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»Alle auf einmal? Aber…«

»Nein, nicht alle auf einmal, keine Sorge. So tollkühn bin ich nun doch noch nicht. Die Sprünge werden einer nach dem anderen vorgenommen, genau wie ursprünglich beabsichtigt, und ich werde trotzdem nach jedem Sprung die Positionsdaten nachprüfen, und wenn sie innerhalb der Toleranzgrenzen liegen, leiten wir den nächsten Sprung ein. Wann immer mir die Abweichung zu groß vorkommt — und ich habe die Grenzen wahrhaftig nicht zu großzügig bemessen, glauben Sie mir —, werden wir einen Zwischenhalt einschieben und alle restlichen Etappen neu durchrechnen.«

»Wann wollen Sie weitermachen?«

»Wann? Na, jetzt. Sofort! Sehen Sie, Sie arbeiten an dem Index für Ihre Bibliothek…«

»Oh, ja, sicher, wissen Sie, das ist eine Gelegenheit, das endlich zu erledigen, Golan, ich hatte es seit Jahren immer vor, aber dauernd kam mir was in die Quere.«

»Ich habe keinerlei Einwände. Befassen Sie sich ruhig weiter damit, machen Sie sich um nichts Gedanken. Konzentrieren Sie sich auf den Index. Ich kümmere mich um alles andere.«

Pelorat schüttelte den Kopf. »Seien Sie nicht albern. Ich kann keine Ruhe finden, bis das alles ausgestanden ist. Ich bin stocksteif vor Grausen.«

»Dann hätte ich Ihnen lieber nichts erzählen sollen — aber mit irgend jemand muß ich ja reden, und Sie sind der einzige weit und breit, der sich anbietet. Lassen Sie mich ganz offen sprechen. Es besteht jederzeit die Möglichkeit, daß wir aus dem Hyperraum, wie perfekt der Sprung auch sein mag, genau an der Stelle rematerialisieren, wo gerade ein Meteor dahinsaust, oder wo sich ein Winzling von einem Schwarzen Loch befindet, und das Raumschiff wird zerstört, wir kommen ums Leben. Theoretisch kann so was durchaus passieren. Aber die Wahrscheinlichkeit ist gering.

Genauso gut könnte man annehmen, Janov, Sie sind daheim, sitzen in Ihrem Arbeitszimmer an Ihren Mikrofilmen, oder Sie liegen in Ihrem Bett und schlafen, und da kommt durch Terminus’ Atmosphäre ein Meteor herabgeschwirrt und trifft Sie auf den Kopf, und Sie sind tot. Diese Wahrscheinlichkeit ist ebenso gering. In der Tat ist die Wahrscheinlichkeit, unmittelbar nach einem Hypersprung mit etwas zu kollidieren, das gefährlich ist und gleichzeitig zu klein, als daß der Computer es orten kann, sogar wesentlich geringer als die, daß ein Meteor ausgerechnet Sie in Ihrem eigenen Haus trifft. Nach meiner Kenntnis ist während der gesamten Geschichte der Hyperraumfahrt niemals ein Raumer durch so etwas verlorengegangen. Und ein andersartiges Risiko, das nämlich, mitten in einem Stern zu materialisieren, ist noch kleiner.«

»Warum erzählen Sie mir dann all das, Golan?« wollte Pelorat wissen.

Trevize schwieg für einen Moment, senkte nachdenklich den Kopf. »Ich weiß es selber nicht«, sagte er dann. »Doch, ich weiß es«, fügte er aber sofort hinzu. »Ich nehme an, es liegt an dem Gedanken, daß nun einmal, wie niedrig die Wahrscheinlichkeit auch sein mag, so eine Katastrophe irgendwann doch geschehen muß, wenn nur genug Leute das Risiko eingehen. Ganz egal, wie sicher ich mir bin, daß nichts passieren wird, in mir gibt’s trotzdem eine hartnäckige Stimme, die sagt: ›Vielleicht passiert’s ausgerechnet diesmal.‹ Und deswegen habe ich ein bißchen ein schlechtes Gewissen. Ich glaube, daran liegt’s. Janov, wenn etwas schiefgehen sollte, bitte verzeihen Sie mir.«

»Aber, Golan, mein Bester, falls etwas schiefgeht, werden wir beide augenblicklich tot sein. Ich wäre nicht dazu imstande, Ihnen zu verzeihen, und Sie könnten sich nicht von mir verzeihen lassen.«

»Das ist mir klar, also verzeihen Sie mir jetzt, ja?«

Pelorat lächelte. »Ich weiß nicht, wieso, aber irgendwie hebt Ihre Idee meine Stimmung. Sie ist auf unerklärliche Weise angenehm humorig. Natürlich würde ich Ihnen verzeihen, Golan. Die Weltliteratur kennt zahllose Mythen über irgendeine Form des Lebens nach dem Tod, und sollte es so was tatsächlich geben — wofür die Wahrscheinlichkeit ungefähr so groß ist wie für eine Kollision mit einem Schwarzen Loch, vermute ich, wenn nicht geringer —, und wir sehen uns im gleichen Zweitleben wieder, dann werde ich bezeugen, daß Sie nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben und Ihnen wegen meines Todes kein schuldhaftes Versagen anzulasten ist.«

