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»Nur Nummer Vier, Sprecher«, antwortete der Hauswart. »Er ist für drei Stunden frei.« Mit einem Ausdruck völliger Unschuld sah er erst die Hamerin an, dann Gendibal.

»Wir werden uns in Nummer Vier unterhalten, Hauswart, und ich rate Ihnen dringend, auf Ihre Gedanken zu achten.« Gendibal führte einen unsanften mentalen Stoß, und der Hauswart erhob seine Abschirmung viel zu langsam. Gendibal wußte sehr gut, daß es eigentlich unter seiner Würde war, einen Untergebenen mit unterlegenem Verstand zu züchtigen, aber eine Person, die nicht dazu imstande war, eine unerfreuliche Mutmaßung bezüglich eines Vorgesetzten für sich zu behalten, mußte wenigstens lernen, sich nicht darin zu gefallen. Der Hauswart würde ein paar Stunden lang scheußliche Kopfschmerzen haben, und die waren durchaus verdient.

28

Er konnte sich nicht sofort auf den Namen besinnen und befand sich auch keineswegs in der Stimmung, um in seinem Gedächtnis ausgiebig danach zu suchen. Sie durfte wohl schwerlich erwarten, daß er sich erinnerte.

»Ich habe Ihren Namen vergessen«, sagte er mürrisch.

»Ich bin Novi, Meister Forscher«, entgegnete sie, indem sie fast loskeuchte. »Mein Vornam is Sura, aber man ruft mir Novi.«

»Ja, richtig. Novi. Wir sind uns gestern begegnet. Ich entsinne mich. Ich habe keineswegs vergessen, daß Sie mir zu Hilfe gekommen sind.« Er brachte es nicht fertig, sich auf dem Gelände der Universität des Hamer-Dialekts zu bedienen. »Wie sind Sie hergelangt?«

»Meister, du hast sagt, ich könnt ein Brief schreiben. ›Sprecherhaus, Apartment siebenundzwanzig‹ sollte drauf stehen, hast sagt. Nu bring ich ihm selber und zeig dich mein eigen Schrift drauf, Meister.« Sie sagte das mit einer Art von verschämtem Stolz. »›Für wem is das Schrieb?‹ fragen sie mir. ›Ich hab gehört, wie du’s diesem ungehobelten Grobian gegeben hast, dem Rufirant.‹ Ich sag, is für Stor Gendibal, Meister Forscher.«

»Und man hat Sie durchgelassen, Novi? Wollte niemand den Brief sehen?«

»Ich hab mich gefierchtet. Ich dacht, vielleicht sind sie nich freundlich. ›Forscher Gendibal hat mich versprochen, mich Forscherstadt zu zeigen‹, hab ich sagt, und sie haben gelächelt. Einer am Tor sagte zum anderen, ›und das wird nich alles sein, was er ihr zeigt‹. Und sie sagten, wie ich gehen muß, und daß ich nich woanders gehen soll, sonst tät ich gleich wieder rausfliegen.«

Gendibal errötete ein wenig. Bei Seldon, falls er das Bedürfnis nach hamischem Amüsement verspürte, würde er wohl kaum so offen vorgehen, und seine Wahl fiele bestimmt etwas anspruchsvoller aus. Er betrachtete die Trantoranerin mit einem innerlichen Kopfschütteln.

Sie wirkte noch ziemlich jung; vielleicht war sie jünger, als sie infolge der harten Arbeit aussah. Sie konnte nicht älter als fünfundzwanzig sein, ein Alter, in dem hamische Frauen normalerweise schon verheiratet waren. Sie trug ihr schwarzes Haar zu den Zöpfen geflochten, die sie als unverheiratet kennzeichneten — sogar als Jungfrau auswiesen —, und das überraschte ihn keineswegs. Wie sie gestern mit dem Kerl namens Rufirant umgesprungen war, enthüllte ein bedeutendes Talent zum Zankteufel, und er bezweifelte, daß sich ohne weiteres ein Hamer finden ließ, der sich es zutraute, es sowohl mit ihrer losen Zunge wie auch ihrer anscheinend lockeren Faust aufzunehmen. Auch ihre Erscheinung war nicht besonders attraktiv. Obwohl sie sich allerlei Mühe gegeben hatte, präsentabel auszusehen, blieb ihr Gesicht doch kantig und schlicht, ihre Hände waren unverändert rot und knubblig. Was er von ihrer Figur sehen konnte, machte den Eindruck, als sei sie weniger zur Anmut als zur Belastungsfähigkeit geschaffen.

