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Innerlich seufzte der Erste Sprecher. Es lag in seiner Entscheidungsgewalt die Anwesenden noch warten zu lassen, oder er konnte die Sitzung vertagen, bis gewährleistet war, daß Gendibal teilnahm.

Aber kein Erster Sprecher konnte längere Zeit hindurch reibungslos sein Amt versehen, wenn er nicht zumindest die stillschweigende Unterstützung der anderen Sprecher genoß, und es war immer davon abzuraten, sie zu verärgern. Auch Preem Palver hatte, um sich auf lange Sicht durchsetzen zu können, ab und zu Zugeständnisse machen müssen. Außerdem war Gendibals Abwesenheit wirklich eine krasse Frechheit, auch für das Empfinden des Ersten Sprechers. Gendibal konnte ganz gut eine dahingehende Lektion gebrauchen, daß er nicht machen durfte, was ihm gerade paßte.

»Wir werden nun beginnen«, sagte Shandess.

Wie es ihm in seiner Eigenschaft als Erster Sprecher zustand, fing er mit der Diskussion an. »Sprecher Gendibal hat aus Datenmaterial des Hauptradianten einige sehr bemerkenswerte Schlußfolgerungen gezogen«, erklärte er. »Er glaubt, daß eine Organisation existiert, die effizienter als wir für die Einhaltung des Seldon-Plans sorgt, und daß sie es in eigennütziger Absicht macht. Aus Gründen unserer Verteidigung müssen wir nach seiner Meinung mehr über diese Organisation erfahren. Sie alle sind darüber informiert worden, und diese Sitzung findet statt, damit Sie die Gelegenheit erhalten, Sprecher Gendibal diesbezügliche Fragen zu stellen, so daß wir möglicherweise zu irgendwelchen Beschlüssen über unsere künftige Politik gelangen.«

Eigentlich war es überflüssig, so viele Worte zu machen. Shandess’ Geist stand allen Anwesenden offen, und sie ersahen aus ihm, was sie wissen mußten. Das Sprechen war nur eine Sache der Höflichkeit.

Die Delarmi schaute schnell durch die Runde. Anscheinend waren die anderen damit einverstanden, daß sie die Rolle der Anti-Gendibal-Sprecherin übernahm.

»Aber Gendibal«, sagte sie (und wieder unter Auslassung des Titels), »weiß nicht und kann nichts darüber sagen, was oder wer diese andere Organisation sein soll.«

Sie formulierte ihre Äußerung unmißverständlich als Feststellung, ein Verhalten, das an Grobheit grenzte. Das bedeutete soviel wie: Ich kann deinen Geist analysieren, du kannst dir das ganze Gerede sparen.

Dem Ersten Sprecher entging diese Schroffheit nicht, aber er fällte die rasche Entscheidung, nicht darauf zu achten. »Die Tatsache, daß Sprecher Gendibal…« (er fügte den Titel deutlich hinzu, ohne so weit zu gehen, ihn zu betonen) »nicht weiß und nicht sagen kann, was diese Organisation ist, heißt nicht, daß sie nicht existiert. Die Menschen der Ersten Foundation wußten während eines Großteils ihrer Geschichte buchstäblich nichts von uns, und auch gegenwärtig besitzen sie über uns so gut wie keine Kenntnisse. Wird dadurch unsere Existenz in Frage gestellt?«

»Daraus, daß wir unbekannt sind und doch existieren, ergibt sich keineswegs, daß etwas, um existieren zu können, nur unbekannt sein muß.« Und sie lachte leichthin auf.

»Völlig richtig. Aus diesem Grund müssen Sprecher Gendibals Überlegungen sehr sorgfältig überprüft werden. Sie beruhen auf streng mathematischen Beweisführungen, die ich selber nachvollzogen habe, und ich lege Ihnen allen nahe, sie ebenfalls gründlich zu begutachten. Sie sind…« Er suchte nach einem Ausdruck, der seine Haltung am treffendsten klarstellte. »Es fehlt ihnen nicht an Überzeugungskraft.«

»Und dieser Erstfoundationist, den man im Hintergrund Ihres Bewußtseins bemerkt, den Sie jedoch nicht erwähnen.« (Wieder eine Unhöflichkeit, und diesmal errötete der Erste Sprecher ein wenig.) »Was ist mit ihm?«

»Sprecher Gendibal vertritt die Annahme«, antwortete der Erste Sprecher, »daß dieser Mann namens Trevize — vielleicht unwissentlich — ein Werkzeug dieser Organisation ist und daß wir ihn deshalb nicht unbeachtet lassen dürfen.«

»Falls diese Organisation, was sie auch sein mag, wirklich existiert«, sagte die Delarmi, während sie sich zurücklehnte und ihr angegrautes Haar aus den Augen strich, »und in ihren mentalen Kapazitäten eine Gefahr verkörpert, ist es dann wahrscheinlich, daß sie derartig oberflächlich operiert wie durch einen verbannten Ratsherrn der Ersten Foundation?«

»Das sollte man nicht meinen«, erwiderte der Erste Sprecher gewichtig. »Trotzdem hat etwas mich überkommen, das ich für ebenso bedenkenswert wie bedenklich halte.

