Der Kur bewegte sich ungemein geschickt für seine Größe; an langen Armen schwang er sich von Rohr zu Rohr und kam mir immer näher. Als er meine Höhe erreichte, versuchte ich nach oben zu klettern, wobei ich mich ebenfalls an Röhren festklammerte, die sich an der Seitenwand entlangzogen. Die Hand des Kur legte sich um mein Fußgelenk; rücksichtslos wurde ich von den Röhren fortgezerrt. Der Kur schleuderte mich in die Luft und gegen die Schiffshülle, und ich stürzte etwa zehn Fuß tief auf die Reste einer verbogenen und eingerissenen Zwischenwand; dort prallte ich ab und landete fünf Fuß tiefer in einem Haufen Metallschrott. Ich kroch auf Händen und Knien zur Seite; der Kur kam näher. Unter einigen Röhren entdeckte ich plötzlich den Ring. Ich ließ mich auf den Bauch fallen und versuchte, das kostbare Stück zu erreichen. Es war doch zu weit entfernt. Verzweifelt richtete ich mich auf. Der Kur starrte herab; er hatte den Ring ebenfalls entdeckt. Ich wich zurück und stolperte. Als ich den geneigten Schiffszylinder emporblickte, machte ich über mir, etwa zwanzig Meter entfernt, sechs Rundskalen aus. Der Kur senkte die langen Arme. Ich beugte mich über den Haufen aus Drähten und Metallstücken. Der Arm des Kur war lang genug, um den Ring zu erreichen, doch die Röhren waren zu dicht nebeneinander angeordnet; der Arm paßte nicht hindurch. An Vorsprüngen und Röhren begann ich emporzuklettern mein Ziel waren die Rundskalen. Der Kur packte die Röhren, um sie auseinanderzubiegen. Er hatte sie etwa zehn Zentimeter weit auseinandergezogen, als er den Kopf hob und mich erblickte. Er stimmte ein lautes Wutgeheul an. Der Ring war vergessen, er begann augenblicklich in meine Richtung zu klettern, schnell und zielstrebig.
Ich hockte auf einem Stahlträger, der quer durch den Zylinder führte auf gleicher Höhe befanden sich die sechs Anzeigeinstrumente. Die ersten vier Skalen bewegten sich nicht. Die beiden letzten waren noch in Bewegung. Jedes Zifferblatt verfügte über einen einzigen Zeiger und war in zwölf Einheiten unterteilt. Die Zeiger der ersten vier Instrumente standen senkrecht. Ich vermochte die Ziffern auf den Geräten nicht zu erkennen. Vermutlich entsprach die senkrechte Stellung unserer Null. Jedenfalls war dies offenbar die Stellung, in der die Geräte die Arbeit einstellten.
Das erste Instrument verzeichnete so etwas wie Monate, das zweite Wochen, das dritte Tage, das vierte Stunden. Ich wußte nicht, wie schnell die Umdrehung des Heimatplaneten der Kurii war. Ich bezweifelte aber nicht, daß diese Bewegung für die Einrichtung der Instrumente ausschlaggebend gewesen war.
Mit den Zähnen entfernte ich die Isolierung von einem Stück Draht, das ich aus dem Abfallhaufen mitgenommen hatte. Aus dem ungeschützten Ende des Drahtes machte ich eine Schlinge. Als der Kur in meine Nähe kam, wobei er mir seinen Rücken zugewendet hatte, fing ich den mächtigen pelzigen Kopf in der Schlinge und zog sie fest zu. Das Wesen zupfte mit seinen mächtigen Fingern an dem dünnen Draht, vermochte jedoch nicht darunter zu greifen. Ich warf mich rücklings von dem Stahlträger, woraufhin der Draht den Kur von der inneren Schiffswandung fortzog, bis er zappelnd im Leeren hing, wobei ich einige Fuß unter dem Geschöpf baumelte. Der Kur versuchte mit den Tatzen zu greifen, konnte jedoch nirgendwo Halt finden. Er versuchte den Draht festzuhalten und daran emporzuklettern oder den Druck um den Hals auf andere Weise zu mindern, doch die Pfoten glitten an dem dünnen Draht ab. Gleich darauf begann mich das Gewicht des Kur nach oben zu ziehen. Meine Hände waren im isolierten Teil des Drahtes verankert. Als ich mich dem Kur näherte, stieß ich mich mit den Füßen kräftig von ihm ab, um seinen Klauen zu entgehen.
