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»Der Punkt geht an Baroum«, sagte Hamid. Der zweite Mann hatte eindeutig am besten getroffen.

»Wir brauchen vielleicht nicht ganz mitzureiten«, sagte einer der Wächter.

»Unser Wasser reicht für den Ritt zurück«, meinte ein anderer, »wenn wir nicht aufgehalten werden.«

Zu meiner Verblüffung öffnete einer der Wächter die Hüftkette eines Gefangenen, der schon keinen Halskragen und keine Sklavenhaube mehr trug.

Aus halb geöffneten Augen blickte ich mich um. Ich vermochte mich kaum auf den Beinen zu halten. Langsam zählte ich. Zwanzig Gefangene standen noch auf der Kruste. Ich erschauderte. Diese Bestien!

Hamid ritt herbei. Er hatte seine blutige Klinge an der Mähne der Kaiila saubergewischt, und steckte sie in die Scheide. Ich spürte die Hitze. Wir standen auf einer Anhöhe und sahen in ein breites, flaches Tal. Hamid beugte sich zu mir. »Dort«, sagte er und deutete in die Senke hinab. »Siehst du’s?«

»Ja«, erwiderte ich.

Dort unten, etwa fünf Pasang entfernt, lagen in der weißen Senke flache weiße Lehmgebäude. Es waren sehr viele. Sie waren bei dem grellen Licht in der Ferne kaum auszumachen, doch ich erblickte ihre Umrisse.

»Klima«, sagte Hamid.

»Ich habe den Marsch nach Klima geschafft«, sagte einer der Gefangenen begeistert. »Ich habe den Marsch nach Klima geschafft!« Er war der Mann, der viele Tage die Wächter angefleht hatte, sie sollten uns töten.

Ich sah mich im Kreise der Gefangenen um. Wir musterten uns gegenseitig. Unsere Körper waren von der Sonne schwarz gebrannt. An manchen Stellen war die Haut förmlich aufgebrochen; wie Rinde, in den Spalten zeigte sich hellerfarbenes Fleisch. Wir waren salzverkrustet, besonders an den Beinen. Der Lederschutz um unsere Beine hing in Fetzen herab. Unsere Hälse und Körper waren zerschunden, rot vom Scheuern der Kragen und Kettenglieder. In den letzen Tagen hatte man uns kein Salz mehr gegeben. Unsere Körper waren geplagt von Krämpfen und Schwäche. Doch wir hielten uns aufrecht, wir trugen den Kopf hoch, denn wir hatten den Marsch nach Klima geschafft. Zwanzig Mann hatten das Ziel des Marsches erreicht.

Der erste Gefangene, der Fesseln ledig, wurde auf die Gebäude zugeschoben. Er begann den Hang hinab ins Tal zu taumeln; immer wieder glitt er auf der Kruste aus und brach bis zu den Knien in die weißen Schichten ein.

Einer nach dem anderen wurden die Gefangenen befreit. Niemand versuchte in die Wüste zu fliehen. Jeder der Männer setzte sich in Richtung Klima in Bewegung. Es gab kein anderes Ziel.

Der Mann, der gerufen hatte: »Ich habe den Marsch nach Klima geschafft!« wurde freigelassen. Er taumelte halb rennend, halb fallend den langen Hang hinab.

Hassan und ich wurden ebenfalls befreit. Gemeinsam schritten wir auf Klima zu; in aller Ruhe folgten wir der auseinandergezogenen Kette der Männer vor uns.

Wir erreichten eine Gestalt, die im Salz lag. Es war der Mann, der sich freudig ereifert hatte: »Ich habe den Marsch nach Klima geschafft!«

Wir drehten ihn um. »Er ist tot«, sagte Hassan.

Gemeinsam richteten wir uns wieder auf. Nur neunzehn Mann hatten Klima erreicht.

Einmal sah ich mich um und erblickte Hamid, einen Wächter der Dünen, einen Getreuen des Salz-Ubar. Er zog seine Kaiila herum und verschwand inmitten aufgewirbelter Salzkristalle hinter der Anhöhe. Ich schaute in die gnadenlose Sonne. Sie schien den Himmel zu füllen. Um mein linkes Handgelenk, sicher verknotet, ausgebleicht von der Sonne, zog sich ein Stück Sklavenseide. Noch immer war ein Hauch des Sklavenparfums zu spüren. Ich würde die hübsche Vella nicht so schnell vergessen.

Doch zunächst schlug ich mir das Mädchen aus dem Kopf. Sie war nur eine Sklavin.

Wichtig war meine Arbeit für die Priesterkönige. Hassan und ich hatten den Stahlturm nicht gefunden. Wir hatten versagt...

Ein Gefühl der Verbitterung erfüllte mich.

