»Das wußte ich nicht, Herr«, sagte sie.
Ich warf sie auf den Rücken ins Stroh und nahm sie. Als ich fertig war, sagte ich: »Ich werde jetzt ein Stündchen schlafen. Du machst inzwischen das Zimmer sauber.«
»Jawohl, Herr«, sagte sie.
Während ich schlief, machte sie sich mit Bürste, Tuch und einem Eimer Wasser ans Werk. Zitternd sah sie zu, wie ich schließlich ihre Arbeit inspizierte. »Zufriedenstellend«, sagte ich, und sie atmete auf. Als ich schließlich ging, ließ ich sie mit zusammengeketteten Füßen zurück, so daß sie nicht aufstehen konnte. Ich suchte die Cafes auf, um Informationen aufzuschnappen. Ich mußte wissen, wie die Menschen hier fühlten und dachten. Ähnlich wie die Pagatavernen des Nordens sind die Cafes das beste Mittel, sich mit den Gegebenheiten einer unbekannten Stadt vertraut zu machen und die letzten Neuigkeiten zu erfahren.
Auf meinem Rundgang wurde mir klar, daß sich eine Auseinandersetzung zwischen den Stämmen der Kavars und der Aretai anbahnte. In letzter Zeit war es wiederholt zu Überfällen gekommen. Wenn es zwischen den beiden Krieg gab, dann wurden auch die verbündeten Stämme mit hineingezogen die Char, die Kashani, die Ta’Kara, die Raviri, die Tashid, die Luraz und die Bakahs: dann konnte sich kein Teil der Tahari den Kriegswirren entziehen.
Ich bin zwar ein Angehöriger der Kriegerkaste, doch gefiel mir die Aussicht auf einen umfassenden Konflikt in diesem Wüstengebiet nicht besonders so etwas konnte meine Arbeit nur erschweren.
Ich war spät in mein Zimmer zurückgekehrt. Ich hatte gut gegessen Verrfleisch am Spieß mit Pfeffer und Larmascheiben, Vulogulasch mit Rosinen, Nüssen, Zwiebeln und Honig und eine Kort mit zerschmolzenem Käse. Nach der Mahlzeit gab es heißen gesüßten Bazi-Tee und turischen Wein. Meine Sklavin vergaß ich natürlich nicht. Ich warf ihr einige Brotkrusten hin, die sich das Mädchen gierig in den Mund stopfte.
Ich verließ die Marktstraßen und betrat eine Gasse mit zahlreichen Läden und Verkaufsständen.
»Die Aretai werden sich das nicht gefallen lassen«, hörte ich einen Mann zu einem anderen sagen.
Ich blieb vor einem Verkaufsstand stehen, an dem leichte Gehketten für Sklaven verkauft wurden. Ich erstand ein Paar für Miß Blake-Allen. Wenig später kam ich an der Tür eines Sklavenhändlers vorbei und erblickte in einem der schmalen Fenster ein Mädchen. Sie hatte das Gesicht gegen die Gitterstäbe gepreßt. Ich warf ihr nach goreanischer Art einen Handkuß zu.
Ich starrte in einen Laden, in dem ein Töpfer arbeitete. An seiner Seite saß ein kleiner Junge inmitten zahlreicher unfertiger Gefäße und strich vorsichtig mit den Fingern blaue Pigmentfarbe auf den Ton. Sobald der Krug in den Brennofen geschoben wurde, verhärtete sich die Farbe zu einer schimmernden Glasur. Die Öfen befanden sich im hinteren Teil der Werkstatt.
»Die Kavars sind schon dabei, Kämpfer zusammenzurufen«, sagte jemand.
Die Teppiche Gors sind von bester Qualität. Ich nahm mir die Zeit, mehrere Exemplare anzuschauen, die zum Verkauf aushingen. An manchen Teppichen müssen fünf Mädchen über ein Jahr lang arbeiten. Die Muster werden in den Familien weitervererbt. Da und dort waren an langen Gestellen dicke, frisch gefärbte Wollknäuel zum Trocknen aufgehängt. Die Wollkämmer und Färber sind übrigens Unterkasten, die sich von den Webern gelöst haben. Die Weber wiederum sind eine Unterkaste der Teppichmacher, die ihrerseits als Untergruppe der Tuchmacher gelten.
Ich kam an einem jungen Mann vorbei, der damit beschäftigt war, ein Intarsienmosaik zu vervollständigen; es folgten der Laden eines Silberschmieds und Verkaufsstände voller Körbe, die zum Teil eine erstaunliche Größe hatten. Ein Stück weiter hingen gegerbte Lederhäute, frisch gefärbt und in den verschiedensten Farben. Daneben wurden Djellabas und Burnusse angeboten. Im Gegensatz zu einem Burnus kann eine Djellabah wegen der Ärmel nicht zurückgeworfen werden. Ein Kaiilareiter, der mit Krummsäbel und Lanze hantieren muß, wählt grundsätzlich den Burnus, weil er darin eine größere Bewegungsfreiheit hat.
