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»Und wie würden Sie sie definieren?«

»Bei der Galaxis! Üblicherweise definiert man sie als jenen Zweig der Mathematik, der sich mit den gesamtheitlichen Reaktionen großer Gruppen von Menschen auf unter gewissen Umständen erfolgte Stimuli beschäftigt. Anders ausgedrückt, sie soll gesellschaftliche und historische Veränderungen im voraus erkennen.«

»Sie sagen, ›sie soll‹. Stellen Sie das vom Standpunkt mathematischer Überlegungen aus in Frage?«

»Nein«, antwortete Trevize. »Ich bin kein Psychohistoriker. Ebensowenig ist irgendein Mitglied der Foundationregierung, überhaupt irgendein Bürger auf Terminus oder…«

Kodell hob die Hand. »Ratsherr, ich bitte Sie!« sagte er leise, und Trevize hielt den Mund.

»Haben Sie einen Grund, um zu vermuten«, fragte Kodell, »Hari Seldon habe nicht die erforderlichen Analysen vorgenommen, deren es bedurfte, um so effizient wie möglich die Faktoren der maximalen Wahrscheinlichkeit und kürzesten Dauer zusammenzufassen, die den Weg vom Ersten Imperium über die Foundation zum Zweiten Imperium weisen?«

»Ich war nicht dabei«, erwiderte Trevize sardonisch. »Wie kann ich es also wissen?«

»Können Sie wissen, daß er’s nicht getan hat?«

»Nein.«

»Leugnen Sie vielleicht, daß das holographische Bildnis Hari Seldons, das sich im Laufe der vergangenen fünfhundert Jahre anläßlich jeder einer ganzen Reihe von Krisen gezeigt hat, eine tatsächliche, von ihm selber in seinem letzten Lebensjahr, kurz vor der Gründung der Foundation, angefertigte Wiedergabe Hari Seldons ist?«

»Ich nehme an, das kann ich nicht leugnen.«

»Sie ›nehmen an‹. Würden Sie sagen, es handle sich um eine Täuschung, eine Irreführung, von jemandem in unserer früheren Geschichte ausgeheckt?«

Trevize seufzte. »Nein. Das behaupte ich nicht.«

»Sind Sie denn zu behaupten bereit, die Botschaften, die Hari Seldon uns aus der Vergangenheit übermittelt, seien irgendwie von irgendwem manipuliert worden?«

»Nein. Ich sehe keinen Anlaß zu der Vermutung, eine derartige Manipulation sei möglich oder nützlich.«

»Aha, verstehe. Sie haben das allerneueste Erscheinen des Seldon-Imagos miterlebt. Finden Sie, daß seine Analyse, vorbereitet vor fünfhundert Jahren, den tatsächlichen Verhältnissen in der Gegenwart nicht weitgehendst entsprechen?«

»Im Gegenteil«, entgegnete Trevize mit plötzlicher Schadenfreude. »Die Übereinstimmung geht sehr weit.«

Anscheinend machten seine Gefühlsregungen auf Kodell keinen Eindruck. »Und doch bleiben Sie auch nach Seldons Erscheinen bei der Behauptung, Ratsherr, es gäbe keinen Seldon-Plan?«

»Ja, freilich. Ich bleibe dabei, daß er nicht existiert, eben weil die Analyse den Verhältnissen so genau entspricht.«

Kodell hatte das Aufnahmegerät erneut ausgeschaltet. »Ratsherr«, sagte er mit einem Kopfschütteln, »Sie erlegen mir die Mehrarbeit des Löschens auf. Ich frage Sie, ob Sie bei Ihrer sonderbaren Ansicht bleiben, und Sie fangen an, mir Gründe zu nennen. Lassen Sie mich die Frage wiederholen!« Er tat es. »Und doch, Ratsherr, bleiben Sie auch nach Seldons Erscheinen bei der Behauptung, es gäbe keinen Seldon-Plan?«

»Woher wissen Sie das? Niemand hatte eine Gelegenheit, nach dem Erscheinen Seldons mit meinem falschen Freund Compor ein Wort zu wechseln.«

»Sagen wir einmal, wir haben’s erraten, Ratsherr. Außerdem wollen wir beachten, Sie haben schon ›Ja, freilich‹ gesagt. Wenn Sie das nochmals wiederholen, ohne irgendwelche Ergänzungen hinzuzufügen, kommen wir endlich weiter.«

»Ja, freilich«, sagte Trevize mit Ironie.

»Gut«, sagte Kodell. »Ich werde später entscheiden, welches ›Jä, freilich‹ natürlicher klingt. Vielen Dank, Ratsherr.« Wieder schaltete er das Aufnahmegerät ab.

»Wär’s das?« erkundigte sich Trevize.