Unter seiner aufmerksamen Musterung begann ihre Unterlippe zu zittern. Er vermochte ihre Verlegenheit und Ängstlichkeit deutlich zu spüren und empfand Mitleid. Aber sie war ihm gestern wirklich eine große Hilfe gewesen, und das war ein Umstand, der zählte.

»So, und nun sind Sie also gekommen«, sagte er in einem Versuch, sich sowohl geistreich wie auch besänftigend zu äußern, »um sich… äh… die Forscherstadt anzuschauen?«

Sie öffnete weit ihre dunklen Augen, die andererseits sehr reizend aussahen. »Meister«, sagte sie, »sei nich sauer mit mich, aber ich komm, um selber Forscherin zu werden.«

»Sie möchten Forscherin werden?!« Gendibal fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. »Liebe Frau…«

Er verstummte. Bei Trantor, wie sollte er einer total ungebildeten Person von Farmerin erläutern, welchen Intelligenzgrad, was für eine Ausbildung und welche geistige Kraft es erforderte, das zu werden, was Trantoraner einen ›Forscher‹ nannten?

Aber Sura Novi begann schon heftig Erklärungen abzugeben. »Ich kann schreiben und lesen. Ich hab auch schon ganze Biecher von vorn bis hinten gelesen. Und ich will Forscherin werden. Ich will kein Farmersfrau sein. Ich bin nich für ’ne Farm. Ich will kein Farmer heiraten und kein Farmerkinder kriegen.« Sie hob stolz den Kopf. »Ich bin gefragt worden. Vielmals. ›Nee‹, sag ich immer. Höflich bin ich, aber ich bleib bei Nee.«

Gendibal erkannte klar genug, daß sie log. Niemand hatte sie gefragt; aber er ließ es dabei bewenden. »Was wollen Sie mit Ihrem Leben anfangen«, erkundigte er sich, »wenn Sie nicht heiraten?«

Sura Novi schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ich will Forscherin sein. Ich will kein Farmersfrau sein.«

»Und falls ich keine Forscherin aus Ihnen machen kann?«

»Dann bin ich nix und wart auf ’n Tod. Wenn ich kein Forscherin sein kann, will ich im Leben halt gar nix sein.«

Einen Moment lang verspürte Gendibal den Wunsch, ihr Bewußtsein nach den inneren Beweggründen ihrer Motivation zu durchsuchen, aber das wäre ein Fehlverhalten gewesen. Man wurde nicht Sprecher, um nach Lust und Laune im Geist anderer Leute umherzustöbern, die dagegen hilflos waren. Die Mentalik hatte ihren Kodex, genau wie jede andere organisierte Tätigkeit. Oder jedenfalls sollte es so sein. (Er bedauerte es plötzlich, dem Hauswart einen Denkzettel verpaßt zu haben.)

»Warum denn nicht Farmersfrau, Novi?« meinte er. Mit einer kleinen Manipulation war er dazu imstande, ihr Zufriedenheit mit einem solchen Dasein zu suggerieren, und ebenso würde er irgendeinen hamischen Schlingel dahingehend manipulieren können, daß er sie mit dem größten Vergnügen heiratete — und sie konnte er dazu bringen, glücklich zu sein ihn zu heiraten. Er erwiese allen Beteiligten damit einen großen Gefallen. Aber so etwas war gegen die Prinzipien und undenkbar.

»Ich will nich«, antwortete sie. »Ein Farmer is ein Erdwiehler. Er arbeitet mit Erdklumpen, und er wird zum Erdklumpen. Wenn ich Farmersfrau bin, hab ich kein Zeit zum Lesen und Schreiben und vergeß alles. Mein Kopf…« — sie legte eine Hand an die Schläfe — »wird stumpf und mies. Nee! Ein Forscher is anders. Macht sich viel Gedanken.« (Damit meinte sie, bemerkte Gendibal, die Intelligenz, nicht etwa bloße Grüblerei.)

»Ein Forscher«, fügte sie hinzu, »lebt mit Biechern und… und mit… Ich hab vergessen, was das Nam is.« Sie vollführte eine Geste, die anscheinend irgendein vages Tun andeuten sollte; ohne ihre aufschlußreichen mentalen Schwingungen hätte er nicht verstehen können, was sie zu bedeuten hatte.

»Mikrofilme«, sagte er. »Woher kennen Sie Mikrofilme?«

»In Biechern les ich von vielem«, erwiderte sie voller Stolz.

Gendibal vermochte den Wunsch, mehr über sie zu erfahren, nicht länger zu unterdrücken. Sie war für einen Hamer höchst ungewöhnlich; von so einem Fall hatte er noch nie gehört. Die Zweite Foundation rekrutierte unter den Hamer nicht; aber wäre Sura Novi jetzt erst zehn Jahre alt…