»So können Sie lediglich daherreden, weil Sie nicht verstehen, was ein Mißlingen des Seldon-Plans für die Bewohner der Galaxis bedeuten würde.«
»Vielleicht«, sagte die Branno mit steinerner Härte. »Fangen Sie zu ermüden an, Zweitfoundationist?«
»Keineswegs. Lassen Sie mich ein alternatives Vorgehen vorschlagen, an das Sie anscheinend noch nicht gedacht haben — und bei dem weder ich mich Ihnen noch Sie sich mir ergeben müssen. Wir befinden uns im Umkreis eines Planeten namens Gaia.«
»Das ist mir bekannt.«
»Ist Ihnen auch bekannt, daß er wahrscheinlich die Heimat des Fuchses ist?«
»Für so etwas brauche ich mehr Beweise als bloß Ihre dahingehende Behauptung.«
»Der Planet ist von einem Mentalfeld umgeben. Er ist die Heimat vieler Füchse. Falls Sie Ihren Traum wahrmachen, die Zweite Foundation auszumerzen, werden Sie zu Sklaven dieses Planeten der Füchse herabsinken. Welchen Schaden hat Ihnen die Zweite Foundation je zugefügt — wirklichen statt nur eingebildeten oder theoretischen Schaden? Und nun bedenken Sie, welchen Schaden ein einzelner Fuchs über Sie gebracht hat.«
»Ich habe noch immer keine anderen Beweise als Ihre Beteuerungen.«
»Solange wir an dieser Position bleiben, kann ich Ihnen nicht zu mehr verhelfen. Deshalb schlage ich einen Waffenstillstand vor. Erhalten Sie Ihren Mentalschild aufrecht, wenn Sie mir nicht trauen, aber stellen Sie sich darauf ein, gegebenenfalls mit mir zu kooperieren. Lassen Sie uns den Planeten gemeinsam anfliegen — und wenn Sie sich davon überzeugt haben, daß von dort Gefahr ausgeht, dann werde ich das Mentalfeld beseitigen, und Sie werden Ihren Raumschiffen befehlen, den Planeten zu besetzen.«
»Und dann?«
»Und dann wird endlich, ohne daß dritte Kräfte zu berücksichtigen sind, Erste Foundation gegen Zweite Foundation stehen. Dann wird die Auseinandersetzung sich durch klare Fronten auszeichnen, während wir gegenwärtig das Risiko eines Kampfes nicht auf uns nehmen können, weil beide Foundations durch einen Dritten gleichermaßen bedroht sind.«
»Warum haben Sie das nicht sofort gesagt?«
»Ich dachte, ich könnte Sie zu der Überzeugung bringen, daß wir keine Feinde sind und sich eine Zusammenarbeit lohnt. Da mir das anscheinend nicht gelungen ist, schlage ich auf jeden Fall Kooperation vor.«
Die Branno schwieg eine Zeitlang, den Kopf nachdenklich gesenkt. »Sie versuchen«, sagte sie schließlich, »mich mit Ammenmärchen einzulullen. Wie sollte es Ihnen allein möglich sein, das Mentalfeld eines ganzen Planeten voller Füchse zu beseitigen? Dieser Gedanke ist so lachhaft, daß ich der Ehrlichkeit Ihres Vorschlags nicht trauen kann.«
»Ich bin nicht allein«, entgegnete Gendibal. »Hinter mir steht die gesamte Macht der Zweiten Foundation — und diese Macht, durch mich kanalisiert, kann es mit Gaia aufnehmen. Und sie kann jederzeit Ihren Mentalschild zur Seite fegen wie einen Dunsthauch.«
»Wenn das so ist, wozu brauchen Sie dann meine Unterstützung?«
»Erstens, weil die Beseitigung des Mentalfeldes nicht genügt. Die Zweite Foundation kann sich nicht jetzt und in alle Ewigkeit der endlosen Aufgabe widmen, Gaias Mentalfeld zu unterdrücken, so wenig wie ich den Rest meines Lebens damit zubringen kann, hier mit Ihnen dies Konversationsmenuett zu tanzen. Das handfeste Eingreifen, zu dem Ihre Raumschiffe imstande sind, ist erforderlich. Und zweitens, wenn ich Sie nicht mit vernünftigen Argumenten zu der Einsicht bewegen kann, daß die beiden Foundations sich als Bündnispartner betrachten sollten, dann wirkt vielleicht ein gemeinsames Unternehmen von höchster Wichtigkeit in dieser Beziehung überzeugender. Manchmal überzeugen Taten mehr als Worte.«
Ein weiteres Schweigen entstand. »Ich bin bereit«, sagte die Branno endlich, »mich Gaia zu nähern, wenn wir uns gleichzeitig nähern. Darüber hinaus mache ich keine Versprechungen.«
»Das genügt«, erwiderte Gendibal und beugte sich über den Computer.