»Vielen Dank! Nun bin ich echt erleichtert. Ich bin bereit, das Risiko auf mich zu nehmen, aber mir war nicht wohl bei der Vorstellung, daß Sie davon auch betroffen sind.«

Pelorat drückte Trevize die Hand, schüttelte sie. »Wissen Sie, Golan, ich kenne Sie ja noch keine volle Woche, und vermutlich sollte man in solchen Dingen keine voreiligen Urteile fällen, aber ich finde, Sie sind ein unheimlich prächtiger Bursche! Und nun lassen Sie uns die Sache anpacken und hinter uns bringen!«

»So ist’s richtig! Ich brauche bloß noch die Kontaktflächen zu berühren. Der Computer hat seine Anweisungen, er wartet sozusagen nur noch darauf, daß ich sage: Los geht’s! Möchten nicht doch Sie…?«

»Niemals! Das ist ganz allein Ihre Aufgabe. Es ist Ihr Computer.«

»Na gut. Und außerdem habe ich die Verantwortung. Sie sehen, ich versuche noch immer, mich irgendwie zu drücken. Behalten Sie den Bildschirm im Auge!«

Mit bemerkenswert sicheren Händen und völlig aufrichtigem Lächeln in seiner Miene stellte Trevize den Kontakt zum Computer her.

Einen Moment lang geschah nichts, dann veränderte sich das Sichtfeld; danach nochmals, und noch einmal. Die Sterne breiteten sich dichter und heller auf dem Bildschirm aus.

Unterdrückt zählte Pelorat mit. Als er bei fünfzehn angelangt war, trat eine Verzögerung auf, als klemme irgend etwas.

»Was stimmt denn jetzt nicht?« flüsterte Pelorat, anscheinend besorgt, jedes laute Wort könne einem defekten Mechanismus den Rest geben. »Was ist geschehen?«

Trevize zuckte die Achseln. »Ich nehme an, der Computer stellt neue Berechnungen an. Irgendein Objekt im Raum dürfte das universelle Gravitationsfeld erheblich verzerren, ein Objekt, das vorher nicht berücksichtigt werden konnte… vielleicht ein nichtkartographierter Zwergstern oder ein vagabundierender Planet.«

»Gefährlich?«

»Da wir noch leben, ist die Situation nahezu mit Gewißheit ungefährlich. Ein Planet kann hundert Millionen Kilometer entfernt sein und doch genug Schwerkraftverzerrungen verursachen, um neue Berechnungen nötig zu machen. Ein Zwergstern kann zehn Milliarden Kilometer entfernt sein und trotzdem…«

Da veränderte sich das Schirmbild erneut, und Trevize verstummte. Und nochmals. Und wieder.

Zum Schluß, als Pelorat »Achtundzwanzig« gesagt hatte, blieb jede weitere Fortbewegung aus.

Trevize konsultierte den Computer. »Wir sind da«, gab er bekannt.

»Ich habe insgesamt achtundzwanzig Sprünge gezählt. Sie haben gesagt, es sollen neunundzwanzig sein.«

»Die Neuberechnung nach dem fünfzehnten Sprung hat uns einen Sprung erspart. Ich kann den Computer gegenprüfen, wenn Sie’s möchten, aber es ist eigentlich überflüssig. Wir sind im Gebiet des Planeten Sayshell. Der Computer gibt’s an, und ich bezweifle es nicht. Würden wir die Außenübertragung entsprechend ausrichten, könnten wir eine hübsche, helle Sonne sehen, aber es erübrigt sich, die Filterkapazität sinnlosen Belastungsproben zu unterwerfen. Sayshell ist der vierte Planet und von unserer gegenwärtigen Position ungefähr 3,2 Millionen Kilometer entfernt, und dieser Abstand ist so groß, wie man ihn sich beim Abschluß einer Hypersprungfolge wünscht. Wir können Sayshell in drei Tagen erreichen — in zwei, wenn wir uns beeilen.«

Trevize atmete erneut tief durch, streifte einiges von seiner Angespanntheit ab.

»Begreifen Sie überhaupt, was das heißt, Janov?« ergänzte er. »Jedes Raumschiff, auf dem ich jemals war, oder von dem ich je gehört habe, hätte diese Hypersprünge in Abständen von jeweils einem Tag durchgeführt, um Zeit für peinlich genaue Berechnungen und Überprüfungen zu haben, selbst mit Computer. Der Flug hätte unter solchen Umständen fast einen Monat gedauert. Oder vielleicht zwei bis drei Wochen, wenn man nicht allzu vorsichtig gewesen wäre. Wir haben eine halbe Stunde gebraucht. Wenn erst einmal alle Raumer mit so einem Computer ausgestattet sind…«