»Für das, was wir brauchen, ja.«

»Was Sie brauchen, ist offenbar eine Reihenfolge von Fragen und Antworten, die Sie auf Terminus und überall, wo die Foundations-Föderation regiert, vorweisen können, um zu zeigen, daß ich das Märchen vom Seldon-Plan vorbehaltlos glaube. Dadurch wird jeder Zweifel, wie ich ihn am Schluß äußere, völlig rätselhaft, wenn nicht gar zur Verrücktheit.«

»Oder in den Augen einer erregten Menge, die den Seldon-Plan als grundlegend bedeutsam für die Sicherheit der Foundation hält, sogar zum Verrat. Vielleicht wird es unnötig sein, unsere Unterhaltung publik zu machen, Ratsherr, wenn wir zu irgendeiner Übereinkunft gelangen können. Sollte es sich aber als nötig erweisen, werden wir dafür sorgen, daß man überall in der Föderation Ihre Äußerungen erfährt.«

»Sind Sie so dumm, Direktor«, meinte Trevize mit finsterer Miene, »nicht das mindeste Interesse an dem zu hegen, was ich wirklich zu sagen habe?«

»Als Mitmensch bin ich stark interessiert, und falls sich zu irgendeiner Zeit eine geeignete Gelegenheit ergibt, werde ich Ihnen mit Interesse zuhören, allerdings auch mit einer gewissen Skepsis. In meiner Eigenschaft als Direktor des Sicherheitsbüros jedoch habe ich vorerst genau das, was ich brauche.«

»Ich hoffe, Sie sind sich darüber im klaren, daß das Ihnen und der Bürgermeisterin schlecht bekommen wird.«

»Sonderbarerweise bin ich nicht dieser Auffassung. Sie werden nun gehen. Unter Bewachung, versteht sich.«

»Wohin werde ich gebracht?«

Kodell lächelte lediglich. »Auf Wiedersehen, Ratsherr. Sie waren nicht gänzlich kooperativ, aber es wäre wohl unrealistisch gewesen, so etwas von Ihnen zu erwarten.«

Er streckte seine Hand aus.

Trevize, der aufstand, mißachtete sie. Er strich seinen Gürtel glatt. »Sie zögern das Unvermeidliche nur hinaus«, sagte er. »Andere dürften genauso wie ich denken, oder wenn nicht, werden sie später so wie ich denken. Wenn Sie mich einsperren oder umbringen, wird das die Leute nur dazu veranlassen, sich Fragen zu stellen, und damit beschleunigen Sie das Entstehen solcher Gedanken. Am Ende wird die Wahrheit den Sieg davontragen.«

Kodell senkte die Hand und schüttelte langsam den Kopf. »Wirklich, Trevize«, sagte er, »Sie sind ein Narr!«

4

Erst um Mitternacht kamen zwei Wächter, um Trevize aus einem Aufenthaltsraum zu holen, den er beim besten Willen nur als Luxuszimmer bezeichnen konnte, gelegen im Hauptquartier der Sicherheitsbehörde. Luxuriös, aber abgeschlossen. Im wesentlichen also nichtsdestoweniger eine Gefängniszelle.

Über vier Stunden hatte Trevize zur Verfügung gehabt, um nachträglich bittere Überlegungen anzustellen, und während des längsten Teils dieser Zeitspanne war er ruhelos im Zimmer hin und her gewandert.

Warum hatte er Compor Vertrauen entgegengebracht?

Weshalb hätte er es nicht tun sollen? Er war so eindeutig der gleichen Meinung gewesen. Nein, das nun wieder nicht. Er hatte den Eindruck erweckt, er lasse sich bereitwillig überzeugen. Nein, auch das nicht. Er hatte so dümmlich gewirkt, so leicht beeinflußbar, als mangle es ihm zweifelsfrei an eigenem Verstand und eigenen Meinungen, und daher war Trevize die Gelegenheit nur willkommen gewesen, ihn als bequeme Resonanzfläche zu benutzen, die dazu diente, Trevizes versuchsweise Redensarten zu empfangen und wiederzugeben. Er hatte Trevize dabei geholfen, seine Meinungen abzuklären, sie besser zu formulieren. Compor war nützlich gewesen. Er hatte ihm aus keinem anderen Grund vertraut außer Bequemlichkeit.

Aber es war zwecklos, jetzt nachzugrübeln, ob er Compor hätte durchschauen müssen oder nicht.

Aber konnte man durchs Leben gehen, ohne irgend jemand zu trauen?

Offensichtlich mußte er genau das tun.

Und wer hätte damit gerechnet, daß Branno die Frechheit aufbrächte, einen Ratsherrn aus dem Sitzungssaal zu weisen — und daß kein einziges anderes Ratsmitglied genug Zivilcourage besaß, um jemanden aus ihrer Mitte, einen ihresgleichen, dagegen zu schützen? Auch wenn sie im Grunde ihres Herzens Trevizes Ansichten ablehnten, auch wenn sie darauf, daß Branno recht hatte, ihr Blut verwetten würden — Tropfen für Tropfen —, für seine Begriffe hätten sie dennoch aus prinzipiellen Erwägungen zu seinen Gunsten einschreiten müssen, weil man mit der Verletzung seiner Befugnisse die Befugnisse aller Ratsmitglieder angetastet hatte. Branno die Bronzefrau, so nannte man sie manchmal; und soviel stand fest, sie handelte mit metallischer Härte…