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Beim Alten Imperium, die Frau hatte gedacht, Novi solle seine Geliebte werden. Sie hatte versucht, sie für ihn ein wenig anzuhübschen.

Und dann dachte er: Na, und warum nicht?

Sura Novi mußte sich vor der Tafel der Sprecher blicken lassen, und je attraktiver sie wirkte, um so leichter würde alles ablaufen.

Während er das überlegte, erreichte ihn ein mentaler Ruf des Ersten Sprechers. Es geschah mit einer Selbstverständlichkeit, wie sie nur in einer ausgeprägt mentalen Gesellschaft der Fall sein konnte. Man nannte so etwas mehr oder weniger offiziell ›Koinzidenzeffekt‹. Wenn jemand vage an einen anderen denkt, der im selben Augenblick vage an ihn denkt, entsteht eine wechselseitige, sich gegenseitig verstärkende Stimulation, die binnen Sekunden diese beiden Gedanken schärft, verdeutlicht und allem Anschein nach auch gleichrichtet.

Dieses Phänomen kann ein verblüffendes Erlebnis sein, auch für jemanden, der es intellektuell versteht, vor allem, wenn der vorangehende vage Gedanke — auf der einen oder anderen Seite (oder beiderseits) — so schwach ist, daß er keinen bewußten Effekt haben dürfte.

»Heute abend habe ich leider keine Zeit für Sie, Novi«, sagte Gendibal. »Ich habe dringende Forscheraufgaben zu erledigen. Ich zeige Ihnen Ihr Apartment. Dort finden Sie Bücher und können sich im Lesen üben. Ich werde Ihnen erklären, wie Sie die Sprechverbindung benutzen, falls jemand Ihnen bei irgend was helfen soll. Und morgen sehen wir uns wieder.«

30

»Erster Sprecher?« sagte Gendibal höflich.

Shandess nickte lediglich. Er sah grämlich aus, und man sah ihm alle seine Jahre an. Er wirkte, als sei er ein Mann, der nicht trank, aber eigentlich ganz gut einen anständigen Drink gebrauchen könnte. »Ich habe Sie gerufen…«, begann er schließlich.

»Nicht durch einen Boten, sondern per Direktruf. Daraus schlußfolgere ich, daß es sich um eine höchst wichtige Sache handelt.«

»Das stimmt. Ihr Mann da… dieser Erstfoundationist… Trevize…«

»Ja?«

»Er kommt nicht nach Trantor.«

Gendibal zeigte keine Überraschung. »Warum sollte er? Die uns zugegangene Information hat besagt, er sei mit einem Professor der Vorgeschichte aufgebrochen, um mit ihm die Erde zu suchen.«

»Ja, den legendären Planeten des Ursprungs. Und deshalb sollte eigentlich fest damit zu rechnen gewesen sein, daß er nach Trantor kommt. Denn weiß etwa der Professor, wo die Erde zu finden ist? Wissen Sie’s? Weiß ich es? Können wir sicher sein, daß sie überhaupt existiert, je existiert hat? Man hätte erwarten dürfen, daß sie die hiesige Bibliothek aufsuchen, um an entsprechende Informationen zu gelangen — falls sich jemand überhaupt von irgendwo derartige Informationen erhoffen kann. Bis jetzt habe ich die Situation nicht als kritisch empfunden — ich bin davon ausgegangen, daß der Erstfoundationist nach Trantor kommt und wir von ihm erfahren können, was wir wissen müssen.«

»Genau das wird der Grund sein, warum man nicht zuläßt, daß er kommt.«

»Aber wohin fliegt er denn?«

»Haben wir das noch nicht herausgefunden?«

»Diesbezügliche Nachricht steht noch aus. Das alles regt Sie anscheinend…« (und diese Bemerkung machte der Erste Sprecher ziemlich gereizt) »nicht besonders auf.«

»Ich frage mich«, antwortete Gendibal, »ob’s so nicht sogar besser ist. Sie hätten es lieber gesehen, daß er nach Trantor kommt, damit wir ihn in sicherer Reichweite haben und als Informationsquelle benutzen können. Aber wird er sich nicht als Quelle viel wichtigerer Informationen erweisen, auch Informationen über erheblich wichtigere Personen als ihn, wenn er geht, wohin er will, und treibt, was ihm paßt — vorausgesetzt, wir verlieren ihn nicht aus den Augen?«

