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Kein Besucher Trantors bekam etwas anderes zu sehen als die Farmer und vielleicht ein paar weniger wichtige ›Forscher‹, die alle mehr oder weniger geistig in der Vergangenheit lebten. Ohne die Farmer müßten die Wissenschaftler mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen, und ebenso, wenn man ihre Unbedarftheit verdarb — und die Folgen wären katastrophal. (Solche Fälle zählten zu den Demonstrationen, von denen man erwartete, daß Neulinge an der Universität sie eigenständig zu erarbeiten und durchzuspielen verstanden. Die fürchterlichen Abweichungen, die sich am Hauptradianten ergaben, sobald man den Geist der Farmer nur begrenzt beeinflußte, waren erstaunlich.)

Gendibal sah ihn. Der Mann war zweifellos ein Farmer, ein Hamer bis ins Mark. Er glich nahezu einer Karikatur des Aussehens, wie man es von trantorischen Farmern kannte — er war hochgewachsen und breitschultrig, braunhäutig, gehüllt in grobe Kleidung, die Arme nackt, Haare dunkel, Augen dunkel, ging ungeschlacht. Gendibal meinte, er könnte an ihm den Bauernhof riechen. (Diesen Leutchen auf keinen Fall zuviel Geringschätzung entgegenbringen, dachte er. Es hat Preem Palver nichts ausgemacht, die Rolle eines Farmers zu spielen, als seine Pläne es erforderten, und dabei war er einem Farmer alles andere als ähnlich gewesen: kleinwüchsig, untersetzt und lasch. Sein Geist war es, der die damals minderjährige Arkady Darell getäuscht hatte, nicht sein Körper.)

Der Farmer kam ihm entgegen, stapfte die Landstraße herunter, stierte ihn unverhohlen an, ein Benehmen, das Gendibal zu einem finsteren Stirnrunzeln veranlaßte. Kein Hamer, ob Mann oder Frau, hatte ihn je so dreist angeblickt. Normalerweise liefen sogar die Kinder davon und gafften nur aus sicherem Abstand.

Gendibal schritt keineswegs langsamer aus. Die Landstraße war breit genug, so daß sie ohne ein Wort und ohne einen Seitenblick aneinander vorüber konnten, und so war es am besten. Er beschloß, auch das Bewußtsein des Farmers zu ignorieren.

Gendibal scherte schräg zur Seite aus, aber der Farmer wollte ihm das offensichtlich nicht durchgehen lassen. Er blieb stehen, stellte sich breitbeinig mitten auf die Landstraße, breitete auch die Arme aus, als gedenke er, den Weg zu versperren. »Ho!« rief er. »Bist’n Forscher?«

Wie sehr er sich auch um Distanz bemühte, es war Gendibal unmöglich, nicht die Woge von Streitsucht im Bewußtsein des Mannes wahrzunehmen. Er blieb auch stehen. Offenbar war es ausgeschlossen, sich einem Wortwechsel zu entziehen, ehe er die Wanderung fortsetzte, und das allein würde schon eine mühselige Sache sein. Gewöhnt an den schnellen, subtilen Austausch von Worten, Mienen, Gedanken und Stimmungen, aus denen die Verständigung unter Zweitfoundationisten sich zusammensetzte, wie er es war, empfand man es stets als zermürbende Umständlichkeit, ins gesprochene Wort allein zurückzufallen. Es war, als wuchte man mit Armen und Schulter an einem Felsklotz herum, während daneben ein Hebeisen lag.

»Ja«, sagte Gendibal ruhig und mit vorsätzlichem Mangel an emotionalem Ausdruck, »ich gehöre zu den Wissenschaftlern.«

»Ho! Ein Wissenschaftler bist du, so. Wir sprechen wohl nu ausländisch? Und als ob ich nich längst gesehn hätt, daß du ’n Forscher bist, oder von mich aus auch ’n Wissenschaftler.« Der Farmer vollführte eine spöttisch gemeinte Verbeugung. »Kleen und hiehnerbriestig und bleich und hochnäsig wie du bist.«

»Was möchten Sie von mir, Hamer?« erkundigte Gendibal sich unbeeindruckt.

»Ich nenne mich Rufirant. Und mein Vorname is Karoll.« Er verfiel in einen immer deutlicheren Akzent, wie er typisch war für die Hamer. Er rollte die r sehr kehlig.

»Und was wünschen Sie von mir, Karoll Rufirant?« fragte Gendibal noch einmal.

