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Tolpan betrachtete die Dinge. »So was, die hab ich völlig vergessen. Aber warte, du hast das Beste verpaßt. Hier, ich zeig’s dir.« Bevor Fozgoz etwas sagen konnte, hatte Tolpan den Beutel aufgemacht und eine schöne, orange-grüne Feder herausgezogen. »Hier haben wir die Schwanzfeder einer Harpyie. Und den Zahn eines Minotaurus und eine Locke von irgend jemands Haar, jedenfalls war das mal wichtig, und ein bißchen Mondstaub von Lunitari – oder war’s Solinari? Also, jedenfalls hat Onkel Fallenspringer den von irgend so einem Mond mitgebracht. Wo ist denn der zerstoßene Pegasushuf? Oh, und ich habe Karten von überall, wo ich gewesen bin, was praktisch überall ist, und auch von vielen Orten, wo ich noch nicht gewesen bin.«

Inzwischen drängelten die Zuschauer sich vor und wollten einen Blick auf die seltsamen und wunderbaren Dinge erhaschen, die Tolpan in seinen kleinen Fäusten hielt. Fozgoz wedelte vergeblich mit den Armen, um die Menge zurückzutreiben.

Als Fozgoz seine Vorstellung gerade abbrechen wollte, hörte er den Kender seinen Namen rufen. »Mächtiger Fozgoz! Sieh mal!«

Die Zuschauer wichen so weit auseinander, daß Fozgoz Tolpan sehen konnte. In der ausgestreckten Hand hielt der einen Rabenschnabel und zwei getrocknete Füße. »Guck, ich habe sie gefunden. Sie waren wieder in meinem Beutel. Wie hast du das gemacht, ich meine, ohne deinen Stab zu schwenken?«

Überrumpelt sah Fozgoz in seine eigene Hand, wo er die Sachen doch noch halten mußte. Sie waren noch da. Unglücklicherweise sahen das auch mindestens sechzehn Zuschauer.

»Hör mal, was ist das für ein hinterhältiger Trick?« fragte einer von den größeren Zuschauern und machte einen Schritt auf Fozgoz zu.

»Wofür hältst du uns, für einen Haufen Dummköpfe?« fragte ein anderer. »Ich würde sagen, wir können einen faulen Zauber schon erkennen, wenn wir ihn sehen.« .

Fozgoz plusterte sich auf. »Fauler Zauber! An deiner Stelle würde ich meine Zunge im Zaum halten. Diesmal werde ich deine frechen Worte noch überhören, aber fordere mich nicht heraus! Ich warne euch alle, selbst ein Zauberer mit meiner Weisheit ist irgendwann mit seiner Geduld am Ende.«

»Wenn du so ein großer Zauberer bist, was machst du dann auf einem Jahrmarkt?«

Inzwischen war Fozgoz von drei Seiten eingekreist, und seine Drohungen und Warnungen zeigten keinen erkennbaren Effekt. Die Anwesenden schrien laut und höhnisch nach einer Demonstration wahrer Macht. »Na los, Fozgoz, wie wär’s mit einem Blitzschlag hierhin«, schnaubte ein Mann und zeigte zum Ergötzen der Menge auf seine eigene Brust.

»Na schön, ich habe euch gewarnt«, regte sich Fozgoz auf. »Jetzt tretet zurück, sonst passiert noch etwas, was ihr lange bedauern werdet! Sonst werde ich… Oh, Schreck. Wo ist denn nur mein Stab?«

Mehrere Schritte von dem bedrängten Zauberer entfernt, verschnürte Tolpan hinter der Menschenmenge seinen Beutel und schulterte ihn. Er hatte sein schon von Natur aus zerfurchtes Gesicht vor Enttäuschung über die armselige Zaubervorstellung in noch tiefere Falten gelegt. Als er durch die Zuschauer schlüpfte, drang unbemerkt ein Funkenschauer aus seinem Beutel.

»Du beleidigst mich. Bist du dazu gekommen, nur um mich zu beleidigen?«

Tolpan war drauf und dran, sich bei dem zu entschuldigen, den er beleidigt hatte – auch wenn er sich gar nicht daran erinnern konnte, in letzter Zeit jemanden beleidigt zu haben –, als ihn eine zweite Stimme aufhielt. »Beleidigen? Ich beleidige dich? Du beleidigst uns – bei solchen Preisen.«

Tolpan hatte die Streitenden rasch ausgemacht. Ein Mensch, seiner abgetragenen, schlichten Kleidung nach ein Wandersmann, hatte mit einem Zwerg einen hitzigen Streit über dessen Ware angefangen. Der Zwerg war nicht mehr der Jüngste. Das Haar über den buschigen Augenbrauen wurde bereits grau, seine Nase war eine rote Knolle, und unter seinem Schnurrbart zeigte sich ein gewohnheitsmäßig brummiger Ausdruck.