»Das ist mir zu wenig«, entgegnete der Erste Sprecher. »Sie haben mich davon überzeugt, daß dieser neue Feind unserer Organisation existiert, und ich finde keine Ruhe mehr. Schlimmer noch, ich bin zu der Überzeugung gelangt, daß wir diesen Trevize haben müssen, oder wir werden alles verlieren. Ich werde das Gefühl nicht los, daß er — er und nichts anderes — der Schlüssel ist.«

»Was auch geschieht, wir werden nicht unterliegen, Erster Sprecher«, versicherte Gendibal eindringlich. »So etwas wäre möglich gewesen, hätten diese ›Anti-Füchse‹, um nochmals Ihren Ausdruck zu gebrauchen, weiterhin in unserer Mitte ungestört ihre Löcher gegraben. Aber jetzt wissen wir, daß es sie gibt. Wir sind nicht länger blind. Auf der nächsten Sitzung der Tafel der Sprecher können wir, wenn wir zusammenarbeiten, den Gegenangriff einleiten.«

»Es war nicht der Fall Trevize«, sagte der Erste Sprecher, »weshalb ich Sie mit einem Direktruf herbeordert habe. Ich bin lediglich, weil ich in dieser unerwarteten Entwicklung einen persönlichen Fehlschlag sehe, zuerst darauf zu sprechen gekommen. Ich habe diesen Aspekt der Situation fehlanalysiert. Aber es war falsch, persönlichen Ärger über die allgemeine Politik zu stellen, und ich bitte um Entschuldigung. Etwas anderes hat sich ergeben.«

»Eine noch ernstere Sache, Erster Sprecher?«

»Weit ernster, Sprecher Gendibal.« Der Erste Sprecher seufzte und trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte, während Gendibal geduldig davor stand und wartete.

»Es handelt sich«, sagte der Erste Sprecher schließlich auf lässige Weise, als wolle er dadurch den Schock lindern, »um eine Sondersitzung der Tafel der Sprecher, initiiert durch Sprecherin Delarmi…«

»Ohne Ihre Zustimmung, Erster Sprecher?«

»Für das, worauf’s ihr ankam, brauchte sie nur die Zustimmung von drei anderen Sprechern, mich ausgeschlossen. Die Sondersitzung hat stattgefunden, Sprecher Gendibal, und es ist eine Anklage gegen Sie erhoben worden. Sie werden beschuldigt, der Position eines Sprechers unwürdig zu sein, und man verlangt, Sie Ihres Postens zu entheben. Das ist das erste Mal seit über drei Jahrhunderten, daß gegen einen Sprecher eine solche Anklage erhoben wird, und…«

»Sie haben doch sicherlich nicht für die Anklage gestimmt?« fragte Gendibal, der alle Regungen des Zorns zu unterdrücken versuchte.

»Natürlich nicht, aber ich stand damit allein. Der Rest der Versammlung war einhelliger Meinung, und die Abstimmung fiel elf zu eins für die Anklage aus. Die vorgeschriebene Stimmenzahl für eine Anklage ist, wie Sie wissen, acht Stimmen einschließlich der Stimme des Ersten Sprechers, oder elf ohne seine.«

»Aber ich war nicht anwesend.«

»Sie hätten ohnehin nicht abstimmen dürfen.«

»Aber ich hätte mich verteidigen können.«

»In der Phase des Verfahrens ist das noch nicht statthaft. Die Möglichkeit zur Verteidigung erhalten Sie während der Verhandlung, die natürlich so bald wie möglich stattfinden wird.«

Nachdenklich senkte Gendibal den Kopf. »Diese Angelegenheit bereitet mir keine allzu große Sorge, Erster Sprecher«, sagte er dann. »Ihr anfänglicher Instinkt war richtig, glaube ich. Der Fall Trevize hat Vorrang. Darf ich vorschlagen, daß Sie die Verhandlung mit dieser Begründung aufschieben?«

Der Erste Sprecher hob eine Hand. »Ich mach’s Ihnen nicht zum Vorwurf, wenn Sie den Ernst der Lage nicht voll verstehen, Sprecher. Eine Anklage zwecks Amtsenthebung kommt so selten vor, daß selbst ich mich erst einmal wieder über die Verfahrensfragen informieren mußte. Es ist so, daß nichts Vorrang hat. Wir sind dazu verpflichtet, die Verhandlung schnellstens durchzuführen, unter Aufschub buchstäblich alles anderen.«

Gendibal stemmte seine Fäuste auf den Tisch und beugte sich vor, zum Ersten Sprecher hinab. »Das ist doch nicht Ihr Ernst!«

»Das Gesetz schreibt es so vor.«

»Man kann doch nicht dulden, daß das Gesetz der Bekämpfung einer eindeutig erkannten, akuten Gefahr im Wege steht.«