»Nein, Meister«, sagte Sura Novi, »bis jetzt hat’s keine Rolle gespielt, aber nun unternimm bitte nichts mehr. Wir müssen auf Ratsherr Trevize von Terminus warten.«
Neunzehntes Kapitel
Entscheidung
81
»Wirklich, Golan«, sagte Janov Pelorat mit einer schwachen Andeutung von Verdrossenheit in der Stimme, »anscheinend schert sich niemand darum, daß ich zum erstenmal in einem einigermaßen langen Leben — nicht zu lang, das darfst du mir glauben, Wonne — durch die Galaxis reise. Aber jedesmal, wenn ich eine Welt betrete, bin ich wieder auf und davon und im All, ehe ich die Gelegenheit erhalte, die Verhältnisse richtig zu studieren. Das ist mir nun schon zweimal passiert.«
»Ja«, sagte Wonne, »aber hättest du die andere Welt nicht so bald wieder verlassen, hättest du mich erst wer weiß wann kennengelernt. Das entschädigt dich doch sicher für das erste Mal.«
»Gewiß. Ehrlich, meine… meine Liebe, es entschädigt mich tatsächlich.«
»Und diesmal, Pel, hast du mich dabei, auch wenn du wieder ins All starten mußt — und ich bin Gaia, soviel wie jedes Partikel davon, so gut wie ganz Gaia.«
»Du bist es, und ich hätte bestimmt keine anderen Partikel lieber dabei.«
»Das ist ja schauderhaft«, sagte Trevize, der der Unterhaltung mit gerunzelter Stirn zugehört hatte. »Warum hat nicht Dom uns begleitet? Raum und Zeit, ich werde mich an diese Einsilbigkeit nie gewöhnen können! Zweihundertdreiundfünfzig Silben hat der Name, und wir benutzen nur eine! Warum ist er nicht mitsamt seinen zweihundertdreiundfünfzig Silben mitgekommen? Wenn das alles so wichtig ist — wenn Gaias Existenz selbst davon abhängt —, weshalb kommt er dann nicht mit, um uns richtig anzuleiten?«
»Ich bin doch da, Trev«, sagte Wonne, »und ich bin genauso gut Gaia wie er.« Sie widmete ihm aus ihren dunklen Augen von unten herauf einen kurzen Seitenblick. »Dann empfinden Sie es wohl als ärgerlich, daß ich Sie ›Trev‹ nenne?«
»Ja, ganz richtig. Ich habe ein Recht auf meine Eigenheiten, so wie Sie ein Recht auf Ihre Eigentümlichkeiten haben. Mein Name lautet Trevize. Zwei Silben. Trevize.«
»Ich werde mich gerne danach richten. Ich möchte nicht, daß Sie meinetwegen wütend sind, Trevize.«
»Ich bin nicht wütend. Ich ärgere mich bloß.« Plötzlich stand er auf und stapfte vom einen zum anderen Ende der Räumlichkeit, stieg unterwegs über die ausgestreckten Beine Pelorats (der sie daraufhin hastig einzog), dann wieder zurück. Er blieb stehen, drehte sich um und wandte sich an Wonne.
Er deutete mit dem Finger auf sie. »Hören Sie mal zu! Ich bin nicht mein eigener Herr. Ich bin von Terminus nach Gaia dirigiert worden — und als ich zu vermuten anfing, daß es sich so verhält, war es schon zu spät, um noch etwas daran ändern zu können. Und dann, als ich auf Gaia eintreffe, teilt man mir mit, der Zweck von allem besteht nur darin, daß ich Gaia rette. Wieso? Und wie? Was soll mir Gaia denn bedeuten — oder was bedeute ich Gaia —, daß ich sie retten müßte? Gibt es unter den Quintillionen Menschen in der Galaxis keinen anderen, der sich für diese Aufgabe eignet?«