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»Was soll aus euch werden?« fragte der Mann.

»Hassan!« rief Alyena. »Hassan!«

Einer mußte aufpassen, um den günstigsten Augenblick für die Flucht abzupassen, ein zweiter mußte das Signal weitergeben.

»Hassan!« rief Alyena von unten.

Ich lächelte vor mich hin. Sie wagte es, den Namen ihres Herrn auszusprechen ein Verstoß, für den einer Sklavin Strafe drohte. Sie durfte Hassan nur mit ›Herr‹ anreden. Ich nahm an, daß Hassan sie später für dieses Vergehen zur Rechenschaft ziehen würde. Er hatte die Hand gehoben. Mit gesenktem Kopf starrte er über den Dachrand. Ich hörte eine Gruppe Kaiilareiter vorbeigaloppieren. Im nächsten Augenblick senkte er die Hand.

»Los!« brüllte ich.

Die Balken wurden herausgezogen, die beiden Torflügel schwangen auf. Den Tieren wurden die Burnusse von den Köpfen gerissen. Mit wilden Sätzen galoppierten die Kaiila aus dem brennenden Stallhof in die plötzlich erleuchtete Straße.

Wir hörten lautes Geschrei.

In Sekundenschnelle waren die Kaiila und ihre Reiter verschwunden.

»Zwei gesattelte Kaiila sind zurückgeblieben!« rief ich Hassan zu. »Beeil dich!«

»Nimm eine!« rief er. »Flieh! Es ist noch Zeit. Flieh!«

Doch ich kam seiner Aufforderung nicht nach. Statt dessen trat ich zu ihm an den Rand des Dachs.

Eine weitere Gruppe Kaiilareiter galoppierte am Gebäude vorbei. Wir behielten die Köpfe unten.

»Willst du nicht mitkommen?« fragte ich.

»Flieh!« flüsterte er. »Nein, warte!« rief er.

Im nächsten Augenblick erschienen elf Reiter unter uns in der Straße, sie trugen weite purpurgelbe Burnusse.

»Tarna!« brüllten Stimmen. »Tarna!«

Die Reiter zügelten ihre Tiere fast unmittelbar unter uns. Mehrere andere Angreifer verhielten ihre Tiere hinter der Gruppe.

»Tarna!« rief jemand.

Die Anführerin der Reiter stellte sich in den Steigbügeln auf und sah sich auf dem Schlachtfeld um.

Offiziere erstatteten Bericht. Befehle wurden ausgegeben, Männer ritten wieder davon. Die Anführerin, eine schlanke, anmutige, vitale Gestalt, stand in den Steigbügeln und schwenkte einen Krummsäbel.

»Die Brunnen?« fragte ein Mann.

»Zerstört sie!« befahl Tarna.

Der Mann galoppierte davon, gefolgt von einem Reiterschwarm. Die Anführerin setzte sich wieder in den Sattel. Ihr Burnus wehte im Wind. Die geschwungene Klinge lag quer über dem Sattelknopf.

»Vernichtet die Palmen, brennt die Gebäude nieder!« befahl sie.

»Jawohl, Tarna«, sagten die Offiziere, zogen ihre Kaiila herum und kehrten zu ihren Männern zurück.

Das Mädchen sah sich um und galoppierte mit ihrer Kaiila zur Kasbah davon. Ihr folgten die zehn Reiter, die offenbar ihre Eskorte bildeten.

»Hol deine Kaiila«, sagte Hassan eindringlich. »Flieh!« Es war heiß auf dem Dach. Die Schänke unter uns brannte lichterloh; rechts von uns züngelten die ersten Flammen durch das Dach.

»Kommst du nicht mit?« fragte ich.

»Im Augenblick halte ich es für wichtiger, mir einen dieser Kavars aus der Nähe anzuschauen.«

»Ich komme mit«, sagte ich.

»Wir haben nicht einmal das Salz geteilt«, sagte er.

»Ich begleite dich«, sagte ich.

Er sah mich einige Sekunden lang an. Dann schob er den Ärmel über seiner rechten Hand hoch. Ich drückte die Lippen auf seinen rechten Handrücken und schmeckte den salzigen Schweiß. Ich reichte ihm meinen rechten Handrücken, und er legte Lippen und Zunge dagegen.

»Verstehst du, was das bedeutet?« fragte er.

»Ich glaube schon.«

»Folge mir«, sagte er. »Wir haben eine Aufgabe, Bruder.«

Hassan und ich sprangen vom Dach, das bereits teilweise in Flammen stand, und landeten im Stallhof. Zwei Kaiila warteten dort auf uns sie tänzelten unruhig hin und her, nervös gemacht durch die Decken vor ihren Augen und den Rauch. An den Zügeln führten wir sie aus dem Hof und nahmen ihnen den Kopfschutz ab. An einer Wand lehnte die Leiche eines Schänkenjungen, von einer Lanze an die Wand genagelt. Die zwanzigste goreanische Stunde mußte längst vorbei sein, doch die Sanduhr war nicht umgedreht worden. Die Bestien verschonten auch Kinder nicht. Wir hörten das Dach der Schänke einstürzen. In der Ferne gellte Geschrei auf. Wir führten die Tiere durch die Straßen der Oase. Zweimal gingen wir Kämpfen aus dem Wege. Einmal hasteten vier Tashid-Soldaten an uns vorbei.