Im nächsten Augenblick war ich über dem Kur; das Gewicht des Wesens zog mich zur Stahlstrebe zurück. Die Schultern des Kur waren inzwischen rot von Blut, das ihm pulsierend aus dem Hals quoll. Kopfüber, die Füße gegen die Strebe gepreßt, stemmte ich mich gegen das Gewicht und versuchte den Kur festzuhalten. Plötzlich riß der Draht, und zwar in dem Moment, als ich mich fast waagerecht zur Metallstrebe befand und versuchte, das Gewicht des Kur zu halten, um nicht über die Strebe gezogen zu werden.
Meine Beine, urplötzlich des mächtigen Zugs beraubt, schleuderten mich rückwärts fast auf die andere Seite des Schiffes. Ich glitt einige Fuß weit hinab, ehe ich mich an einigen Leitungen festhalten konnte. Der Kur stürzte in die Tiefe; prallte mehrmals auf, ehe er im untersten Teil des Schiffes aufprallte.
Ich starrte auf die Rundskalen. Der Zeiger des fünften Ziffer blatts stand fast schon senkrecht.
Draußen war Nacht. Der Sturm tobte noch immer.
Die Instrumente waren durch dickes Glas geschützt. Ich stieg wieder zu dem Stahlträger hinauf, von dem aus ich den Kur gefangen hatte. Ich kam nicht an die Instrumente heran.
Verzweifelt sah ich mich um. Ich konnte die Geräte nicht aufhalten! Zu meinem Entsetzen rappelte sich unter mir der blutüberströmte Kur auf. Das Geschöpf schien unbesiegbar zu sein. Langsam begann es wieder zu klettern. Ich sah das emporgewandte Gesicht, die blitzenden Augen, die spitzen Zähne, die zurückge legten Ohren. Hand um Hand zog es sich empor.
Ich ergriff eine schmale Röhre über meinem Kopf und zerrte daran. Das Rohr enthielt Drahtleitungen. Verzweifelt versuchte ich das Gebilde von der Schiffswand zu lösen. Doch damit kam ich nicht weit.
Das Ungeheuer kam immer näher.
Ich zerrte an dem Rohr, kriegte es endlich los. Plötzlich erstarrte der Zeiger der fünften Skala. Daraufhin begann sich das sechste Instrument im Gegenuhrzeigersinn auf die vertikale Stellung zu zubewegen. Vermutlich blieben mir nur noch wenige Sekunden Zeit. Ich hieb mit dem Rohr nach dem sechsten Instrument, immer wieder holte ich aus und zerbrach schließlich das Glas. Der Kur war knapp einen Meter unter mir. Er versuchte mit letzter Kraft den Kopf zu heben und mich zu packen. Der Blutstrom am Hals versiegte. Das Wesen war tot. Seine Tatzen lösten sich von dem Leitungsgewirr an der Schiffswandung, und es stürzte von neuem in die Tiefe.
Wie einen Speer rammte ich die dünne Röhre mitten in das Instrument. Gleich darauf traf der sechste Zeiger gegen dieses Hindernis und verharrte ein kurzes Stück vor der senkrechten Marke.
Ich lag auf dem Stahlträger, begann zu schluchzen und bekam schon Angst, daß auch ich abstürzen würde.
Als ich mich wieder zu rühren wagte, verließ ich schnell das Schiff. Der Sturm hatte nachgelassen. Im Sand fand ich den Kur, mit dem ich die Wanderung in die Tahari unternommen hatte.
»Wir haben unser Ziel erreicht«, sagte ich zu ihm.
Doch er war bereits tot.
Ich kehrte zum Schiff zurück, wo ich ausreichend Nahrung und Wasser fand. In den nächsten Tagen machte ich mich daran, mit aller Sorgfalt einige Bauteile des Schiffes auseinanderzunehmen und unschädlich zu machen. Zu gegebener Zeit würden die Priesterkönige das Schiff finden und es ein für allemal entschärfen. Ich holte den Kur aus der Stahlröhre und begrub ihn Seite an Seite mit seinem Artgenossen.
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20
Ich hockte zwischen den Antriebskammern, gut zwanzig Meter über dem Boden, hoch auf dem Schiff, das sich tief in den Sand der Tahari gebohrt hatte. Die Düsen, die nach oben hin offen waren, enthielten Sand. Zwischen ihnen hatte ich einen Sonnenschutz errichtet. Zugang verschaffte ich mir mit Hilfe eines Seils. Von hier oben konnte man mehrere Pasang weit sehen, und ich erblickte die beiden näherkommenden Reiter rechtzeitig.