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»Das reicht. Ich laß mich doch nicht von so einem dicken Krabbelvieh herumscheuchen, heute schon gar nicht. Geh zur Tür rüber, Tanis, und schneide ihm den Weg ab, falls er versucht zu fliehen.«

Als Flint näherkam und dabei versuchte, immer einen eisenbeschlagenen Stiefel erhoben zu halten, um jederzeit zutreten zu können, konzentrierte sich Tolpan eiligst darauf, wieder ein Kender zu sein. Doch das gelang ihm nur noch gerade so eben. Mit einem bunten Wirbel verwandelte sich der kleine Krebs in Tolpan Barfuß, der auf dem Rücken lag und so lachte, daß er sich die Seiten halten mußte.

»Puh, Flint, du hättest dein Gesicht sehen müssen, als ich dich angegriffen habe! Das war dein gesamtes Gewicht in Stahl wert!«

Flint fand das nicht sehr lustig. Er packte Tolpan an der Jacke und riß ihn auf seine wackligen Beine. »Was ist hier los, Kender? Was für faule Tricks hast du vor?«

»Keine Tricks, Flint. Ich bin gekommen, um euch hier rauszuholen.« Tolpan strich sich seine verknitterte Jacke glatt und wich zurück. »Wie gefiel euch mein Auftritt?«

Tanis spähte durch das Fenster in der Tür, um festzustellen, ob die Wachen etwas von dem Lärm mitbekommen hatten, aber draußen rührte sich nichts. Er drehte sich wieder zu Tolpan um. »Was geht hier vor, Tolpan? Wie hast du das gemacht?«

»Selana hatte so einen Zaubertrank, und den haben wir geteilt, damit man uns nicht erkennt.« Tolpan wischte sich die letzte Lachträne aus dem Auge. »Das ist wirklich toll. Ihr solltet es bei Gelegenheit mal ausprobieren. Ich war schon ein Vogel und eine Fliege und eine Maus und alles mögliche.«

»Wo ist Selana denn überhaupt?« fragte Tanis, der wieder durch das kleine Fenster in der Tür blickte, als wenn sie gleich dort auftauchen würde.

Tolpan wurde ernst. »Das ist eine lange Geschichte, aber wir wurden getrennt, und jetzt ist sie unterwegs in die Berge, hinter dem Magier her – weil, der hat das Armband. Ich würde es euch ja genauer erzählen, aber ich weiß nicht, wie lange der Trank noch wirkt. Wir sollten uns erst in Sicherheit bringen. Ich erzähle euch die ganze Geschichte später, wenn wir unterwegs sind, um Selana zu retten.«

Tanis und Flint nickten. »Hast du einen Plan?« fragte Flint.

»Guckt einfach zu.« Wieder war Tolpan von wirbelnden Lichtern umgeben und verwandelte sich in den orange-creme-weißen Spaniel zurück. Er lief zur Tür, wo er bellte, winselte und an dem schweren Holz kratzte.

Dunkan und Julius im Vorraum unterbrachen ihr Spiel und sahen sich um, weil sie nach dem Hund suchten. »Klingt, als wäre er hinten bei den Zellen, Julius. Sieh doch mal nach, was los ist, und bring ihn hierher.« Der jüngere Wächter stand widerstrebend auf, nicht ohne zuerst die wenigen, übrigen Kupferstücke in einen kleinen Beutel zu füllen und diesen in den Gürtel zu stecken. Mit dem Schlüsselring von der Wand schloß Julius die Eisentür auf und ging nach hinten in den Zellentrakt. Kurz darauf blickte er durch die Zellentür und kratzte sich am Kopf.

»He, ihr beiden, wie ist denn der Hund zu euch reingekommen?«

Flint sagte: »Der ist unter der Tür durchgekrochen.« Tanis nickte, und Tolpan bellte einfach weiter.

»Das ist unmöglich«, stellte Julius fest. »Der Hund kann auf keinen Fall unter der Tür durchgekommen sein. Der Spalt ist überhaupt nicht breit genug.«

Flint kniff die Augen zusammen und machte eine Handbewegung zur Tür hin. »Du und ich, wir wissen beide, daß die Tür abgeschlossen ist, also erzähl du mir, wie er hier reingekommen ist.«

Dunkan ging zu Julius nach hinten. »Wie zum Teufel ist der Hund da reingekommen?« fragte er sich laut, als er in die Zelle sah.

»Haben wir doch gesagt, unter der Tür durchgekrochen«, wiederholte Tanis.

Flint fügte hinzu: »Holt ihn hier raus, ja? Er macht einen Heidenlärm.«

»Wenn er reingekrochen ist, warum kriecht er dann nicht einfach wieder raus?« fragte Julius.