Als wir durch eine schmale Gasse blickten, entdeckten wir auf der Straße am anderen Ende Berittene, die miteinander kämpften. Etwa zehn Tashid-Soldaten gingen auf Kaiilarücken gegen einen Stoßtrupp der Angreifer vor. Doch die Männer wurden mit Lanzen zurückgedrängt; die Übermacht der Angreifer war zu groß. Unbarmherzig verfolgt ergriffen sie die Flucht. Die purpurgelb gekleideten Reiter setzten den Verteidigern nach. Ich erblickte Tarna, die sich im Sattel aufgerichtet hatte und ihre Eskorte säbelschwenkend zum Angriff trieb, ehe sie sich selbst der Jagd anschloß.

»Wer seid ihr?« rief eine Stimme.

Wir fuhren herum.

»Sleen der Aretai!« brüllte der Mann. Der Kaiilareiter trieb sein Tier an. Wir bremsten seine Attacke mit unseren Kaiila ab. Die Tiere quiekten und ächzten. Da wir im Sattel saßen, vermochte keiner von uns einen gezielten Schlag zu landen. Der Mann stieß einen Wutschrei aus, zog sein Tier zurück und floh in die Dunkelheit - ein geschicktes Wendemanöver. Gegen unsere Übermacht hätte er wahrscheinlich nicht viel ausrichten können.

»Der ist uns entwischt«, stellte ich fest.

»Es gibt andere«, meinte Hassan.

Sekunden später erreichten wir eine hohe Mauer aus rotem Lehm. Vor dieser Mauer standen sechs Angreifer; vier hatten die Krummsäbel gezogen.

An der Wand knieten vier nackte Mädchen von exquisiter Schönheit. Sie hatten die Hände über die Köpfe erhoben und wurden von vier Männern bewacht, während zwei Anstalten machten, die Gefangenen zu fesseln.

»Tal«, sagte Hassan höflich.

Die Angreifer wirbelten herum. Sie trugen Kleidung und Agal der Kavars. Die Sättel der in der Nähe angebundenen Kaiila schienen ebenfalls kavarischer Herkunft zu sein.

Die sechs Männer griffen uns an, wobei sich die beiden anderen, die erst noch ihre Waffe ziehen mußten, im Hintergrund hielten. Als sie uns schließlich erreichten, lagen die vier anderen bereits in ihrem Blut. Da wichen sie zögernd zurück, machten kehrt und ergriffen die Flucht. Wir verzichteten darauf, sie zu verfolgen.

Die Mädchen veränderten ihre Stellung nicht. Sie wagten es nicht einmal, den Kopf zu drehen.

Hassan küßte ein Mädchen auf den Hals. »Oh!« rief sie.

»Seid ihr Sklavinnen?« fragte er.

»Nein!«

»Dann lauft in die Wüste«, sagte Hassan.

Geduckt drehten sie sich um und versuchten ihre Blöße zu bedecken.

»Aber wir sind nackt!« rief eine.

»Lauft schon!« rief Hassan und versetzte einer hübschen Brünetten einen Schlag mit der flachen Klinge.

»Oh!« rief sie und rannte davon. Die anderen folgten ihr und waren gleich darauf in der Dunkelheit verschwunden.

Wir lachten.

»Hübsche Geschöpfe«, meinte Hassan. »Vielleicht hätten wir sie behalten sollen.«

»Vielleicht«, sagte ich. »Aber dies ist kaum der richtige Augenblick, sich ein paar Sklavinnen zuzulegen.«

»Außerdem waren sie zu jung«, meinte Hassan. »In zwei Jahren sind sie etwas reifer für das Sklavenleben.«

»Sollen andere ihren Spaß mit ihnen haben«, sagte ich.

Er zuckte die Achseln. »Es gibt immer genug junge schöne Mädchen.«

»Das stimmt.«

Er betrachtete unsere toten Gegner im Licht der Monde und einer Fackel an der Mauer gegenüber.

»Hier«, sagte Hassan und kniete neben einem der Toten nieder. Ich ging zu ihm. Hassan streifte den linken Ärmel empor.

»Ein Kavar«, sagte ich. Auf dem Unterarm schimmerte der blaue Krummsäbel.

»Nein«, widersprach Hassan. »Schau mal. Die Spitze des Säbels krümmt sich nach innen, zum Körper hin.«