Ich kam an einem weiteren Stand vorbei, in dem Matten verkauft wurden. Es gibt verschiedene Verwendungsmöglichkeiten für diese Matten, manchmal senkrecht stehend als Trennwände, doch meistens waagerecht als Unterlage zum Sitzen oder Schlafen. Die Matten lassen sich fest zusammenrollen und nehmen in dieser Form nur wenig Platz ein. Ich entdeckte in den Auslagen einige grober gestaltete Sklavenmatten und auch eine Unterwerfungsmatte, auf der die Sklavin ihren Herrn erwartet, wenn er sie zu beschlafen geruht. Ich sah Halstücher und Bauchbinden, Schleier und Haiks, Chalwars und Roben, Sandalen und Kaftans und Schnüre für Agals. Es folgten die Tuchhändler mit ihren Seidenstoffen und Reptuchrollen. In einem anderen Laden wurde ein Sklavenmädchen verkauft. Ich schaute eine Zeitlang zu, wie sie vor den potentiellen Käufern tanzte, und wandte mich schließlich ab.
Ich roch Veminiumöl. Die Blütenblätter der Veminium, der ›purpurnen Veminium‹ und der blauen Thentisveminium, werden in Wasser gekocht. Der emporsteigende Dampf wird zu einem öl kondensiert, welches dazu dient, Wasser zu parfümieren. Dieses Wasser wird nicht getrunken, sondern in den Haushalten der Mittel und Oberschicht dazu verwendet, vor und nach dem Abendessen die Eßhand zu reinigen. Da und dort machte ich kleine Einkäufe.
Zweimal kamen mir Doppelpatrouillen von Wächtern in weißen Roben mit roten Schärpen und Krummsäbeln entgegen - die torische Polizei. Kaum fünf Schritte hinter ihnen sah ich, wie ein zerlumpter Dieb einem Kaufmann die Börse aufschlitzte, den Inhalt in die ausgestreckte Hand fallen ließ und blitzschnell in der Menge verschwand. Der Kaufmann hatte nichts gemerkt. Ich selbst bewahrte mein Vermögen in Gürteltaschen auf und führte nur das Nötigste in einer kleinen Geldbörse bei mir. Vorsichtig griff ich nach dem Beutel. Es war alles in Ordnung. Andere Diebe waren nicht so erfolgreich gewesen. Mehrere abgehackte rechte Hände hingen verschrumpelt an einem Anzeigebrett, das normalerweise für die Bekanntgabe von Salzpreisen benutzt wurde. Es waren nur Männerhände. Erwischt man in Tor eine Diebin, wird sie sofort zur Sklavin gemacht.
Ich sah mich um. Schon zum zweitenmal fielen mir einige Männer auf. Es waren nur vier.
Ich trat zur Seite, als eine Gruppe männlicher Sklaven vorbeigeführt wurde. Ihr Ziel waren die Salzgruben der Tahari, die den größten Teil des Karawanensalzes lieferten.
Miß Blake-Allen wohnte nicht mehr bei mir in dem kleinen Zimmer. Sie befand sich nun in den öffentlichen Gehegen Tors, deren Sklavenmeister sich gegen Zahlung einer Gebühr bereit erklärt hatte, das Mädchen in die Geheimnisse des Sklavendaseins einzuweihen.
»Alyena«, sagte ich zu ihr diesen Namen hatte ich ihr in Anlehnung an ihren irdischen Namen Blake-Allen gegeben. »Alyena, ich verkaufe dich nicht. Du befindest dich hier in den öffentlichen Sklavengehegen Tors. Du wirst hier Unterkunft erhalten und trainiert werden. Man wird dir die goreanische Sprache beibringen, die du wie ein Kind lernst, ohne Übersetzung. Und du wirst sie schnell lernen. Auch wird man dich unterweisen, wie du dich als Sklavin zu bewegen hast.«
»Ja«, flüsterte sie, »Herr.«
»Wenn du dich widerspenstig anstellst«, fuhr ich fort, »oder begriffsstutzig, wird man dich strafen verstehst du das?«
»Ja, Herr«, sagte das Mädchen mit weit aufgerissenen Augen. Nachdem Alyena fortgebracht worden war, wandte ich mich an den Sklavenmeister der öffentlichen Gehege. Ich versuchte meiner Stimme einen beiläufigen Klang zu geben, obwohl jetzt erst das Anliegen kam, das mich hierhergeführt hatte. »Vor längerer Zeit war bei dir ein Mädchen zu Gast, für das ich mich interessiere. Sie hieß Veema. Ich möchte gern wissen, was aus ihr geworden ist.«
»Kennst du ihre Nummer hier bei uns?« fragte der Beamte.
»87432«, erwiderte ich.
»Solche Informationen stehen normalerweise nur dem Magistrat zu«, sagte der Mann.
Ich legte einen Silbertarsk auf den Tisch. Ohne nach der Münze zu greifen, ging er zu einigen dicken Büchern.