesenhaie war noch weiter angewachsen. Nicht einmal die NAUTILUS würden einem Angriff der grauen Kolosse länger als eine Sekunde standhalten.

»Da haben wir ein Problem, wie?« Argos grinste unerschütterlich weiter, drehte sich halb herum und zielte plötzlich auf Serena. »Es sieht so aus, als müsste ich dich bedrohen. Oder deine Freunde.«

»Schieß und wir sterben alle«, antwortete Serena. So wie sie die Worte aussprach, klangen sie bitter ernst. Argos sah sie lange und durchdringend an und dabei erlosch das überhebliche Grinsen auf seinen Zügen. Sein Blick flackerte unstet und die Waffe in seiner Hand begann sacht zu zittern, deutete aber weiter auf Serena. Auch er schien zu begreifen, dass Serena nicht bluffte.

»Gib auf, Argos«, sagte Mike. »Sie werden uns niemals gehen lassen.«

»Aber sie greifen auch nicht an«, sagte Tarras. »Erschieß einen der Burschen und wir werden sehen, was geschieht.« Argos schwieg, aber Mike konnte regelrecht sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. »Gib auf«, sagte Mike noch einmal. »Und wenn du uns alle tötest – es wird dich nicht retten.« »Du bluffst«, sagte Argos. Aber seine Stimme klang schon nicht mehr ganz so sicher wie bisher. »Du

würdest dein Leben und das deiner Freunde wegwerfen, nur um uns hier festzuhalten? Ich glaube dir

nicht.« Er schwenkte seine Waffe herum und zielte auf Chris, und Serena tauschte einen blitzschnellen Blick mit dem Wächter. In derselben Sekunde schloss sich der Belagerungsring aus Riesenhaien dichter um die NAUTILUS.

Argos senkte seine Waffe wieder.

»Es ist vorbei, Argos«, sagte Serena. »Ich habe ihnen befohlen, euch hier nicht wegzulassen. Ganz egal, was passiert.« »Und was hast du jetzt vor?«, fragte Argos nervös. »Sollen wir hier bleiben, bis uns der Sauerstoff und

die Lebensmittel ausgehen?«

»Wenn es sein muss, ja«, antwortete Mike hart. Er tauschte einen fragenden Blick mit Ben und den anderen. Alle drei wirkten nervös und voller Furcht, aber auch auf dieselbe Weise entschlossen wie er. »Wollt ihr sterben, ihr Narren?«, fragte Argos. »Nein«, antwortete Mike. »Aber wir werden nicht zulassen, dass ihr in unsere Welt gelangt. Wir haben

gesehen, was ihr aus Lemura gemacht habt. Eher opfern wir unser Leben, ehe wir zulassen, dass du und

deineFreundeüber unsere Welt herfallen!« Er war selbst nicht einmal sicher, ob er wirklich den Mut haben würde, seine Worte in die Tat umzusetzen. Oder ob

Serena so weit gehen würde, sich und sie alle zu opfern.Du kannst dich darauf verlassen, dass sie es tut,erklang Astaroths Stimme in seinen Gedanken.Sie hat keine Wahl und das weiß sie. Eure Welt hätte keine Chance gegen Argos und seine Magie. All eure Waffen und Technik würden euch nichts nutzen!

»Ihr seid ja wahnsinnig«, murmelte Argos. »Dann befinden wir uns ja in guter Gesellschaft«, sagte Ben.

Argos funkelte ihn an, sagte aber nichts und senkte nach einem weiteren Moment sogar seine Waffe, wenn auch nicht ganz. »Und wo sollen wir hin?«, fragte er. »Seid doch nicht dumm! Wir können nicht zurück! Lemura wird untergehen!«

»Ihr bleibt hier«, sagte Serena noch einmal. Wieder sah sie den Wächter an und nur einen Moment später begann sich die Armee der Riesenhaie draußen zu bewegen; langsam, aber auch unaufhaltsam.

»Was tust du?«, keuchte Argos.

