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Was für ein Jammer! Er beabsichtigte nicht, irgendwie auf sie einzuwirken, nicht im geringsten; aber welchen Nutzen hatte es denn, Sprecher sein, wenn man nicht die Möglichkeit wahrnahm, einen außergewöhnlichen Geist zu begutachten und daraus etwas zu lernen?

»Novi«, sagte er, »ich möchte, daß Sie sich für einen Moment dort hinsetzen. Bleiben Sie ganz ruhig. Sprechen Sie nicht. Denken Sie erst gar nicht daran, irgend etwas zu sagen. Denken Sie nur ans Einschlafen. Haben Sie verstanden?«

Sofort war sie wieder furchtsam. »Warum muß ich das tun, Meister?«

»Weil ich darüber nachzudenken wünsche, wie Sie eine Forscherin werden könnten.«

Ganz egal, was sie gelesen haben mochte, sie konnte keinesfalls eine Ahnung davon besitzen, was es wirklich hieß, eine ›Forscherin‹ zu sein. Deshalb war es erforderlich, daß er herausfand, für was sie einen Forscher eigentlich hielt.

Sehr vorsichtig und mit unendlicher Feinfühligkeit untersuchte er ihren Geist, tastete nach dem, was er suchte, ohne irgend etwas tatsächlich anzutasten — so wie man eine Hand auf eine blanke Metallfläche senken mag, ohne Fingerabdrücke zu hinterlassen. Für sie war ein Forscher jemand, der dauernd Bücher las. Sie hatte nicht die leiseste Vorstellung, warum es sich überhaupt lohnte, Bücher zu lesen.

Eine ›Forscherin‹ zu sein, das hieß für sie, die gleiche Arbeit wie bisher zu verrichten — ihr Verstand enthielt ein deutliches Bild von den Dingen, mit denen sie sich auskannte: Besorgungen machen, Gegenstände schleppen, Kochen, Putzen, Anweisungen befolgen —, aber in der Universität, wo es jede Menge Bücher gab und wo sie (nach ihren Erwartungen) die Zeit finden würde, sie zu lesen und dadurch auf vage Weise ›gelehrt‹ zu werden.

Worauf alles hinauslief, war nichts anderes, als daß sie eine Dienerin werden wollte; seine Dienerin, Gendibals Dienerin.

Gendibal schnitt ein finsteres Gesicht. Eine hamische Dienerin, dazu eine, die schlicht war, ohne Anmut, ungebildet, mit Mühe und Not lesen und schreiben konnte. Unvorstellbar.

Er mußte sie ganz einfach loswerden. Sicherlich gab es einen gangbaren Weg, um ihre Wünsche in herkömmlichere Bahnen zu lenken und sie mit dem Dasein einer Farmerin zufrieden zu machen, irgendeine Methode, die keine Spuren zurückließ, über die sich die Delarmi folglich nicht beschweren konnte.

Oder hatte etwa die Delarmi sie geschickt? War das alles ein gerissener Plan, um ihn zur Beeinflussung eines Hamer-Bewußtseins zu verleiten, ihn dann anzuprangern und anzuklagen?

Lachhaft! Er schwebte wirklich in der Gefahr, paranoid zu werden. Er brauchte nur irgendwo in den simplen Verästelungen ihres unkomplizierten, unberührten Gemüts eine winzigkleine Anpassung vorzunehmen, ein Rinnsal mentaler Ströme umzuleiten.

Dergleichen verstieß gegen den Buchstaben des Gesetzes, aber konnte keinen Schaden anrichten, und niemand würde es je bemerken.

Er verharrte.

Zurück. Zurück. Zurück.

Raum und Zeit! Fast hätte er es übersehen!

War er das Opfer eines Irrtums?

Nein! Nachdem er darauf aufmerksam geworden war, vermochte er die Unregelmäßigkeit klar zu erkennen. Eine ganz winzige Verästelung wies eine Abweichung auf — eine anomale Veränderung. Von welcher delikaten Natur sie war, wie frei von allen auffälligen Nebenerscheinungen!

Gendibal zog sich aus Sura Novis Bewußtsein zurück. »Novi?« sprach er sie leise an.

Ihr Blick gewann seinen Fokus wieder. »Ja, Meister?« antwortete sie.

»Sie dürfen mit mir arbeiten«, sagte Gendibal. »Ich werde Sie zu einer Forscherin machen…«

»Meister…!« begann sie erfreut, und ihre Augen blitzten auf.

Er sah es im gleichen Moment voraus — sie wollte sich ihm zu Füßen werfen. Er legte seine Hände auf ihre Schultern und stemmte sich nachdrücklich gegen sie. »Rühren Sie sich nicht von der Stelle, Novi! Bleiben Sie stehen. Stehenbleiben!«

Er hätte ebensogut zu einem erst halb dressierten Tier reden können. Als er sah, daß seine Anordnung zu ihr durchgedrungen war, ließ er sie los. Er hatte die Härte der Muskeln an ihren Oberarmen gespürt.

