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Auf einer Anhöhe schob ich den Burnus zurück, stellte mich in den Steigbügeln auf und blickte zurück. Ich machte das Ende der Karawane aus, fast einen Pasang entfernt. Langsam und anmutig zog sich die Kette der Tiere zwischen den Hügeln hindurch. Den Schluß bildete ein Mann auf einer Kaiila. Von Zeit zu Zeit stieg er ab, sammelte abgeworfenes Kaiilahaar ein und stopfte es in einen Beutel an seinem Sattel. Im Gegensatz zur Verr und Hurt wird die Kaiila niemals geschoren. Wenn das Tier sein Haar abwirft, sammelt man es ein. Je nach der Qualität des Haars werden daraus verschiedene Stoffarten gefertigt. Das Bauchfell der Kaiila ist am weichsten und am wertvollsten, während das Fell auf dem Rücken meistens für Seile und Zelttuch Verwendung findet.

Ich suchte den Horizont ab, konnte aber nichts entdecken. Wieder ließ ich mich im Sattel nieder und zog die Kapuze des Burnus über die Augen. Schläfrig lauschte ich dem Klang der Kaiilaglocken. Alyena machte Fortschritte mit der goreanischen Sprache, was mich sehr freute. Als ich sie aus den Sklavengehegen Tors abholte, hatte sie dort vierzehn Tage zugebracht, fast drei goreanische Wochen. Natürlich hatte ich mich bei dem Sklavenmeister nach ihren Fortschritten erkundigt. Wie ich erfuhr, hatte sich Alyena willig angestellt, so daß man sie nicht hatte auspeitschen müssen. »Die Barbarin«, sagte der Sklavenmeister, »ist sehr intelligent, doch ihr Körper war zuerst seltsam verkrampft. Jetzt ist ihr Leib natürlich viel empfänglicher für die Welt ringsum. Wir haben nach Kräften dafür gesorgt.« Der Mann lächelte. Das Mädchen kniete vor dem Tisch des Sklavenmeisters. Ich saß seitlich von ihr. Mit gesenktem Kopf hockte sie vor mir. Ihre Augen funkelten. Sie wirkte wie eine erwachte Blume.

»Wir haben ihr einige grundsätzliche Dinge beigebracht«, sagte der torische Sklavenmeister. »Doch mehr hat sie noch nicht aufnehmen können.«

»Hast du sie das Tanzen gelehrt?« fragte ich.

»Soweit ist sie noch nicht«, erwiderte der Mann.

Ich musterte das Mädchen, um festzustellen, wieviel sie von dem goreanisch geführten Gespräch verstand. Sie kniete in der Haltung der Vergnügungssklavin.

»Ist sie gehorsam gewesen?« fragte ich.

»Ja.«

Ich lächelte. Das Mädchen reagierte typisch sie versuchte durch Gehorsam weiterzukommen. Um Strafen zu vermeiden -

Nahrungsentzug oder die Peitsche - hörte sie auf jedes Wort; doch nur äußerlich. Im Innern versuchte sie eine Insel für sich zu behalten, ein Stückchen, das nur ihr selbst gehörte. Damit glaubte sie uns zu täuschen. Ich nahm nicht an, daß ich mich um dieses Problem kümmern mußte, doch wenn sie eines Tages ihren wahren Herrn gefunden hatte, mochte es an ihm liegen, ihr diese Insel zu nehmen, sie ganz zur Sklavin zu machen. Zunächst wollte ich es ihr durchgehen lassen. Sollte sie ruhig glauben, daß sie uns narrte. Ich bezweifelte nicht, daß die liebliche Alyena eines Tages in den Armen eines willensstarken Mannes eine wahre Sklavin werden würde.

Ich bezahlte den Sklavenmeister und verließ sein Büro, gefolgt von meiner Sklavin.

Auf dem Rücken meiner Kaiila, unterwegs zur Oase der Neun Brunnen, lauschte ich schläfrig auf das Klimpern der Kaiilaglocken. Der Nachmittag ging seinem Ende entgegen. In etwa einer Ahn würden wir haltmachen, um das Lager aufzuschlagen. Dann loderten bald die Feuer, und die Kaiilajungen würden die Tiere in kleinen Gruppen zusammentreiben und ihnen das Futter hinwerfen.

Die Zelte der Taharibewohner öffnen sich meistens nach Osten, damit die Morgensonne den Eingang erwärmt. In der Nacht braucht man oft eine dicke Djellabah oder eine zusätzliche Decke. Viele Nomaden zünden im Zelt ein kleines Feuer an, das mit Kaiila-Dung genährt wird und das die ganze Nacht hindurch glimmt. Darauf konnte ich natürlich verzichten, denn zu meinen Füßen schlief Alyena.

