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Er pflegte für sich zu bleiben, trotz der Tatsache, daß er zur Erstgeneration zählte. Alle anderen an der Tafel gehörten zur Zweit- und Drittgeneration; schon ihre Eltern und Großeltern hatten der Zweiten Foundation angehört. Allesamt waren sie auch älter als er. Was sollte da anderes zu erwarten sein als Geflüster?

Aufgrund überlieferten Brauchs saßen alle offenen Geistes an der Tafel der Sprecher (angeblich uneingeschränkt offen, doch kam es selten vor, daß ein Sprecher nicht in einem Winkel seines Oberstübchens insgeheim ein paar Gedanken für sich behielt — wenngleich sie auf lange Sicht natürlich nicht unerkannt bleiben konnten), und daher wußte Gendibal, was sie empfanden, war Neid. Sie waren sich darüber im klaren; genauso wie Gendibal selbst wußte, daß er ihnen gegenüber eine defensive Haltung einnahm und mit seinem Ehrgeiz überkompensierte. Und sie wußten das auch.

Außerdem (Gendibals Überlegungen widmeten sich wieder den Gründen für seine abenteuerlichen Ausflüge auf das flache Land) hatte er seine Kindheit auf einer großen, weiten Welt zugebracht, mit aller Freizügigkeit und einer großartigen Landschaft, in einem fruchtbaren Tal der besagten Welt, umgeben von einer Bergkette, die er für die schönste in der ganzen Galaxis erachtete, in den grimmigen Wintern seiner Heimatwelt ein Anblick von erregender Faszination. Er erinnerte sich noch gut an seine Heimatwelt und die Wunder einer nun schon fernen Kindheit. Oft träumte er davon. Wie brachte er es bloß fertig, sein Dasein innerhalb einiger weniger Quadratkilometer alter Gebäude zu verbringen?

Er schaute umher und stellte Vergleiche an, während er dahinjoggte. Trantor war eine milde, angenehme Welt; sie war nicht schroff und schön. Obwohl sie eine Farmerwelt war, handelte es sich keineswegs um einen fruchtbaren Planeten.

Er war es nie gewesen. Vielleicht hatte dieser Umstand nicht weniger als andere Bedingungen dazu beigetragen, daß er zum administrativen Zentrum erst einer umfangreichen Föderation geworden war, dann eines Galaktischen Imperiums. Es hatte nie stärkere Tendenzen gegeben, ihn irgendwie anders zu nutzen. Er eignete sich nicht besonders gut für irgend etwas anderes.

Nach der Großen Plünderung hatten nur die enormen Mengen von Metall, die vorhanden gewesen waren, seinen Weiterbestand gesichert. Er glich einer riesigen Mine, versorgte ein halbes Hundert Welten mit billigem Leichtmetall, Aluminium, Titan, Kupfer, Magnesium und gab auf diese Weise zurück, was er sich im Laufe vieler vorangegangener Jahrtausende geholt hatte, allerdings hundertmal schneller, als vorher die Anhäufung geschah.

Noch immer waren bedeutende Vorräte an Metall da, aber unterirdisch und deshalb schwerer zugänglich. Die Farmer (die Hamer, die sich nie ›Trantoraner‹ nannten, weil sie diese Bezeichnung als mit bösen Omen behaftet betrachteten, so daß die Zweitfoundationisten sie für sich selbst verwendeten) hatten im Verlauf der Zeit wachsenden Widerwillen gegen weiteren Metallhandel entwickelt. Ohne Zweifel beruhten diese Anwandlungen auf Aberglauben.

Nichts als Dummheit von ihnen. Alles Metall, das unter dem Erdreich blieb, konnte den Boden verderben, die Fruchtbarkeit noch mehr senken. Aber andererseits war die Bevölkerung so dünn gesät, daß das Land sie ernährte.

Und ein wenig Metall pflegte man trotz allem immer zu handeln.

Gendibals Blick schweifte den Horizont entlang. Das Land war flach. Es war geologisch lebendig, wie bei fast allen bewohnten Planeten, aber wenigstens hundert Millionen Jahre waren seit der letzten Periode wesentlicher Bergbildung verstrichen. Was an Hochland existiert hatte, war zu sanften Hügeln erodiert. Die meisten Höhenzüge waren während der Zeit in Trantors Geschichte eingeebnet worden, als man den ganzen Planeten allmählich mit Metall überzog.

Im Süden lag, noch so fern, daß sie sich außer Sichtweite befand, der Strand der Capital Bay, und dahinter erstreckte sich der Ostozean; dessen Fische waren selbst auf der Höhe der Metallperiode eine ganz wichtige planetare Eiweißquelle gewesen.