Ich kann es selbst nicht begreifen.« Fast unwillkürlich vergrub er den Gedanken daran tief in seinem Bewußtsein, damit die anderen ihn nicht erkannten, so sehr schämte er sich dafür.

Alle Sprecher bemerkten diese mentale Maßnahme, und wie es strikt geboten war, respektierten sie die verschämte Zurückhaltung des Ersten Sprechers. Auch die Delarmi tat es, aber mit Ungeduld. »Dürfen wir darum bitten«, ersuchte sie in der vorgeschriebenen Weise, »daß Sie uns Ihre Gedanken einsehen lassen, Erster Sprecher, weil wir jede Scham verstehen und verzeihen, die Sie empfinden mögen?«

»Ich weiß so wenig wie Sie«, entgegnete der Erste Sprecher, »aus welchen Gründen man annehmen soll, Ratsherr Trevize sei ein Werkzeug der fraglichen anderen Organisation, oder welchen Zwecken er dienen könnte, falls diese Annahme doch zutrifft. Aber anscheinend ist Sprecher Gendibal sich seiner Sache vollkommen sicher, und ich kann bei jemandem, der sich zum Sprecher qualifiziert hat, den möglichen Stellenwert der Intuition nicht von vornherein leugnen. Daher habe ich versucht, den Seldon-Plan auf Trevize anzuwenden.«

»Auf eine einzelne Person?« vergewisserte sich ein Sprecher mit gedämpfter Stimme und spürbarer Überraschung, fügte dann sofort eine Entschuldigung hinzu, weil er seine Frage mit dem unübersehbaren Hintergedanken begleitet hatte, dessen mündliches Äquivalent gelautet hätte: So ein Dummkopf!

»Auf eine einzelne Person«, bestätigte der Erste Sprecher. »Und Sie haben recht. Was bin ich für ein Dummkopf! Ich weiß genau, daß sich der Seldon-Plan nicht auf Individuen anwenden läßt, nicht einmal auf kleine Gruppen von Individuen. Trotzdem — ich war neugierig. Ich habe die Interpersonellen Intersektionen weit über die vertretbaren Grenzen hinaus extrapoliert, aber auf sechzehn verschiedene Weisen, und statt eines bestimmten Punkts habe ich mit einer Region gearbeitet. Ich habe alle Einzelheiten berücksichtigt, die wir über Trevize — ein Ratsherr der Ersten Foundation ist ja kein völliger Niemand — und die Bürgermeisterin der Ersten Foundation wissen. Alles zusammen habe ich — ziemlich frei, muß ich sagen — einer Kalkulation unterzogen.« Er verstummte.

»Und?« fragte die Delarmi. »Ich gehe davon aus, daß… Waren die Resultate überraschend?«

»Es gab keine Resultate, wie Sie alle es sich wohl schon gedacht haben«, sagte der Erste Sprecher. »Mit einem einzelnen Individuum kann man nichts anfangen, und doch… trotzdem…«

»Trotzdem?«

»Vierzig Jahre lange habe ich Resultate analysiert und ein klares Gespür dafür entwickelt, vor der Analyse zu ahnen, wie die Resultate aussehen dürften, und ich habe mich nur selten geirrt. In diesem Fall habe ich sehr stark das Gefühl — obwohl meine Untersuchungen zu keinen konkreten Ergebnissen führten —, daß Sprecher Gendibal recht hat und man Trevize nicht sich selbst überlassen darf.«

»Warum nicht, Erster Sprecher?« hakte die Delarmi nach, offensichtlich angesichts der starken Überzeugung im Bewußtsein des Ersten Sprechers reichlich entgeistert.

»Es beschämt mich«, sagte der Erste Sprecher, »daß ich mich dazu habe verleiten lassen, den Plan für einen Zweck zu gebrauchen, für den er eindeutig ungeeignet ist. Und weiter schäme ich mich dafür, mich nun von etwas leiten zu lassen, das man nicht anders als reine Intuition nennen kann. Aber ich muß es tun, so stark ist in dieser Hinsicht mein Gefühl. Wenn Sprecher Gendibal recht hat, wenn wir von unbekannter Seite bedroht werden, dann wird es, sobald die Zeit kommt, da unsere Sache in eine Krise gerät, Trevize sein, der die entscheidende Karte in seiner Hand hält. Das ist meine Überzeugung.«