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Aufgeregt deutete er aus dem Fenster. »Astaroth hat ein gesunkenes Schiff entdeckt«, sagte er. »An Bord ist alles versteinert. Weißt du, was das heißt?« Chris trat zögernd näher. Ein verblüffter Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. »Unglaublich«, sagte er. »Wieso haben wir es nicht gesehen?« Er schüttelte verwirrt den Kopf. »Ist er an Bord?«

»Ja«, antwortete Mike. »Also, Astaroth -wie sieht es aus?«

Schlimm, antwortete Astaroth. Bisher habe ich vier Matrosen gefunden. Sie sind vollkommen versteinert. Trautman hat mit seinen Befürchtungen recht. »Es bewegt sich«, sagte Chris.

Mike hörte nicht hin. »Kannst du herausfinden, was passiert ist?« fragte er. Und wie?

Mike überlegte einen Moment angestrengt, dann sagte er: »Versuch die Kapitänskajüte zu finden. Vielleicht kannst du das Logbuch mitbringen. « »Das sollte er bleibenlassen«, sagte Chris. »Mike, ruf ihn zurück. Schnell!«

Mike verstand im ersten Moment gar nicht, was Chris meinte. Auf Chris' Gesicht lag plötzlich ein erschrockener Ausdruck. Verwirrt blickte Mike ihn einen Moment lang an, dann wandte er sich wieder zum Fenster um -und fuhr ebenfalls erschrocken zusammen. Das Schiffswrack bewegte sich.

Es zitterte ganz sacht. Unter dem Rumpf lösten sich dünne Sandschleier, die wie glitzernder Schnee im Licht der Scheinwerfer aufblitzten, ehe sie in der lichtlosen Tiefe verschwanden. Mike war nicht sicher aber er hatte das Gefühl, daß sich das ganze Wrack ein Stück weiter zur Seite geneigt hatte. »Chris hat recht«, sagte er. »Komm da raus. Wenn das Schiff von der Klippe abrutscht, bist du geliefert. « Krieg dich wieder ein, antwortete Astaroth salopp. Ich bin schon in der Kapitänskajüte. In einer Minute -Das Schiff neigte sich ein Stück zur Seite. Ein Teil der ohnehin zerborstenen Aufbauten brach vollends auseinander und stürzte in die Tiefe, und Mike konnte ganz deutlich sehen, daß der Felsvorsprung einen Riß bekommen hatte und sich nach vorne neigte. »Astaroth!« rief er entsetzt. »Komm da raus! Schnell!« Er bekam keine Antwort. Aus den Rissen rieselte immer mehr Sand, der sich im Scheinwerferlicht zu einem silbrigen Vorhang verwandelte, der lautlos in der Tiefe verschwand. Aber in den fallenden Sand mischten sich auch mehr und mehr Felsbrocken. Möglicherweise würde der Felsvorsprung komplett abbrechen und das Schiff mit sich in die Tiefe reißen. »Astaroth!« sagte er noch einmal. »Raus da!« Das... das würde ich ja gerne, antwortete Astaroth kleinlaut. Aber als sich das Schiff bewegt hat, ist die Tür zugefallen.

Mike spürte einen neuerlichen, eisigen Schrecken. Das Schiff -und mit ihm der Felsvorsprung, auf dem es lag bewegte sich weiter. Es würde abstürzen, daran bestand gar kein Zweifel.

»Such einen anderen Ausgang!« sagte er. »Ein Fenster. Eine Tür. Irgendwas!«

Das würde ich ja gerne, antwortete Astaroth. Aber hier ist nichts. Nur die Tür. Ich -

Er brach mitten im Satz ab, und in derselben Sekunde sah Mike, wie sich das Schiff ein ganzes Stück zur Seite neigte. Einen Herzschlag lang starrte er das Wrack gelähmt vor Schrecken an, dann fuhr er auf der Stelle herum und stürmte los. »He!« schrie Chris. »Was hast du vor?« »Ich hole ihn raus!« rief Mike. »Sag den anderen Bescheid!«

»Bist du verrückt?« keuchte Chris. »Du kannst doch nicht da rüber -«

Den Rest des Satzes hörte Mike nicht mehr. Er war bereits aus dem Salon hinausgerannt und hetzte mit weit ausgreifenden Schritten auf die Treppe zu, die nach unten führte.

