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»Wie üblich, Sprecherin Delarmi, bleiben Sie voll beim Kern der Sache.« In sardonischem Respekt neigte Gendibal den Kopf, und sie verzog daraufhin ein wenig die Lippen. »Eine mögliche Lösung lautet, daß ein Sprecher der Zweiten Foundation diese Ausmerzung vorgenommen hat, jemand der sich darauf versteht, sich Kuratoren gefügig zu machen, ohne irgendeine Erinnerung zu hinterlassen, Computer zu mißbrauchen, ohne daß es sich nachträglich feststellen läßt.«

Erster Sprecher Shandess errötete. »Lächerlich, Sprecher Gendibal. Ich kann mir keinen Sprecher vorstellen, der so etwas treibt. Aus welchem Motiv könnte er handeln? Selbst wenn ein Sprecher das Material über die Erde aus irgendeinem Grund aus der Bibliothek entfernt haben sollte, warum hätte er Veranlassung sehen sollen, es vor dem Rest der Tafel zu verheimlichen? Weshalb sollte jemand durch solche Unregelmäßigkeiten im Umgang mit der Bibliothek seine gesamte Laufbahn gefährden, wenn die Wahrscheinlichkeit groß ist, ertappt zu werden? Außerdem bezweifle ich, daß auch der geschickteste Sprecher zu dem fähig ist, was Sie eben beschrieben haben, ohne eine Spur zu hinterlassen.«

»Dann weisen Sie also Sprecherin Delarmis Verdacht zurück, ich könne es getan haben, Erster Sprecher?«

»Ganz sicher«, antwortete der Erste Sprecher. »Manchmal habe ich meine Zweifel an Ihren Standpunkten, aber es fehlt noch einiges, bis ich Sie rundheraus für verrückt erklären kann.«

»Dann kann’s doch eigentlich nie geschehen sein, Erster Sprecher. Das Material über die Erde muß noch in der Bibliothek sein, denn allem Anschein nach haben wir nun alle Möglichkeiten, wie es entfernt worden sein könnte, als undurchführbar eliminiert — und doch ist das Material nicht mehr vorhanden.«

»Na schön, na schön«, sagte die Delarmi mit spürbarem Überdruß. »Lassen Sie uns zu einem Ende kommen! Nochmals, was schlagen Sie als Lösung vor? Ich bin sicher, Sie haben sich eine ausgedacht.«

»Wenn Sie da so sicher sind, Sprecherin, sollen sich auch alle anderen Anwesenden darin sicher sein dürfen. Meine Annahme ist, daß ein Angehöriger der Zweiten Foundation das Material aus der Bibliothek entfernt hat, der unter dem Einfluß einer subtilen Macht außerhalb der Zweiten Foundation steht. Das Verschwinden des Materials ist unbemerkt geblieben, weil eben diese Macht dafür gesorgt hat, daß es unbemerkt bleibt.«

Die Delarmi lachte. »Bis Sie es festgestellt haben. Sie, der Unkontrollierte und Unkontrollierbare. Würde diese mysteriöse Macht existieren, wie hätten denn Sie das Fehlen des Materials bemerken können? Warum hat man Sie nicht unter Kontrolle genommen?«

»Das ist keine Angelegenheit, über die man lachen könnte, Sprecherin«, entgegnete Gendibal ernst. »Diese Macht kann recht gut in dieser Beziehung die gleiche Einstellung wie wir haben, daß nämlich mentale Eingriffe auf ein Minimum beschränkt werden müssen. Als vor wenigen Tagen mein Leben in Gefahr schwebte, habe ich mich mehr damit befaßt, eine unangemessene Einwirkung auf den hamischen Geist zu vermeiden, als mit meinem Schutz. Ebenso kann’s sich mit den Vertretern jener anderen Macht verhalten — sobald sie sich ihrer Sache sicher glaubten, haben sie die Beeinflussung beendet. Darin sehe ich die Gefahr, die tödliche Bedrohung. Die Tatsache, daß ich herausfinden konnte, was geschehen ist, kann bedeuten, daß es ihnen inzwischen egal ist. Die Tatsache wiederum, daß es ihnen egal ist, könnte heißen, sie sind der Überzeugung, bereits gewonnen zu haben. Und wir spielen hier munter unsere Verfahrens- und Verhandlungsspielchen!«

»Aber was für ein Ziel sollte diese Macht verfolgen? Welches Ziel wäre bei all dem vorstellbar?« Die Delarmi scharrte mit den Füßen und nagte auf ihrer Lippe. Sie spürte an der Tafel immer stärkeres Interesse, wachsende Sorge…