»Und wie nennt man dich, Forscher?«

»Spielt das eine Rolle? Sie dürfen mich ruhig weiterhin ›Forscher‹ nennen.«

»Wenn ich frach, spielt’s ’ne Rolle, daß ich ein Antwort krieg, kleener hochnäsiger Forscher!«

»Nun gut. Ich heiße Stor Gendibal, und nun werde ich meinen Angelegenheiten nachgehen.«

»Was sind das für Angelegenheiten?«

Gendibal spürte, wie sich ihm die Nackenhaare sträubten. Ganz nah befanden sich andere Bewußtseinseinheiten. Er brauchte sich nicht umzudrehen, um zu merken, daß hinter ihm inzwischen drei weitere Hamer standen. Im Hintergrund lungerten noch mehr herum. Sie rochen alle ziemlich kräftig nach Farmer.

»Meine Angelegenheiten gehen Sie selbstverständlich nichts an, Karoll Rufirant.«

»So, das sagst?« Rufirant hob seine Stimme. »Kumpels, er sagt, sein Angelegenheiten gehn uns nix an!«

Hinter Gendibal ertönte ein Lachen, dann erklang eine Stimme. »Recht hat er, denn sein Angelegenheiten sind Biecherglotzen und Combuhterspielen, und das is nix für richtig Männer.«

»Was meine Angelegenheiten auch sein mögen«, sagte Gendibal fest, »ich habe nicht vor, mich davon abbringen zu lassen.«

»Und wie soll das laufen, kleener Forscher?« meinte Rufirant.

»Indem ich meines Weges gehe.«

»Das wollst du versuchen? Fierchtest nich, wir halten dir fest?«

»Sie und alle Ihre Kumpane? Oder Sie allein?« Plötzlich verfiel er gleichfalls in den behäbigen Hamer-Dialekt. »Oder fierchtest dich alleen?«

Strenggenommen war es nicht korrekt, den Mann auf diese Weise zu reizen, aber es konnte helfen, eine Massenattacke zu verhindern, und so etwas mußte er vermeiden, weil er sonst womöglich noch größere mentale Indiskretionen begehen müßte.

Seine Absicht gelang. Rufirants Miene verdüsterte sich noch mehr. »Wenn sich wer fierchten muß, dann dich, weil du Schiß hast, Biecherbursche. Kumpels, macht Platz! Geht zur Seite, und er soll kommen und sehen, ob ich mir alleen fierchte!«

Rufirant hob seine kraftvollen Arme und zeigte sie rundum vor wie ein Ringer. Gendibal sorgte sich nicht um die Kampftüchtigkeit des Farmers, wenngleich immer die Chance bestand, daß der eine oder andere üble Hieb traf.

Gendibal näherte sich dem Farmer vorsichtig, während er feinfühlig und schnell in Rufirants Hirn arbeitete. Seine Einflußnahme war geringfügig; nur eine Berührung, unfühlbar, aber ausreichend, um eine entscheidende Verlangsamung der Reflexe auszulösen. Dann zog er sich zurück, befaßte sich mit den übrigen Farmern, die sich nun in größerer Zahl versammelten. Gendibals Sprecher-Verstand huschte gewissermaßen nachgerade virtuos hin und her, blieb nie so lang in einem Bewußtsein, um irgendeine Spur zu hinterlassen, nur lange genug, um hier und da etwas entdecken zu können, was von Nutzen sein mochte.

Er näherte sich Rufirant mit katzenhafter Geschmeidigkeit, sehr wachsam, sich gleichzeitig dessen bewußt — und darüber erleichtert —, daß keiner der anderen Männer Anstalten zeigte, sich einzumischen.

Rufirant drosch plötzlich zu, aber Gendibal sah es in seinem Geist voraus, noch bevor ein einziger Muskel sich zu straffen begann, und wich aus. Die Faust fuhr dicht an ihm vorbei. Gendibal stand unverändert unbeeindruckt da. Den Männern rundherum entfuhr ein einstimmiges Aufkeuchen.

Gendibal unternahm keinerlei Versuche, Schläge zu parieren oder seinerseits welche auszuteilen. Es wäre für ihn schwierig gewesen, einen Hieb abzuwehren, ohne den eigenen Arm zu lähmen, und selber zuzuschlagen, hätte keinen Sinn gehabt, denn dem Farmer wäre jeder Hieb Gendibals wie ein Mückenstich vorgekommen.

Er konnte dem Mann lediglich ausweichen wie einem Stier, ihn immer wieder ins Leere laufen lassen. Das würde seine Moral voraussichtlich stärker beeinträchtigen, als jeder direkte Widerstand es konnte.