Dann folgte ich Hassan, der schon durch das Salz vorausgeschritten war, folgte ihm nach Klima.@

13

In Klima und ähnlichen Gebieten ist das Salz eine Industrie. Hier arbeiten Tausende von Menschen, Gefangene der Wüste. Klima besitzt eine eigene Wasserquelle, hängt jedoch hinsichtlich der Nahrungsmittel von Karawanen ab. Die Vorräte werden an vorher festgelegte Orte geliefert, welche einige Pasang von den Unterkünften entfernt liegen; von dort werden sie später durch Salzsklaven abgeholt. Auf dem umgekehrten Wege wandern die schweren Salzzylinder, die in Klima gepreßt werden, auf dem Rücken der Salzsklaven von den Lagerbezirken in Klima zu Lagerplätzen in der Wüste, wo sie an die Karawanen verteilt und verkauft werden. Die Zylinder sind mit zehn Stein standardisiert das entspricht dem Gewicht einer goreanischen ›Last‹, etwa zwanzig irdische Kilogramm. Eine normale Kaiila vermag etwa zehn solcher Zylinder zu tragen, fünf auf jeder Seite. Ein kräftiges Tier schafft sogar bis zu sechzehn Zylinder. Der größte Teil des Salzes aus Klima ist weiß, doch gewisse Gruben fördern auch rotes Salz; die Farbe rührt von Eisenoxyd in der Grundmasse her; dieses Salz wird später als das Rote Salz von Kasra verkauft, so benannt nach dem Verschiffungshafen am Zusammenfluß des Oberen und des Unteren Fayeen.

Aus Gors geologischer Vergangenheit scheinen die Salzregionen ähnlich verstreuten Pfützen kristalliner Überreste die Überbleibsel eines oder mehrerer riesiger ausgetrockneter Binnenmeere zu sein. Durchaus möglich, daß sich in ferner Vergangenheit ein Arm des Thassa bis hierher erstreckte und später vielleicht durch seismische Bewegungen oder Kontinentalverschiebungen vom Hauptteil des Ozeans abgetrennt wurde, woraufhin eine oder mehrere kleinere Salzwassermeere gebildet wurden. Vielleicht waren die Meere auch von vornherein unabhängig voneinander und wurden aus Flüssen gespeist, welche über Millionen von Quadratpasang hinweg das angesammelte Salz vom Felsgestein abwuschen. Ich wußte es nicht. In den Salzbezirken ist das Salz entweder in fester Form oder als Lösung anzutreffen. Klima ist bekannt für seine flüssigen Salzgruben. In fester Form ist Salz über wie auch unter dem Boden anzutreffen. Mit dem Verschwinden des Meeres und der Verschiebung der Bodenschichten wurden in manchen Gegenden Kubikpasang aus Salz in granitähnlichen Formationen zusammengepreßt, durch die man Tunnel graben kann. Diese Vorkommen befinden sich zum Teil tief unter der Taharioberfläche. Die Abbaumannschaften leben manchmal wochenlang dort unten. In anderen Gebieten liegen feste Salzvorkommen an der Oberfläche und werden im Tagebau oder wie Steinbrüche nutzbar gemacht. Salzberge dieser Art erreichen zuweilen eine Höhe von über sechshundert Fuß. In Klima jedoch ist der größte Teil des Salzes flüssig. Dabei handelt es sich um die unterirdischen Überreste der verschwundenen Meere, die in dieser Form fortbestehen, durch die tiefe Lage vor der Hitze geschützt, durch uralte Sickerflüsse gespeist Überreste ehemaliger mächtiger Ozeane, die vor langer Zeit an der goreanischen Oberfläche tobten. Das gelöste Salz wird auf zwei Arten gewonnen indem man danach bohrt und es herausspült, im Falle der tiefen Ablagerungen, indem man Sklaven in die Tiefe schickt, die die Lösung heraufholen. Beim Bohren und Heraufspülen werden zwei Systeme angewendet: das Innenrohrsystem und das Doppelrohrsystem. Beim Innenrohrsystem wird durch eine Außenröhre frisches Wasser in die Ablagerung hinabgepumpt, woraufhin die schwerere Lösung aus Salz und Wasser blubbernd durch die zweite Röhre emporsteigt, welche sich innerhalb des größeren Rohrs befindet. Beim Doppelrohrsystem sind die beiden Leitungen mehrere Meter voneinander entfernt - durch eine Röhre wird frisches Wasser hinabgepumpt, die Salzwasserlösung - das Salz hat sich im frischen Wasser aufgelöst - wird durch die andere Leitung emporgeschwemmt. Das zweite System gilt bei den meisten Salzmeistern als das wirksamste. Ein Vorteil des Innenrohrsystems besteht allerdings darin, daß man nur eine Bohrung vornehmen muß. Beide Systeme erfordern natürlich intensives Pumpen.