Und da prallte Gendibal in fassungsloser Verblüffung zurück.
Das Kriegsschiff der Foundation war von einer wirksamen Mentalabschirmung umgeben, die in proportionalem Verhältnis zum Ansteigen der Intensität seines Mentalfelds an Dichte gewann. Das Kriegsschiff näherte sich keineswegs aus bloßer Unwissenheit — es besaß eine unerwartete Abwehrwaffe!
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»Aha«, machte die Branno. »Er hat eine Attacke versucht, Liono. Sehen Sie!«
Die Nadel des Psychometers bewegte sich und erzitterte in ihrem unregelmäßigen Aufwärtstrend.
Die Entwicklung einer antimentalistischen Abschirmung hatte Foundationwissenschaftler im Rahmen des geheimsten aller Forschungsprojekte ganze einhundertzwanzig Jahre lang beansprucht, in der Geheimhaltung vielleicht nur von Hari Seldons Erarbeitung der psychohistorischen Analyse selbst übertroffen. Fünf Generationen von Menschen hatten an der schrittweisen Verbesserung eines Apparates gearbeitet, der auf keiner zufriedenstellenden theoretischen Grundlage beruhte.
Ohne die Erfindung des Psychometers, das als Meßinstrument diente, wären überhaupt keine Fortschritte erzielbar gewesen, denn es zeigte auf jeder Stufe der Weiterentwicklung die Richtung und den Grad der Verbesserung an. Niemand verstand zu erklären, wie es funktionierte, doch alles sprach dafür, daß es nichtsdestoweniger das Unmeßbare messen konnte und das Unbeschreibliche in Zahlen ausdrückte. Die Branno hatte das Gefühl (und etliche Wissenschaftler teilten diese Ansicht), daß die Foundation, falls es ihr jemals gelang, das Funktionieren des Psychometers zu begreifen, der Zweiten Foundation in Sachen Psychokontrolle ebenbürtig sein werde.
Doch dergleichen war Zukunftsmusik. Gegenwärtig mußte der Mentalschild genug sein, zumal eine überwältigende Überlegenheit an materiellen Waffen zusätzliche Rückendeckung gab.
Die. Branno ließ den Funkspruch senden, vorbereitet in einer männlichen Stimme, der alle emotionalen Untertöne fehlten, so daß sie bedrohlich seelenlos klang.
»Wir rufen Raumschiff Bright Star und seine Besatzung. Sie haben in einem gewaltsamen Piratenakt ein Raumschiff der Raummarine der Foundation-Föderation in widerrechtlichen Besitz genommen. Wir fordern Sie auf, uns das Schiff und sich selbst auszuliefern, oder Sie müssen unsererseits mit einem Angriff rechnen.«
Die Antwort kam in einer völlig natürlichen Stimme. »Bürgermeisterin Branno von Terminus, ich weiß, daß Sie an Bord sind. Die Bright Star ist keinem Piratenakt zum Opfer gefallen. Ihr rechtmäßiger Kapitän, Munn Li Compor von Terminus, hat mir das Schiff bereitwillig zur Verfügung gestellt. Ich schlage einen Waffenstillstand vor, damit wir die Angelegenheiten diskutieren können, die für alle Betroffenen von Bedeutung sein dürften.«
»Lassen Sie mich mit ihm verhandeln, Bürgermeisterin«, flüsterte Kodell.
Die Branno hob gebieterisch einen Arm. »Die Verantwortung liegt bei mir, Liono.«
Sie adjustierte den Sender und antwortete in einem Tonfall, der kaum weniger eindrucksvoll und emotionsloser geriet als zuvor die gekünstelte Stimme.
