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In Sarpedons Schänke in Lydius hatte ich das Mädchen wiedergefunden Vella, die frühere Miß Elizabeth Cardwell von der Erde. Sie hatte mich angefleht, sie zu befreien. Ich hatte sie für ihren Ungehorsam nicht getötet, sondern nur ein paarmal mit ihr geschlafen und sie dann als Sklavin zurückgelassen.

Hatte sie wirklich angenommen, daß ich sie befreien, daß ich ihrem Flehen nachgeben würde? Erst in diesem Augenblick, in Sarpedons Taverne in Lydius, erkannte ich, daß sie wirklich eine Sklavin war. Dabei hatten wir uns vor langer Zeit einmal etwas bedeutet. Ich erinnerte mich daran, daß ich sie im Delirium, unter dem Einfluß eines Giftes, gebeten hatte, mich zu lieben. Doch als ich mich später, nach meinen Erlebnissen in Torvaldsland, im heilenden Delirium des Gegenmittels von dem Gift befreite, da war es aus gewesen mit dieser Sehnsucht in alter Stärke, lachend, hatte ich sie in den Metallkragen gesteckt und zu meiner Sklavin gemacht. Gewiß, sie hatte einmal den Priesterkönigen gedient, ebenso wie ich, doch das war lange her. Inzwischen flehte sie mich an wie eine echte Sklavin und nach goreanischem Gesetz löscht ein Sklavenkragen die Vergangenheit aus. Ja, jetzt war die hübsche Vella eine Sklavin, ein für allemal eine Sklavin.

Unauffällig sah ich mich nach ihr um. Sie kniete neben dem kleinen silbernen Weingefäß mit der langen Tülle. Ihre Augen blitzten ärgerlich über den Schleier. Aber sie zu sehen war gleichbedeutend mit dem Wunsch, sie zu besitzen.

Im schnellen Rhythmus der lauter werdenden Musik wirbelte Alyena vor uns herum. Ihr Schmuck klimperte verlockend, sie tanzte dem Höhepunkt ihrer Vorstellung entgegen: urplötzlich erstarrte sie, die Musik hörte auf, im gleichen Augenblick verharrte sie reglos, mit zurückgeneigtem Kopf. Ihr Körper war schweißnaß. Als die letzten Takte der barbarischen Musik erklangen, ließ sie sich vor Ibn Saran zu Boden fallen und bot sich ihm dar. Sie atmete schwer.

Großmütig bedeutete ihr Ibn Saran aufzustehen. Sie gehorchte und blieb einen Augenblick lang vor ihm stehen.

Ibn Saran sah mich an und lächelte gepreßt. »Eine interessante Sklavin«, sagte er.

»Möchtest du ein Angebot abgeben?« fragte ich.

Ibn Saran deutete auf Suleiman, der höflich den Kopf neigte. »Ich würde auf keinen Fall gegen einen Gast in meinem Haus bieten«, sagte er.

»Und ich«, sagte Ibn Saran, »halte es nicht für höflich, gegen den Mann zu bieten, in dessen Haus ich so großzügig willkommen geheißen werde.«

»In meinem Vergnügungsgarten«, sagte Suleiman lächelnd, »habe ich zwanzig Frauen ihres Kalibers.«

»Ah«, sagte Ibn Saran und verneigte sich.

»Siebzig Lasten Dattelbarren für die Steine«, sagte Suleiman zu mir. Der Preis war fair. Auf seine Weise war er großzügig. Vorhin hatte er mit mir geschachert und auf diese Weise seine Rolle als Handelskönig der Wüste gespielt. Nun sprach er zu mir als Suleiman, Ubar und Pascha der Neun Brunnen, und setzte den Preis fest. Ich wußte, daß an diesem Preis nicht mehr zu rütteln war; Suleiman kürzte die langen Verhandlungen einfach ab.

»Du hast mir deine Gastfreundschaft erwiesen«, sagte ich, »und es wäre mir eine Ehre, wenn Suleiman Pascha diese einfachen Steine für sechzig Lasten annähme.«

Er verbeugte sich und rief einen Schreiber herbei. »Gib diesem Juwelenhändler einen Anrechtschein«, sagte er, »im Werte von achtzig Lasten Dattelbarren.«

Ich senkte den Kopf. »Suleiman Pascha ist sehr großzügig«, sagte ich. In der Ferne erklang Lärm. Stimmen brüllten durcheinander. Ibn Saran und Suleiman schienen nicht darauf zu achten.

Alyena stand mit erhobenem Kopf auf den roten Kacheln. Mit der rechten Hand streifte sie das Haar zurück.

Die aufgeregten Stimmen wurden lauter, dann ertönte das schrille Wiehern einer Kaiila ein Laut, der im Palast des Paschas der Neun Brunnen fehl am Platze war.