Keuchend vor Anstrengung erreichte er die Tauchkammer, warf die Tür hinter sich zu und begann mit fliegenden Fingern, den klobigen Taucheranzug anzulegen; ein Unternehmen, das sich ziemlich schwierig gestaltete, denn dazu waren normalerweise mindestens zwei Helfer nötig. Trotzdem schaffte er es in Rekordzeit. Hastig setzte er den Helm auf, hakte zwei frische Sauerstoffflaschen in das Tragegestell auf seinem Rücken ein und öffnete die Ventile, die die Kammer mit Wasser fluteten.

Als sie halb gefüllt waren, hämmerte jemand gegen die Tür. Mike ignorierte es. Zitternd vor Ungeduld wartete er, bis das Wasser hoch genug gestiegen war, um auch die äußere Tür zu öffnen, drehte das schwere Handrad und sprang hinaus, noch bevor sich das schwere Schott auch nur halb geöffnet hatte.

Und das etwas vorschnell. Die NAUTILUS hatte nicht auf dem Meeresboden aufgesetzt, sondern hing reglos etwa zehn Meter über dem Grund, so daß Mike eine ziemlich unsanfte Landung hinlegte, nachdem er aus dem Schiff gesprungen war.

In dem schweren Taucheranzug war an Schwimmen nicht zu denken, und der Boden war fast knietief mit Schlamm bedeckt, in dem Mike bei jedem Schritt einsank, so daß es ihn viel Kraft kostete, sich dem Abgrund zu nähern. Er bewegte sich wie durch unsichtbaren, zähen Sirup, und selbst das Atmen fiel ihm schwer. Er erinnerte sich ein wenig zu spät daran, daß Singh erwähnt hatte, der Wasserdruck in dieser Tiefe wäre bereits zu hoch für ihre Anzüge. Aber der Weg war ja gottlob nicht sehr weit.

»Astaroth?« keuchte er. »Verdammt noch mal, melde dich!«

Ich lebe noch, antwortete Astaroth. Aber ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie lange das noch so bleibt. Der ganze Kasten wackelt und zittert, als hätte er Schüttelfrost.

»Ich hole dich raus«, sagte Mike. »Nur noch ein paar Minuten. « Astaroth schwieg.

Mike hatte mittlerweile den Abgrund erreicht und sah sich mit einer neuen Schwierigkeit konfrontiert: Das Schiff lag fünfzehn oder zwanzig Meter unter ihm auf einem Felsvorsprung, aber es gab keinen Weg, zu ihm hinunterzugelangen. Die Wand war so glatt, daß er den Gedanken, an ihr abwärtszusteigen, sofort wieder verwarf.

Spring einfach, sagte Astaroth. »Zwanzig Meter tief? Bist du verrückt?« Unter Wasser wiegst du nur einen Bruchteil deines normalen Gewichts, antwortete Astaroth. Außerdem bist du gerade fast genauso tief gesprungen. Ja, dachte Mike. Aber da hatte er festen Boden unter sich gehabt, keinen Felsvorsprung, der schon unter seinem eigenen Gewicht abzubrechen drohte. Aber ihm blieb keine Zeit, lange nachzudenken. Das Schiff unter ihm bewegte sich immer noch, und die Risse im Fels waren nun deutlich breiter geworden. Mike schloß für einen Moment die Augen, raffte all seinen Mut zusammen und sprang in die Tiefe. Dicht neben dem muschelverkrusteten Rumpf des Schiffes glitt er hinunter, schlug ziemlich unsanft auf und blieb einen Moment auf Händen und Knien, bis sich der hochgewirbelte Sand wieder weit genug gesenkt hatte, um etwas sehen zu können.

Als er auf das Schiff zuging, spürte er, wie sich der Boden unter ihm bewegte. Es war, als versuche sich tief im Inneren des Felsens ein riesiges Etwas aus seinem Gefängnis zu befreien. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit. Da hast du verdammt recht, sagte Astaroth. Mehr nicht, aber in seiner Stimme war nun ein unüberhörbarer Unterton von Panik, der Mike dazu brachte, seine Schritte zu beschleunigen.

Das Schiff war mittlerweile vollends auf die Seite gekippt, so daß er an einer nahezu senkrechten Wand hinaufklettern mußte, um die Tür zu erreichen, die ins Innere hineinführte; eine Aufgabe, die er überhaupt nur deshalb bewältigte, weil das Schiff vollkommen zerstört war, so daß es überall Trümmerstücke und verbogene Metallteile gab, an denen seine Hände und Füße Halt fanden. Trotzdem war er total erschöpft, als er die Tür erreichte. Sein Herz raste, und er konnte den ungeheuren Wasserdruck, der auf seinem Anzug lastete, mit jeder Sekunde mehr spüren. Er bekam kaum noch Luft.