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»Natürlich ist’s mein Ernst!«

»Das kann doch unmöglich sein. Entweder ist dies ein ziemlich schwer verständlicher Scherz auf meine Kosten, oder du bist verrückt geworden.«

»Weder das eine noch das andere«, sagte Trevize und hakte die Daumen in den Gürtel, als meine er, nun die Gestik seiner Hände nicht länger zu brauchen, um seiner Heftigkeit Ausdruck zu verleihen. »Weder das eine noch das andere. Ich gestehe, ich habe schon früher derartige Spekulationen betrieben, aber nur aufgrund von Intuition. Dank dieser Farce hier heute morgen ist mir plötzlich alles völlig klar, und ich habe meinerseits die Absicht, es auch vor dem Rat klarzustellen.«

»Du bist verrückt«, sagte Compor.

»Von mir aus. Komm mit und hör dir’s an!«

Die beiden gingen die Treppe hinunter. Einzig sie waren zurückgeblieben; sie verließen als letzte die Treppe. Und als Trevize seinem Begleiter ein wenig vorausstrebte, bewegten sich Compors Lippen stumm, hauchten lautlos ein Wort in die Richtung von Trevizes Rücken: Narr!

2

Bürgermeisterin Harla Branno rief die Teilnehmer der Sitzung des Verwaltungsrates zur Ordnung. Ihre Augen hatten die Versammlung ohne ersichtliches Anzeichen von Interesse gemustert; dennoch bezweifelte keiner der Anwesenden, daß sie alle bemerkt hatte, die zugegen waren, und genauso festgestellt, wer noch fehlte.

Ihr graues Haar war mit Sorgfalt in einer Weise frisiert, die weder deutlich feminin wirkte, noch männlichen Stil imitierte. Das war nun einmal die Art, wie sie ihr Haar zu tragen pflegte, mehr nicht. Ihr stets sachliches Gesicht war nicht für besondere Schönheit bekannt, aber irgendwie kam es, daß man darin auch nicht nach Schönheit suchte.

Sie war der fähigste aller Administratoren auf dem Planeten. Niemand konnte ihr die Brillanz eines Salvor Hardin oder Hober Mallow nachsagen, deren abenteuerliche Lebensgeschichten dem ersten Jahrhundert im Dasein der Foundation einen gewissen schillernden Charakter gaben, und daher tat es auch niemand, aber ebensowenig wäre jemand auf den Gedanken verfallen, ihr die Dummheit der Indburs vorzuwerfen, die das Amt des Bürgermeisters zum Erbamt gemacht und nacheinander in der Zeitspanne unmittelbar vor dem Auftreten des Fuchses geherrscht hatten.

Ihre Reden brachten die Gemüter der Menschen keineswegs in Wallung, sie besaß keine Begabung für dramatisches Gehabe, doch sie verfügte über die Fähigkeit, in aller Ruhe klare Entscheidungen zu treffen und dabei zu bleiben, solange sie die Sicherheit hegte, richtig entschieden zu haben. Ohne jede erkennbar charismatische Eigenschaft, verstand sie es dennoch, die Wähler davon zu überzeugen, daß jene ohne Aufsehen gefällten Entscheidungen richtig sein mußten.

Weil nach Seldons Lehre historische Veränderungen größtenteils schwer abzuwenden sind (immer unter Ausschluß des Unvorhersehbaren, wie die meisten Seldonisten trotz des einschneidenden Zwischenspiels mit dem Fuchs vergessen), durfte die Foundation vielleicht ihre Hauptstadt auf Terminus belassen, ganz unabhängig von den Umständen. Auf ›vielleicht‹ jedoch lag die Betonung. Seldon hatte die Wahrscheinlichkeit, daß sie auf Terminus blieb, während seines soeben beendeten Erscheinens als fünfhundert Jahre altes Simulacrum gelassen mit 87,2% eingeschätzt.

Nichtsdestotrotz besagte das auch für Seldonisten, daß mit einer Wahrscheinlichkeit von 12,8% eine Verlagerung an eine dem Zentrum der Foundations-Föderation nähere Position bevorstand, mit allen herben Konsequenzen, die Seldon für diesen Fall aufgezeigt hatte. Daß diese mit 12,8% wahrscheinliche Aussicht sich nicht bewahrheitete, war gewiß auf Bürgermeisterin Branno zurückzuführen.

Es stand fest, daß sie so etwas ganz einfach nicht erlaubt hätte. Selbst in Perioden beträchtlicher Unbeliebtheit hatte sie an dem Beschluß festgehalten, daß Terminus der traditionelle Sitz der Stiftung war und deshalb da bleiben mußte. Ihre politischen Gegner hatten ihr ausgeprägtes Kinn (und zugegebenermaßen mit einiger Wirksamkeit) als unter ihren Kopf geschobenen Granitklotz karikiert.