»Mitglied der Zweiten Foundation, werden Sie sich über Ihre Lage klar. Wenn Sie nicht unverzüglich kapitulieren, können wir Ihr Raumschiff in dem Zeitraum, den das Licht braucht, um von unserem zu Ihrem Raumer zu gelangen, aus dem All blasen — und sind vollauf bereit, genau das zu tun. Und wir würden dabei nicht einmal irgend etwas verlieren, denn Sie besitzen kein Wissen, für das es sich lohnen könnte, Ihr Leben zu schonen. Uns ist bekannt, daß Sie von Trantor kommen, und sobald wir mit Ihnen fertig sind, werden wir uns mit Trantor beschäftigen. Wir sind trotzdem bereit, Ihnen eine Zeitlang zuzuhören, damit Sie sagen können, was Sie zu sagen haben, aber da Sie uns kaum irgend etwas von besonderem Wert mitzuteilen haben dürften, wünschen wir Ihnen allerdings nicht allzu lange zuzuhören.«
»In diesem Fall«, sagte Gendibal, »erlauben Sie mir, daß ich mich kurz fasse und umgehend zur Sache komme. Ihr Schirm ist nicht perfekt und kann es gar nicht sein. Sie haben ihn über- und mich unterschätzt. Ich kann mich gegen ihn durchsetzen und Ihren Geist trotzdem unter Kontrolle bringen. Vielleicht weniger leicht, als es mir ohne Schirm möglich wäre, aber doch ohne größeren Aufwand. Im selben Augenblick, in dem Sie versuchen sollten, irgendwelche Waffen gegen mich einzusetzen, werde ich zuschlagen — und Sie müssen folgendes berücksichtigen: Ohne Abschirmung wäre ich dazu imstande, Sie komplikationslos und ohne bleibende Schäden unter meine Kontrolle zu nehmen. Den Schirm jedoch müßte ich durchbrechen, wozu ich durchaus in der Lage bin, und das hätte den Nebeneffekt, daß ich weder rücksichtsvoll noch allzu fachmännisch gegen Sie vorgehen kann. Ihr Geist würde genauso zerschmettert werden wie die Abschirmung, und die Folgen wären unbehebbar. Mit anderen Worten, Sie können mich nicht aufhalten, während andererseits ich Sie sehr wohl aufzuhalten vermag, auch wenn Sie mich dabei zu Schlimmerem als Töten zwingen. Sie würden als geistlose Hüllen weitervegetieren müssen. Möchten Sie das riskieren?«
»Sie wissen selbst«, entgegnete die Branno, »daß Sie zu dem, was Sie da tun zu können behaupten, nicht imstande sind.«
»Sie wünschen die von mir beschriebenen Konsequenzen also zu riskieren?« vergewisserte sich Gendibal mit unterkühlter Gleichgültigkeit.
Kodell beugte sich vor. »In Seldons Namen, Bürgermeisterin…«, begann er flüsternd.
»Ich verfolge Ihre Gedankengänge, Kodell«, sagte Gendibal sofort (nicht buchstäblich augenblicklich, denn das Licht — wie alles, was sich mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegte — brauchte vom einen zum anderen Raumschiff knapp über eine Sekunde). »Sie brauchen nicht zu flüstern. Ich verfolge auch die Gedankengänge der Bürgermeisterin. Sie ist unentschlossen, also haben Sie noch keinen Anlaß zur Panik. Und schon die bloße Tatsache, daß ich darüber Bescheid weiß, sollte Ihnen Beweis genug für die Unzulänglichkeit Ihrer Abschirmung sein.«
»Sie kann verstärkt werden«, sagte die Bürgermeisterin trotzig.
»Das gilt auch für meine mentalen Kräfte«, erwiderte Gendibal.
»Aber ich kann hier in aller Ruhe abwarten und verbrauche zur Aufrechterhaltung des Schirms lediglich normale Energie, und davon habe ich genug, um den Schirm für sehr lange Zeit aufrechterhalten zu können. Sie dagegen müßten mentale Energie aufwenden, um die Abschirmung zu überwinden, und Sie werden ermüden.«
»Ich bin nicht müde«, sagte Gendibal. »Gegenwärtig ist keiner von Ihnen dazu in der Lage, einem Besatzungsmitglied Ihres Schiffs oder eines anderen Raumschiffs einen Befehl zu erteilen. Soviel schaffe ich sogar, ohne Ihnen Schaden zufügen zu müssen, aber ich rate Ihnen davon ab, unternehmen Sie keine ungewöhnlichen Anstrengungen, um sich dieser Kontrolle zu entledigen, andernfalls müßte ich meine mentalen Kräfte ebenfalls verstärkt einsetzen, und sollte ich von Ihnen dazu gezwungen werden, müssen Sie mit den für Sie nachteiligen Folgen rechnen, die ich Ihnen geschildert habe.«
»Ich werde warten«, entgegnete die Branno und legte mit allen Anzeichen unerschütterlicher Geduld die Hände in den Schoß. »Sie werden ermüden, und sobald Sie ermüden, werden die Befehle, die ich gebe, nicht Ihrer Vernichtung gelten, denn Sie werden dann harmlos sein. Meine Befehle werden die Hauptflotte der Foundation nach Trantor schicken. Wenn Sie also Ihre Welt retten wollen, ergeben Sie sich! Eine zweite Orgie der Vernichtung könnte Ihre Organisation, anders als beim erstenmal zur Zeit der Großen Plünderung, nicht überstehen.«
»Begreifen Sie nicht, Bürgermeisterin, daß ich, falls ich mich wirklich ermüdet fühlen sollte, meine Welt auf sehr einfache Weise retten könnte, nämlich indem ich Sie ausschalte, bevor ich dafür zu schwach werde?«