Im Norden ragten die Hochbauten der Galaktischen Universität empor und versperrten den Ausblick auf die im Vergleich dazu niedrige, aber weitläufige Bibliothek (deren Großteil unterirdisch gelagert war) sowie die Reste des einstigen Kaiserlichen Palastes noch weiter nördlich.

Unmittelbar zu beiden Seiten der Landstraße war Farmgelände, gelegentlich konnte man ein Gebäude sehen. Manchmal kam er an Vieh, Ziegen, Geflügel und anderen Nutztieren vorbei, all den vielen Spielarten domestizierter Tiere, wie sie sich auf jeder trantorischen Farm finden ließen.

Beiläufig dachte Gendibal daran, daß er diese Arten von Tieren auf jedem bewohnten Planeten überall in der gesamten Galaxis antreffen konnte, und trotzdem waren sie auf keiner Welt gleich. Er entsann sich der Ziegen auf seiner Heimatwelt, seine eigene zahme Geiß, die er immer selbst gemolken hatte. Dort waren die Tiere erheblich größer und resoluter als die kleinen, fast philosophisch aussehenden Exemplare auf Trantor. Es gab von jedem Tier Abarten fast ohne Zahl, und auf kaum irgendeiner Welt wohnte nicht ein Klugscheißer, der nicht auf seine Lieblingsart schwor, ganz egal, ob es sich um ein Tier handelte, das Fleisch, Milch, Eier, Wolle oder sonst irgend etwas produzierte.

Wie üblich waren keine Hamer in Sicht. Gendibal hatte das Gefühl, daß die Farmer es vermieden, sich von den Leuten sehen zu lassen, die sie unter sich die ›Forscher‹ nannten, und es war vielleicht kein Zufall, daß sie diese Bezeichnung bisweilen auf ›Lauscher‹ reimten. Wieder nichts als Aberglaube.

Gendibal hob kurz den Blick zu Trantors Sonne. Sie stand ziemlich hoch an Trantors Himmel, aber ihre Wärme besaß keine bedrückende Natur. In dieser Gegend — in diesen Breitengraden — war die Wärme selten schwül, und die Kälte war nie bitter. (Manchmal vermißte Gendibal sogar die beißende Kälte — oder bildete es sich zumindest ein. Er hatte seine Heimatwelt niemals wieder besucht. Vielleicht, gestand er sich ein, um nicht enttäuscht zu werden.)

Er empfand das angenehme Gefühl von in Bestleistungsform gebrachten Muskeln und spürte, daß er nun lange genug gejoggt hatte, verlangsamte aufs Schrittempo, atmete tief durch.

Er wollte auf die bevorstehende Sitzung der Tafel der Sprecher rundum vorbereitet sein, auf die letzte Anstrengung, die nötig war, um eine Änderung der Politik herbeizuführen, eine Veränderung in der Grundeinstellung, so daß man die immer stärkere Gefahr, die von der Ersten Foundation und von woanders ausging, endlich realistisch erkannte, das fatale Verlassen auf das ›perfekte‹ Funktionieren des Seldon-Planes endlich aufhörte. Diese Leute würden nun begreifen müssen, daß die Perfektion selbst das sicherste Anzeichen dafür war, daß Gefahr drohte.

Hätte ein anderer und nicht er diese Vorschläge unterbreitet, sie wären, wie er wußte, ohne viel Aufhebens durchgegangen. Wie die Dinge standen, mußte es zwar Schwierigkeiten geben, aber seine Anregungen würden nichtsdestoweniger zu Beschlüssen gemacht und verabschiedet werden, denn der alte Shandess gewährte ihm seine volle Unterstützung und würde es ohne Zweifel auch weiter tun, weil er keinerlei Lust verspürte, als der Erste Sprecher in die Geschichtsbücher einzugehen, unter dem die Zweite Foundation zu bröckeln begonnen hatte.

Hamer!

Gendibal stutzte. Er entdeckte entfernte Anzeichen eines menschlichen Bewußtseins, noch ehe er die Person sah. Es gehörte einem Hamer; einem Farmer, grobschlächtig und ohne Feingeistigkeit. Vorsichtig zog Gendibal seine mentalen Fühler zurück, ließ nur einen so schwachen Kontakt bestehen, daß davon nichts bemerkt werden konnte. Die Zweite Foundation hielt sich in dieser Beziehung sehr streng an ihre Prinzipien. Die Farmer waren die unwissentlichen Strohmänner der Zweiten Foundation. Sie mußten von allem so unberührt wie möglich bleiben.