Und nun hatte Seldon ihrem Standpunkt Rückhalt geliefert — zumindest bis auf weiteres —, ihr damit gleichzeitig zu einer übermächtigen politischen Vorrangstellung verholten. Es hieß, sie habe ein Jahr zuvor geäußert, daß sie, falls Seldon bei seinem nächsten Erscheinen ihre Auffassung unterstützte, ihre Aufgabe als erfolgreich abgeschlossen betrachten werde. Dann gedenke sie sich zurückzuziehen und in die Rolle einer älteren Repräsentanzperson zu schlüpfen, statt weiterhin ihr Ansehen mit den dubiosen Resultaten politischer Auseinandersetzungen zu riskieren.

Niemand hatte ihr so recht geglaubt. Sie war zu sehr auf dem Feld der politischen Auseinandersetzungen verwurzelt und daheim, in einem Maß, wie nur wenige vor ihr, und nun, da Seldons Abbild erschienen und wieder verschwunden war, ließen sich ihr keinerlei Anzeichen eines tatsächlichen Rückzugs aus der Politik anmerken.

Sie sprach mit klarer Stimme und verhohlenem Foundationsakzent (sie war einmal als Botschafterin auf Mandress tätig gewesen, hatte aber nie die alte imperiale Rhetorik angenommen, die inzwischen so in Mode gekommen war — und Bestandteil eines quasi-imperialen Drangs in die inneren Provinzen).

»Die Seldon-Krise ist vorüber«, sagte sie, »und es ist unser überlieferter Brauch — den ich für sehr klug halte —, daß weder mit Worten noch mit Taten gegen jene vorgegangen werden darf, die auf der falschen Seite gestanden haben. Viele ehrbare Leute glaubten aufrichtig, gute Gründe dafür zu besitzen, etwas zu wollen, das Seldon nicht wünschte. Es wäre unvernünftig, sie zu demütigen und dadurch letztendlich zur Opposition gegen den Seldon-Plan selbst zu treiben. Andererseits ist es ein nachhaltig eingebürgertes, befürwortenswertes Brauchtum, daß die Anhänger der unterlegenen Seite ihre Niederlage gern und ohne weitere Diskussionen hinnehmen. Die Auseinandersetzung liegt hinter uns — für beide Seiten und für immer.«

Sie legte eine Pause ein, den Blick dreißig Sekunden lang auf die Gesichter der Versammelten gerichtet. »Die Hälfte der gesetzten Frist ist verstrichen, Mitglieder des Rates«, sprach sie weiter, »die Hälfte der tausendjährigen Zeitspanne zwischen dem Bestand zweier Imperien. Sie ist eine Zeit voller Probleme gewesen, aber wir haben einen langen Weg zurückgelegt. In der Tat, wir sind schon fast ein Galaktisches Imperium, und wir kennen keine äußeren Feinde von größerer Bedeutung mehr. Ohne den Seldon-Plan hätte das Interregnum dreißigtausend Jahre gedauert, und nach dreißigtausend Jahren der Auflösung wäre möglicherweise am Ende nicht genug Kraft verblieben, um ein neues Imperium aufzubauen. Womöglich wären nur voneinander isolierte, zum Untergang verurteilte Welten übrig geblieben. Was wir heute sind, das verdanken wir Hari Seldon, und es muß im Sinne seines längst dahingeschiedenen Geistes geschehen, wenn wir danach streben, zu vollbringen, was noch zu tun ist. Die künftige Gefahr, Mitglieder des Rates, geht von uns selbst aus, und deshalb darf es von dieser Stunde an keine öffentlichen Zweifel am Wert des Seldon-Plans mehr geben. Laßt uns heute entschieden und mit allem Nachdruck dahingehend übereinkommen, daß es in Zukunft keine öffentliche Kritik, keine Zweifel am Plan geben soll, keine Ablehnung! Wir müssen ihn uneingeschränkt unterstützen! Fünf Jahrhunderte lang hat er sich bewährt. Er ist der beste Schutz der ganzen Menschheit, und deswegen darf er nicht aufs Spiel gesetzt werden. Sind wir darin einer Meinung?«

Gedämpftes Gemurmel ertönte. Die Bürgermeisterin blickte kaum auf, um nach sichtbaren Beweisen der Zustimmung zu suchen. Sie kannte jedes einzelne Mitglied des Rates und wußte, wie jedes davon zu reagieren pflegte. So kurz nach ihrem Triumph würde niemand Einwände vortragen. Vielleicht nächstes Jahr. Heute nicht. Sie beabsichtigte die Schwierigkeiten des nächsten Jahres allerdings erst im nächsten Jahr anzugehen.