»Was geht hier vor?« fragte Suleiman und erhob sich mit wehender Robe.

Alyena sah sich um.

In diesem Augenblick erschien zu unserer Verblüffung eine Kampfkaiila in dem verzierten turmförmigen Portal des großen Saales. Das Tier drängte die Wächter zur Seite, und seine Hufe rutschten auf dem glatten Boden aus. Ein verschleierter Krieger in einem weiten Burnus saß im Sattel. Die Krieger stürzten vor, der Krummsäbel des Eindringlings zuckte aus der Scheide, und blutend wichen die Männer zurück, taumelten verwundet zu Boden.

Er stieß die Waffe wieder in die Scheide. Dann warf er den Kopf zurück, lachte und zog den Schleier herab, damit wir sein Gesicht erkennen konnten. Er grinste uns an.

»Es ist Hassan, der Bandit!« rief ein Wächter.

Ich zog meine Waffe und stellte mich zwischen ihm und Suleiman auf. Die Kaiila tänzelte unruhig hin und her. Der Eindringling löste eine lange Wüstenpeitsche von seinem Sattel.

»Ich will mir eine Sklavin holen!« rief er.

Die lange Zunge der Peitsche zuckte vor. Alyena stieß einen Schmerzensschrei aus. Vier Stränge der Peitsche bissen sich tief in ihr Fleisch, wickelten sich fest um ihre Hüfte. Sie war eine hilflose Gefangene der Peitsche, als Hassan sie an die Seite seiner Kaiila zerrte. Am Haar hob er sie in den Sattel.

»Lebt wohl!« brüllte er und hob grüßend die Hand. »Und vielen Dank!«

Im nächsten Augenblick zog er seine Kaiila herum. Ehe sich die Wächter auf ihn stürzen konnten, lenkte er sein Tier zu unserem Erstaunen durch eines der mächtigen Fenster. Katzengleich sprang die Kaiila ins Nichts, prallte auf ein tiefer liegendes Dach, dann ein weiteres Dach und hatte schließlich den Boden erreicht. In raumgreifendem Galopp entfernte sich der freche Eindringling vom Palast. Zahlreiche Männer drehten sich nach der überraschenden Erscheinung um.

Ich und die anderen wandten uns vom Fenster ab. Auf seinen Kissen lag Suleiman, der Pascha der Neun Brunnen. Ich eilte an seine Seite. Ich erblickte Hamid, den Leutnant Shakars. Der Mann hielt einen blutigen Dolch unter seiner Kleidung versteckt und verschwand soeben hinter einem Wandvorhang.

Ich wandte mich an Suleiman, dessen Augen weit aufgerissen waren.

»Wer hat mich verwundet?« fragte er. Seine Kissen waren blutüberströmt.

Ibn Saran zog seinen Krummsäbel. Er hatte seine Lässigkeit abgestreift. Seine Augen funkelten. Er sah aus wie ein Panther, geschmeidig, zum Sprunge bereit. Mit dem Säbel deutete er auf mich. »Er war es!« brüllte er. »Ich hab’s gesehen! Er war es!«

Ich sprang auf.

»Spion der Kavars!« brüllte Ibn Saran. »Mörder!«

Ich fuhr herum, doch auf allen Seiten umgaben mich die Klingen. »Macht ihn nieder!« brüllte Ibn Saran und schwang seinen Krummsäbel.

6

Ich hob den Kopf.

Ich nahm einen seltsamen Geruch wahr, ganz deutlich. Doch zu sehen war nichts. Ich erstarrte. Ich lehnte mit dem Rücken an der Steinmauer, die aus mächtigen Quadern bestand. Ich neigte den Kopf, so weit es ging. Ich trug einen schweren Eisenkragen, von dem links und rechts je eine kurze Kette ausging, die in Ringen an der Mauer endete. Meine Hände waren ebenfalls mit kurzen Ketten an die Mauer geschmiedet. Ich war nackt. Meine Fußgelenke waren an einem Bodenring vor mir festgemacht.

Ich lehnte mich vor, so weit es ging, und lauschte, ich saß auf dem Steinboden, auf schmutzigem Stroh. Ich blickte zur Tür, die etwa zwanzig Fuß entfernt war; sie bestand aus schweren Holzbalken, die man in Eisen gefaßt hatte. Hoch oben in der Tür befand sich ein kleines Fenster, etwa sechs Zoll hoch und achtzehn Zoll breit; diese Öffnung war mit fünf Gitterstäben gesichert worden. Ein muffiger Geruch lag in der Luft, doch die Zelle war nicht sonderlich feucht. Ein kleines vergittertes Fenster, das etwa zwölf Fuß über dem Boden lag, spendete Licht. In der schrägen Lichtbahn, die an der Wand zu lehnen schien, wirbelten Staubkörner durcheinander.