»Das ist ein Hund, kein Studierter – vielleicht hat er nicht daran gedacht«, knurrte Flint. »Jedenfalls will er offenbar genausowenig hier drin sitzen wie ich. Könnt ihr ihn nicht rauslassen, damit wir hier mal ein bißchen schlafen können?«

»Ah, doch.«

Julius griff nach dem Schlüssel, doch Dunkan hielt ihn zurück. Der ältere Wächter zog sein Schwert und stellte sich gegenüber der Zellentür auf. »Jetzt laß ihn raus.«

Bis zu diesem Punkt hatten Tanis und Flint keine klare Vorstellung gehabt, was Tolpan vorhatte, doch sie wußten, daß es nicht so günstig war, sich auf zwei bewaffnete Männer in Rüstung zu stürzen. Als die Tür aufging, standen sie geduldig da, während Tolpan in den Gang lief. Julius schlug die Tür zu, und während er sie verschloß, trat Dunkan nah ans Fenster und sagte: »Jetzt habt ihr eure Ruhe, Jungs.«

Während alles sich auf die Tür konzentrierte, bemerkte Tanis einen blassen Lichtblitz hinter den Wachen. Ein rascher Blick zu Flint verriet dem Halbelfen, daß sein Freund ihn auch gesehen hatte.

Als Julius und Dunkan wieder in den Vorraum gehen wollten, bestätigten zwei Aufschreie, denen ein lautes Knurren folgte, Tanis’ Vermutung. Er rannte zur Tür und blickte durchs Fenster. Links sah er Julius und Dunkan an der hintersten Zellentür kauern, ihre zitternden Kurzschwerter nach vorn gestreckt. Rechts sah er einen der schrecklichsten Anblicke von Krynn: einen riesigen, grünen, sabbernden Troll mit hängenden Schultern. Schwarze Haare hingen in fettigen Klumpen über sein warzenübersätes Gesicht und die lange, spitze Nase. Zwei Glubschaugen glühten wie schwarze Kohlen. Von den gelben Reißzähnen, die für den Mund des Untiers zu lang waren, tropfte Geifer.

Das alptraumhafte Wesen streckte einen überlangen, dicken Arm aus und nahm Julius den Schlüsselring aus seiner weißen Hand. Einen Augenblick lang fummelte es mit den Schlüsseln herum, wobei seine langen, schwarzen Fingernägel an das Metall klackten. Als es gefunden hatte, was es suchte, schloß es die Tür zu den Gefangenen auf. Flint und Tanis schlüpften auf den Gang. Der Troll zeigte fauchend auf die Zelle, woraufhin die beiden Wachen sofort hineinrannten. Dann schlug der Troll hinter ihnen die Tür zu und schloß ab.

Tanis und Flint rannten in den Vorraum. Der Troll trottete hinterher, wobei er sich mit seinem riesigen Körper ducken mußte, damit er durch die Tür paßte. Nachdem er um die Ecke war, wo er von der Zelle aus nicht mehr gesehen werden konnte, verwandelte sich Tolpan erneut, diesmal wieder in seine wahre Gestalt. Die Eisentür war verschlossen, und die Schlüssel hingen brav an ihrem Haken an der Wand.

»Hier«, sagte Tolpan und holte ihre Waffen hinter der Bank hervor. Mit zufriedenem Seufzer hängte Tanis sich seinen Bogen über die Schulter. Flint steckte seine bewährte Axt in die Schlinge an seinem Gürtel und tätschelte sie zärtlich, als wäre sie endlich wieder zu Hause.

Tanis schlich sich vor und warf einen Blick durch die Eingangstür. »Alles frei. Wir sollten versuchen, nicht so auszusehen, als wären wir gerade aus dem Gefängnis ausgebrochen. Und, Tolpan, grins nicht so.«

Die drei traten mit den Händen in den Taschen in die Sonne hinaus. Geschwind gingen sie über den Hof direkt auf das Tor zum inneren Burghof zu und von da aus zum äußeren Haupttor. Nach wenigen Minuten hatten sie die Brücke überquert und machten sich zu den Bergen auf.

17

Geflügelte Flammenwesen

Tolpan, du Riesentürknauf!« donnerte Flint, der am verschneiten Ufer flußabwärts stapfte und dabei Büschen, Felsen und Schlaglöchern auswich. »Was machst du denn auf der Eisscholle? Du treibst in die falsche Richtung! Auf der Stelle kommst du runter und hierher!«

»Würde ich ja gern«, schrie Tolpan über das Tosen des Wassers, »aber mir ist nicht so klar, wie ich das anstellen soll.« Er hüpfte auf dem kleinen Stück Eis hin und her, blickte über den Rand und maß mit den Augen die Wassertiefe und die Entfernung zum Ufer, während er weiter den Fluß hinuntertrieb.