»Sie werden angreifen«, sagte Serena. »Ihr könnt die NAUTILUS wenden und nach Lemura zurückfahren oder wir sterben alle.«

»Dann sterben wir eben«, sagte Argos hart. »Wohin sollen wir gehen? Ihr habt die NAUTILUS. Ihr könnt eure Freunde nehmen und nach Hause fahren, aber für uns gibt es kein Zuhause mehr. Lemura stirbt. Vielleicht schon in ein paar Tagen. Warum aber sollten wir euch gehen lassen?«

Mike warf einen Blick aus dem Fenster. Die Armee der Riesenhaie kam unerbittlich näher, wie eine graue, geschuppte Wand aus Fleisch und Knochen, die die NAUTILUS

einfach zermalmen würde. Dahinter, fast nur noch schemenhaft,

war die gigantische Unterwasserkuppel zu erkennen. Er konnte sich täuschen, aber es kam ihm so vor, als hätte sich ihre Form verändert, wäre nicht mehr so eben und perfekt. Hier und da war das zehntausend Jahre alte Material geborsten und ein unaufhörlicher Strom von Luftblasen sprudelte aus den Rissen und begann seinen langen Weg zur Meeresoberfläche. Argos hatte Recht: Lemura starb vor ihren Augen.

»Niemand kann die Menschen dort noch retten«, sagte Argos. »Es hilft ihnen nichts, wenn wir zurückkehren und mit ihnen sterben.«

Mikes Gedanken überschlugen sich. Da war irgendetwas. Etwas von großer Wichtigkeit, das er vergessen hatte und das ...

Dann erinnerte er sich.

»Wie lange könntet ihr die Kuppel noch aufrechterhalten?«, fragte er. »Du und deine Freunde – wenn ihr all eure magische Kraft zusammennehmt. Wie lange würde Lemura noch existieren?«

»Einen Tag«, antwortete Argos verächtlich. »Vielleicht zwei. Aber gib dir keine Mühe. Wenn du unbedingt zusammen mit uns sterben willst, dann hier und jetzt.«

»Niemand muss sterben«, antwortete Mike. »Es gibt noch einen Ausweg. Hört zu!«

Der Stein schlug unmittelbar neben Mike auf den Boden und zerplatzte in mehrere Teile. Er war nicht besonders groß, aber Mike fuhr trotzdem erschrocken zusammen und warf einen besorgten Blick zur Höhlendecke hinauf. Während der letzten vierundzwanzig Stunden hatte der Boden fast ununterbrochen gezittert und der Steinregen hatte einfach kein Ende nehmen wollen. Und er würde auch nicht mehr aufhören. Argos und die anderen Magier hatten all ihre Kräfte vereint, um die Unterseekuppel noch einmal zu stabilisieren, aber nicht einmal sie vermochten Wunder zu bewirken. Trautman hatte prophezeit, dass die Kuppel dem Wasserdruck vielleicht noch einen halben Tag widerstehen konnte, und Mike hielt diese Schätzung mittlerweile für eher zu optimistisch. Mike ließ seinen Blick noch einmal über die Decke gleiten, um sich davon zu überzeugen, dass sich nicht direkt über ihm unversehens ein Felsbrocken lösen würde, der ihn im letzten Moment noch erschlug, dann ging er ein paar Schritte weit, bis er das Ufer des kleinen Sees erreichte, an dem Ben auf ihn wartete.

»Bist du so weit?«, fragte er. »Wir müssen los. Ich habe keine Lust, im letzten Moment noch einen Stein auf den Kopf zu bekommen.«

Ganz so dramatisch war die Situation noch nicht. Argos’ Männer hatten sowohl den Gang, der hier herunterführte, als auch die Höhlendecke mit schweren Balken abgestützt, um der Gefahr eines plötzlichen Einsturzes vorzubeugen. Aber sie würden eine gute Stunde brauchen, um die NAUTILUS zu erreichen – und sie hatten unterwegs noch etwas vor.

Ben reagierte erst nach wenigen Augenblicken auf Mikes Worte. Er nickte, drehte sich langsam herum und warf dann noch einmal einen Blick auf den See, in den er und die anderen so oft hinabgetaucht waren, um unter Lebensgefahr die