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»Nein«, hatte Hassan erwidert. Er warf seine Waffen fort und stieg ab. Ich folgte seinem Beispiel.

Man legte uns Stricke um die Hälse und fesselte uns die Hände auf dem Rücken.

Zwischen unseren Bewachern trabten wir dann dahin auf die größere der beiden Kasbahs zu, nur etwa zwei Pasang von Tarnas Festung entfernt. Unser Weg war also nicht weit.

Vor dem großen Tor hielten wir an. Die Mauern waren über siebzig Fuß hoch. Siebzehn massive Wehrtürme ragten bis zu neunzig Fuß empor. Die vordere Mauer war etwa vierhundert Fuß lang; die Seitenmauern ungefähr vierhundertfünfzig Fuß. Die Mauern solcher Wüstenkasbahs sind im allgemeinen mehrere Fuß dick und bestehen aus Steinen und Lehm; die Mauern dieser Kasbah waren außerdem wie bei den meisten vergleichbaren Bauwerken mit einer hellrosafarbenen Putzschicht versehen, die sich unter dem Einfluß der Hitze an zahlreichen Stellen gelöst hatte.

»Du bist Tarl Cabot«, sagte der Anführer der Männer, die uns gefangengenommen hatten.

Ich zuckte die Achseln. Hassan sah mich an. »Und du«, wandte sich der Mann an Hassan, »bist Hassan der Bandit.«

»Möglich«, räumte mein Freund ein.

»Ihr werdet diese Kasbah als nackte Gefangene betreten«, sagte der andere.

»Was? Schon wieder?« protestierte ich.

Man entkleidete uns mit schnellen Hieben der Krummsäbel. Nackt und gefesselt standen wir im Sand und blickten zu den eindrucksvollen Mauern empor. Das Mondlicht schimmerte auf dem alten Verputz.

Zwei Kaiila schnaubten und stampften im Sand herum.

Das schwere Tor öffnete sich in der Mitte; langsam schwangen die Torflügel zurück.

Wir wandten uns der Öffnung zu.

»Ihr beiden habt uns viel Ärger gemacht«, sagte der Reiter. »Damit ist es nun vorbei.«

Hinter dem Tor erblickten wir einen hellen Hof, erleuchtet durch Öllampen an den Mauern.

»Wessen Kasbah ist denn das?« fragte ich.

»Es kann nur die Kasbah des Wächters der Dünen sein«, erwiderte Hassan.

»Des Salz-Ubars?« fragte ich.

»Richtig«, sagte Hassan und nickte.

Natürlich hatte ich schon von dem Salz-Ubar gehört, der auch Wächter der Dünen genannt wird. Der Standort seiner Kasbah ist geheim. Außer seinen Männern wissen vermutlich nur wenige hundert Menschen, wo diese Festung zu finden ist, vordringlich wichtige Kaufleute der Salzbranche und auch aus diesem Kreis mochten nur wenige den genauen Standort kennen. Zwar läßt sich Salz auch aus Salzwasser oder durch Verbrennen von Tang gewinnen, wie es manchmal in Torvaldsland geschieht, außerdem gibt es auf Gor verschiedene Regionen, wo Salz in fester Form vorkommt doch die ausgedehntesten und ergiebigsten Salzvorkommen dieser Welt finden sich in der Tahari. Meiner Schätzung nach deckt die Tahari mit verschiedenen Salzsorten etwa zwanzig Prozent des goreanischen Salzhandels und verwandter Gebiete ab wie etwa Arzneien und Antiseptika, Konservierungsstoffe, Reinigungsmittel, Bleichmittel, Flaschenglas, welches Natriumkarbonat enthält, das man aus Salz gewinnt, und Färbechemikalien. Salz ist eine ausgezeichnete Handelsware. Es gibt Gegenden auf Gor, in denen Salz als Währung dient und als Zahlungsmittel ausgewogen wird ähnlich wie ein Edelmetall. Der Hauptschutz für das Taharisalz liegt natürlich in der Abgeschiedenheit der Gewinnungsorte; es gibt mehrere Salzdistrikte, die im Dünenland verstreut sind und die nur durch lange Karawanentrecks erreichbar sind. Der wichtigste Sicherheitsfaktor ist jedoch die Tatsache, daß nur die Einheimischen sich in der Wüste auskennen. Ein weiterer wichtiger Schutz des Salzhandels ist der Salz-Ubar, der Wächter der Dünen. Die Kasbah des Salz-Ubars wird aus Zuwendungen führender Salzhändler unterhalten, die sich diese Zahlungen natürlich durch die weniger wichtigen Zwischenhändler erstatten lassen. Die Funktion des Salz-Ubars war offiziell also die Verwaltung und Kontrolle der Salzdistrikte im Auftrag der Salzhändler der Tahari in erster Linie durch Regelung des Zugangs zu den Gebieten, durch Überprüfung der Papiere und Ausweise von Händlern, durch Inspektion von Karawanen und durch die statistische Erfassung des Handels und dergleichen.