Plötzlich vernahm ich den dumpfen Laut von Kaiilahufen auf trockenem Boden. Ich schreckte hoch und sah mich wachsam um. Ich zog meine Kaiila herum und stand im Sattel auf.

Ein Mann ritt an der Karawane entlang einer unserer Vorreiter.

»Reiter!« rief er. »Reiter!«

Ich entdeckte die Fremden, über hundert Reiter, die auf einer Hügelkuppe zur Linken erschienen waren und schnell näher kamen. Die Burnusse wehten hinter ihnen im Winde. Die Tiere glitten im lockeren Sand den Hang herab. Die Wächter unserer Karawane galoppierten der Streitmacht entgegen. Ich stand in meinen Steigbügeln und blickte in die Runde, doch in den anderen Richtungen tat sich nichts. Natürlich mochten weitere Gruppen im Hinterhalt liegen und sich erst später blicken lassen. Beruhigt stellte ich fest, daß unsere Wächter nach allen Seiten Ausschau hielten. Eine unangenehme Überraschung war also nicht zu befürchten. Farouk, der Kaufmann und Karawanenherr, ritt vorbei, in seiner Hand wippte eine Lanze. Er wurde von sechs Männern begleitet. Ich sah die Treiber, die die Zügel ihrer Tiere hielten und die Hände über die Augen legten.

»Was ist los?« rief Alyena aus ihrer Kurdah.

»Sei still!« rief ich.

Das Mädchen sah mich verängstigt an.

»Bleib in deiner Kurdah, Sklavin!« sagte ich. »Und blicke nicht heraus.«

Ich zog mein Tier herum und lockerte den Krummsäbel in der Scheide.

»Es sind Aretai!« brüllte ein Mann.

Daraufhin nahm ich die Hand von der Waffe.

Einige hundert Meter vor der Karawane zügelten die fremden Reiter ihre Tiere. Vor ihnen verhielt Farouk seine Kaiila und begann sich mit dem Anführer zu unterhalten. Unsere Karawanenwächter, deren Tiere nervös hin und her tänzelten, warteten hinter ihm. Die Lanzen waren emporgereckt, die Schäfte hatten die Männer in die Steigbügelhalterung gesteckt.

Ich zog meine Kaiila einige Schritte zur Seite.

»Aretai«, sagte einer der Treiber. Unser Ziel war die Oase der Neun Brunnen, die von den Aretai gehalten wurde. Suleiman, Herr über tausend Lanzen, war Pascha der Aretai.

Mehrere Neuankömmlinge spornten ihre Kaiila an und kamen von zwei Seiten auf die Karawane zu. Eine Gruppe ritt zur Spitze, eine andere Gruppe zum Ende unserer Kolonne. Etwa zwanzig Reiter, begleitet von Farouk und seinen Wächtern, begannen an der Karawane entlangzureiten und die Treiber und Kaiilapfleger zu befragen.

»Was soll denn das?« fragte ich einen neben mir stehenden Kaiilatreiber.

»Sie suchen nach Kavars«, sagte er.

»Und was passiert, wenn sie einen finden?«

»Sie bringen ihn um.«

Ich beobachtete die Männer, die auf ihren Kaiila von Mann zu Mann ritten und langsam näher kamen.

»Das sind die Männer Suleimans«, sagte der Treiber und hob den Zügel seiner Kaiila. »Sie sind gekommen, um uns zur Oase der Neun Brunnen zu geleiten.«

Immer näher kamen die Aretai. Immer wieder zügelten sie ihre Tiere, befragten die Männer in der Karawane. Ihr Anführer war ein Hauptmann mit einem rot eingefaßten Burnus. Mehrere Männer hatten die Krummsäbel blank über die Ledersättel gelegt.

»Du bist doch nicht etwa ein Kavar?« fragte der Treiber.

»Nein«, sagte ich.

Die Reiter hatten uns erreicht.

Der Treiber zog die Kapuze seines Burnus zurück und den Schleier von seinem Gesicht. Unter dem Burnus trug er ein Käppi. Der Reptuchschleier war rot. Er hob den Ärmel seines Burnus. Der Offizier sah mich an. »Ärmel«, sagte er. Ich schob den Ärmel hoch und hielt ihm den linken Unterarm hin. Dort war nichts von dem schwarzen Krummsäbel zu sehen, der einem Jüngling der Kavars zu Beginn seiner Pubertät eintätowiert wird.

»Der Mann ist kein Kavar«, sagte Farouk und machte Anstalten, sein Tier anzutreiben.

Der Hauptmann Suleimans rührte sich nicht. Er starrte mich an. »Wer bist du?« fragte er.

»Ich bin kein Kavar«, erwiderte ich.

»Er nennt sich Hakim aus Tor«, sagte Farouk.