»Ware? Das nennst du Ware? Du solltest mir dankbar sein, daß ich überhaupt stehenbleibe, um sie anzusehen.«

Die beiden waren sich offenbar weder über den Wert noch über die Qualität des Geschmeides einig, das der Zwerg verkaufte. Tolpan sah zu, wie der Zwerg rot vor Wut eine Silberbrosche und eine schöne Halskette zu einem kleinen Armband in einen gläsernen Schaukasten legte. Er wischte sich die dicken Hände vorn an seiner blauen Tunika ab, als könnte er damit auch den unhöflichen Kunden abstreifen.

»Entschuldige, Fremder«, sagte er mit beherrschter Stimme, »aber meine Arbeit ist von bester Qualität – ich bin der einzige zwergische Schmied, der jemals für die Stimme der Sonne persönlich gearbeitet hat. Meine Preise sind überaus fair. Ich verkaufe hier Juwelen, keinen Fisch. Wenn du handeln willst, dann such dir lieber einen Fischstand, und dann solltest du zum Markt runtergehen.« Damit wendete sich der erzürnte Zwerg einem anderen Kunden zu. Aber der verstimmte Mensch wollte sich so nicht abfertigen lassen.

»Fisch«, schnaubte der Mann. »Gut, das ist jedenfalls ein respektables Geschäft. Da kann es jeder riechen, wenn die Ware schlecht ist. Aber bei Geschmeide ist das anders.« Der Mann beugte sich über den Kasten und blickte hinein, wobei er mit dem Finger über verschiedene Dinge fuhr. »Du hast da wirklich ein interessantes Stück. Wenn du doch nur so vernünftig wärst zu handeln…«

Der Zwerg fuhr zu dem Mann herum. »Ich habe dir gesagt, daß das Armband nicht zu verkaufen ist! Wie dämlich bist du denn? Es ist um keinen Preis zu haben, und schon gar nicht zu diesen Fischmarktangeboten.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, nahm der Zwerg einen kleinen Schlüssel von einer Kette um seinen dicken Bauch und versperrte den Kasten mit dem fraglichen Armband. »Wenn du jetzt bitte nicht länger meine Zeit verschwenden würdest…«

Tolpan achtete nicht weiter auf den Wortwechsel, als er sich näher heranschob, um das fragliche Armband anzusehen. Es war ein ziemlich einfach gearbeitetes Kupferarmband, in das zahlreiche Steine eingearbeitet waren und das gerade genug Details aufwies, um einen Kender zu fesseln – besonders Tolpan. Obwohl ihm ein solcher Gedanke bestimmt nicht durch den Kopf ging, wollte Tolpan eindeutig wissen, wie es sich wohl an seinem Handgelenk anfühlte.

Kurz darauf stand er am Schmuckstand des Zwergs. Es war ein einfacher Aufbau, wie die meisten auf dem Markt. Ein paar Bretter, die an drei Seiten von Fässern oder Böcken getragen wurden, und dahinter ein Vorhang oder Zelt.

Dieser spezielle Stand war nicht ordentlicher oder unordentlicher als die meisten anderen, wenn auch der Eigentümer offenbar Schwierigkeiten mit den Größen der verschiedenen Rassen auf dem Jahrmarkt gehabt hatte. Da er selbst ein Zwerg und nur vier Fuß groß war, war es für ihn am bequemsten, wenn sein Brettertisch nur zwei Fuß hoch war. Doch die meisten seiner Kunden waren Menschen. Um seine Waren richtig ansehen zu können, brauchten sie einen deutlich höheren Tisch, der dem Zwerg aber wiederum bis zur Nase gegangen wäre. Als Kompromiß hatte der Goldschmied die Bretter knapp drei Fuß hoch aufgebaut, was für alle Beteiligten gleichermaßen unbequem war.

Tolpan ragte genau einen Kopf über die Bretter hinaus und hätte bequem sein Kinn darauf legen können, wenn er müde gewesen wäre und das gewollt hätte. Aber das war er nicht und wollte er nicht. Was er wirklich wollte, das war ein genauer Blick auf das Armband.

Es liegt offensichtlich hier, um bewundert zu werden, sagte sich Tolpan. Der Zwerg hatte den Schaukasten nur abgeschlossen, um den ungehobelten Menschen abzuschrecken. Schließlich holte der Kender eine lange, dünne Nadel aus seinem Gepäck, griff praktisch unbemerkt über den Tisch und öffnete das winzige Schloß an dem Kasten, was der Zwerg gewiß selbst getan hätte, wenn er nicht gerade etwas anderes zu tun gehabt hätte, wie Tolpan dachte. Als er seine Hand an einer Seite unter den Glasdeckel schob, fanden seine Finger das kühle Metall des Armbands. Tolpan drehte sich schnell um, denn auf der anderen Seite war das Licht viel besser, um das Schmuckstück zu untersuchen.