»Wenn Sie eine Forscherin werden wollen«, sagte er, »müssen Sie sich auch wie eine benehmen. Das heißt, Sie müssen immer die Ruhe bewahren, stets leise reden, immer tun, was ich Ihnen sage. Und Sie müssen zu lernen versuchen, so zu sprechen, wie ich spreche. Sie werden auch mit anderen Forschem Umgang pflegen müssen. Fürchten Sie sich?«

»Wenn du bei mich bist, Meister, werd ich mir nich fierchten… fürchten.«

»Ich werde dabei sein. Aber zuerst einmal… Ich muß Ihnen ein Apartment besorgen, man muß Ihnen einen Waschraum zuweisen, Sie brauchen einen Platz im Speisesaal, neue Kleidung muß her. Sie müssen Kleidung tragen, die besser zu einer Forscherin paßt, Novi.«

»Das hier is alles, was ich…«, begann sie kummervoll.

»Wir verschaffen Ihnen andere Sachen.«

Er mußte eine Frau damit beauftragen, Novi neue Kleider zu besorgen, und ebenso mußte jemand weiblichen Geschlechts dieser Hamerin die Grundlagen der körperlichen Hygiene vermitteln. Obwohl die Kleidungsstücke, die sie trug, wahrscheinlich ihre besten waren, und obwohl sie sich offenbar ein bißchen herausgeputzt hatte, haftete ihr nach wie vor ein merklicher Geruch an, der ein wenig unangenehm war.

Und er mußte sich bemühen, das Verhältnis zwischen ihnen klar ersichtlich zu machen. Es handelte sich dabei, daß Männer (und auch Frauen) der Zweiten Foundation bisweilen zum persönlichen Vergnügen Freundschaften mit Hamern schlossen, um ein allbekanntes, offenes Geheimnis. Solange es dabei zu keinen Beeinträchtigungen eines Hamer-Bewußtseins kam, fiel es niemandem nur im Traum ein, deswegen Aufhebens zu machen. Gendibal selbst hatte sich auf so etwas noch nie eingelassen, und er fühlte sich im allgemeinen recht wohl mit der Annahme, daß es sich so verhielt, weil er kein Bedürfnis nach herberer oder gepfefferterer Sexualität verspürte, als man sie an der Universität trieb. Im Vergleich mit den Hamerinnen mochten die Frauen der Zweiten Foundation bläßliche Persönchen sein, aber sie waren sauber, und ihre Haut war glatt und geschmeidig.

Doch selbst wenn man die Angelegenheit mißverstand, falls man über Sprecher Gendibal, der sich nicht nur für eine Hamerin interessierte, sondern sie sogar ins Haus holte, geringschätzig die Nase rümpfen sollte — er würde sich daran gewöhnen müssen, die Peinlichkeiten zu ertragen. Nach dem Stand der Dinge war diese Farmerin mit Namen Sura Novi in dem bevorstehenden Duell mit Sprecherin Delarmi der Schlüssel zu seinem Sieg über die ganze restliche Tafel der Sprecher.

29

Gendibal sah Sura Novi erst nach dem Mittagessen wieder, als sie zu ihm kam, gebracht von der Frau, der er die Situation mit endlosen Darlegungen ausführlich erklärt hatte — wenigstens den nichtsexuellen Charakter der Situation. Sie hatte vollauf verstanden — oder zumindest sich keine Anzeichen irgendeines Mißverstehens anmerken lassen, und das war vielleicht genauso gut.

Nun stand Sura Novi gleichermaßen keß, verlegen, stolz und voller Triumph vor ihm — alles gleichzeitig in äußerst widersprüchlicher Mischung.

»Sie sehen sehr… oh… nett aus, Novi«, sagte er.

Die Kleidung, die man ihr zum Anziehen gegeben hatte, paßte ihr bemerkenswert gut, und ohne Frage sah sie jedenfalls keineswegs lächerlich aus. Hatte man ihre Taille eingeschnürt? Ihre Brüste gehoben? Oder war beides zuvor nur aufgrund ihrer schlichten Farmerklamotten nicht erkennbar gewesen?

Ihr Gesäß war augenfällig, aber nicht auf unerfreuliche Weise. Ihr Gesicht war natürlich noch immer fad, aber wenn die Bräune, die vom vielen Aufenthalt im Freien stammte, erst einmal verblaßt war, und sie gelernt hatte, ihre Haut zu pflegen, würde es vermutlich nicht mehr rundheraus häßlich aussehen.