»Überlegen Sie einmal«, sagte Gendibal. »Die Erste Foundation — mit ihrem enormen Arsenal materieller Macht — sucht nach der Erde. Sie täuscht vor, lediglich einen Verbannten und einen verträumten Professor auf die Suche zu schicken, in der Hoffnung, uns vormachen zu können, das seien ihre ganzen Anstrengungen, aber sie gibt den beiden ein Raumschiff von unerhörter Leistungsfähigkeit — einen Raumer, der zehntausend Parsek in weniger als einer Stunde zurücklegen kann. Und das muß noch nicht alles sein. Was uns, die Zweite Foundation angeht, wir haben nicht nach der Erde gesucht, und eindeutig sind ohne unser Wissen Schritte unternommen worden, um zu gewährleisten, daß uns über die Erde keine Informationen zugänglich sind. Die Erste Foundation ist nun so nahe daran, die Erde zu finden, wir dagegen soweit davon entfernt, daß…«

Er verstummte. »Daß was?« meinte sofort die Delarmi. »Beenden Sie Ihre kindische Geschichte. Wissen Sie nun alles, oder nicht?«

»Ich weiß nicht alles, Sprecherin. Noch habe ich nicht das gesamte Ausmaß des Netzes durchschaut, das man um uns gelegt hat, aber ich habe erkannt, daß das Netz vorhanden ist. Ich habe keine Ahnung, weshalb es von derartiger Wichtigkeit sein kann, die Erde zu finden, aber ich bin der festen Überzeugung, daß die Zweite Foundation in gewaltiger Gefahr schwebt, und mit ihr der Seldon-Plan und die Zukunft der ganzen Menschheit.«

Die Delarmi stand auf. Sie lächelte nicht und sprach mit gepreßter, aber energisch beherrschter Stimme. »Was für ein Unsinn! Erster Sprecher, sorgen Sie dafür, daß mit diesem Quatsch Schluß gemacht wird! Die Angelegenheit, die hier zur Verhandlung steht, ist das würdelose Verhalten des Beschuldigten. Was er uns hier erzählt, ist nicht nur durch und durch kindisch, sondern auch völlig bedeutungslos. Er kann sein Benehmen nicht dadurch entschuldigen dürfen, daß er ein Hirngespinst von Theorien konstruiert, das nur in seinem eigenen Denken irgendeinen Sinn ergibt. Ich beantrage eine Abstimmung über die erhobene Anklage und rufe zur einmütigen Zustimmung zu seiner Amtsenthebung auf.«

»Halt!« sagte Gendibal in scharfem Ton. »Ich habe die Zusicherung erhalten, ich hätte hier die Gelegenheit, mich zu verteidigen, und ich habe noch einen Punkt, noch einen letzten Punkt vorzutragen. Lassen Sie mich das tun, und Sie können ohne weitere Einwände meinerseits zur Abstimmung übergehen.«

Der Erste Sprecher rieb sich müde die Augen. »Sie dürfen Ihre Verteidigung fortsetzen, Sprecher Gendibal. Ich möchte die Versammlung darauf aufmerksam machen, daß die Amtsenthebung eines angeklagten Sprechers eine so schwerwiegende Angelegenheit und bisher ohne konkretes Beispiel ist, daß wir nicht einmal den Anschein aufkommen lassen dürfen, es sei dem Beschuldigten keine ausreichende Möglichkeit zu seiner Verteidigung gewährt worden. Bedenken Sie auch, daß unsere letztendliche Entscheidung, selbst wenn Sie für unsere Begriffe zufriedenstellend ausfallen mag, nicht zwangsläufig auch unsere späteren Nachfolger befriedigen muß, und ich kann keinesfalls glauben, daß ein Zweitfoundationist, egal welchen Rang er einnimmt, sich nicht vollauf über die Bedeutung im klaren ist, die der Rechtmäßigkeit unseres Handelns aus historischer Perspektive beizumessen ist. Wir wollen so handeln, daß wir der Billigung der Sprecher sicher sein können, die uns in den kommenden Jahrhunderten nachfolgen werden.«

»Wir gehen das Risiko ein, Erster Sprecher«, sagte die Delarmi voller Bitterkeit, »von der Nachwelt dafür ausgelacht zu werden, uns langwierig mit offensichtlichen Spinnereien herumgeschlagen zu haben. Die Verteidigung fortsetzen zu lassen, ist Ihre Entscheidung.«

Gendibal holte tief Atem. »Dann möchte ich auf der Grundlage Ihrer Entscheidung, Erster Sprecher, eine Zeugin aufrufen — eine junge Frau, die ich vor drei Tagen kennengelernt habe und ohne deren Eingreifen ich der vergangenen Sitzung vielleicht hätte gar nicht beiwohnen können, statt mich nur zu verspäten.«

»Ist die Frau, von der Sie reden, an dieser Tafel bekannt?« erkundigte sich der Erste Sprecher.