Zum Beispiel reisen Karawanen zwischen dem Roten Felsen und bestimmten anderen Oasen in Begleitung einer Eskorte des Wächters der Dünen zu den Salzbezirken. Übrigens pendeln viele Karawanen nur zwischen den Salzgewinnungsorten und den Oasen in der Nähe hin und her, während andere den Weitertransport zu fernen Zielen übernehmen, oft bis Kasra oder Tor. Natürlich gibt es auch Karawanen, die von den fernen Abnehmerorten bis direkt in die Salzregionen vorstoßen und sich auf die Gefahren und Unbequemlichkeiten einer solchen Wanderung durch das Dünenland einlassen; andererseits ersparen sie sich damit die höheren Kosten einer Übernahme von Salz aus den Lagerhäusern in den Oasen der Tahari. Natürlich werden auch diese Karawanen im Dünenland von den Wächtern der Dünen begleitet.

Der Wächter der Dünen erwirbt sich seinen Titel als Salz-Ubar allerdings nicht durch eine gehorsame Verwaltung der Salzregionen unter dem Einfluß der Salzhändler. Es gibt Gerüchte und ich zweifle nicht an ihrem Wahrheitsgehalt , wonach der Salz-Ubar und nicht die Händler das Salz der Tahari kontrollieren. Nach außen hin ein Polizeichef der Tahari-Kaufleute, ist er in Wirklichkeit ein mächtiger Mann in seiner Kasbah, ein Anführer wilder Krieger, ein raffinierter und skrupelloser Mann, der den Salzhandel der Tahari im Griff hat. In seinem Reich ist er der oberste Richter. In den Dünen ist er der Ubar, und die Kaufleute unterwerfen sich seinem Willen. Der Wächter der Dünen ist einer der gefürchtetsten Männer in der Tahari.

»Kniet nieder, ihr Sklaven!« sagte der Reiter, der Anführer der Männer, die uns gefangengenommen hatten.

Hassan und ich gehorchten.

»Küsse den Sand vor dem Tor eures Herrn«, befahl der Mann. Hassan und ich drückten unsere Gesichter in den Sand vor dem offenen Riesenportal.

»Hoch mit euch, Sklaven«, sagte der Mann. Hassan und ich richteten uns auf.

»Ihr habt uns viel Ärger gemacht, Sklaven«, fuhr der Reiter fort. »Damit ist nun Schluß.«

Ich spürte die Spitze eines Krummsäbels im Rücken. »Bringt die Sklaven vor ihren Herrn«, ertönte der Befehl.

»Wie heißt der Salz-Ubar?« wandte ich mich an Hassan.

»Ich dachte, jeder wüßte seinen Namen«, erwiderte mein Freund.

»Nein«, sagte ich. »Wie heißt er denn?«

»Abdul.«

Schwer bewacht betraten Hassan und ich die Kasbah des Wächters der Dünen, des Salz-Ubar, des Mannes, der Abdul hieß.

Herrlich ausgestattet waren die Säle und Flure der Kasbah Abduls. Kostbar und glatt schimmerten die vielfarbigen Kacheln und die goldenen Wandbehänge, anmutig gestaltet waren die Säulen, verziert die Zwischenwände und Schmuckleisten, hell und raffiniert die stilisierten Blumeneinlagen, die geometrischen Mosaike. Riesige Goldgefäße schimmerten matt im Licht der Lampen, während wir durch die Gänge schritten, auf unserem Weg in die oben liegenden Räume. Mannshohe Vasen aus rotem und gelbem Porzellan säumten einen Korridor im Obergeschoß, Importe aus den Töpfereien von Tyros. Perlenvorhänge wurden vor uns geöffnet, zahlreiche prunkvolle Portale blieben hinter uns zurück.

Wir beschmutzten den blitzenden Boden nicht und trugen auch keinen Sand in den Palast. Am Fuße der großen marmornen Wendeltreppe, die in das Obergeschoß führte, blieben wir mit unseren zwölf Wächtern stehen. Kniende Sklavinnen zogen unseren Begleitern die Wüstenstiefel aus und machten sich daran, ihnen mit Veminiumwasser die Füße zu reinigen. Das Abtrocknen besorgten Mädchen. Anschließend bekamen die Männer weiche, flache Schnabelschuhe verpaßt. Auch Hassan und mir wurden die Füße gewaschen. Das Mädchen, das mich versorgte, hatte langes, fast schwarzes Haar. Einmal blickte sie zu mir empor. Ihrem Aussehen nach hätte sie einer hohen Familie aus Ar entstammen können hier war sie nur eine Sklavin der Tahari. Sie senkte den Blick und beendete ihre Arbeit.

»Dort hinein«, sagte der Anführer der Männer. Wir standen vor einem großen Portal, das sich nach oben hin in anmutigem Schwung erweiterte und sich in sanftem Bogen zu einer Spitze hin verjüngte. Dieser Durchgang lag am Ende unseres Weges.