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»Wer ist das?« flüsterte sie.

»Braku«, antwortete Weller. »Der Schlimmste von allen. Beim Schlund, das hätte nicht passieren dürfen.«

»Was ist so schlimm an ihm?«

»Er haßt mich«, antwortete Weller nervös. »Er hat mir den Tod geschworen. Und bisher hat er sein Wort immer gehalten.«

»Warum?« fragte Tally. »Hast du einmal Geschäfte mit ihm gemacht?«

Weller grinste gequält. »Ja. Aber ich schwöre, daß es ganz ehrlich zuging. Nur gehört Braku zu denen, die sich übervorteilt fühlen, wenn sie ihren Partner nicht betrü-

gen können.«

»Wenn ihr fertig seid, wäre es wirklich großzügig, würdet ihr mit einen Teil eurer kostbaren Aufmerksamkeit schenken«, mischte sich eine dröhnende Stimme ein.

»Falls ich die Herrschaften nicht bei einer wichtigen geschäftlichen Unterredung störe, heißt das.«

Weller erbleichte noch weiter, gebot Tally aber mit einer hastigen Geste, sich nicht einzumischen, und trat den Klorschas einen Schritt entgegen. Braku musterte ihn kühl, aber in seinen Augen stand ein Glitzern, das Tally gar nicht gefiel. In Gedanken wog sie ihre Chancen ab, mit einem raschen Schritt bei ihm zu sein und ihm den Kopf von seinem schmutzigen Hals zu schlagen. Das Ergebnis, zu dem sie kam, besserte ihre Laune nicht wesentlich.

»Schön, dich zu sehen«, sagte Braku grinsend, als Weller näher kam. »Ich nehme an, du bist hier, um dich mit mir auszusöhnen, wie? « Er lachte, setzte seine gewaltige Körperfülle in Bewegung und walzte ein Stück auf Weller zu. Die Keule schwang er sich dabei über die Schulter, als wäre sie gewichtslos. »Ich habe dich lange vermißt, mein Freund. Was ist los - gehen deine Geschäfte so schlecht? Und was sind das für Galgenvö-

gel, die du da bei dir hast?«

»Sssoll isss ihm dhehn Kopf ahbreisssen?« fragte Hrhon ruhig.

Tally fuhr erschrocken zusammen. Hrhon hatte so laut gesprochen, daß Braku schon taub sein mußte, um seine Worte nicht zu verstehen, und tatsächlich sah er auch auf und musterte Hrhon mit einem sehr sonderbaren, halb abschätzenden, halb beinahe mitleidigen Blick. Auf seinen Zügen erschien ein Ausdruck schlecht geschauspiel-ter Überraschung.

»Oha«, sagte er. »Das Ding kann ja sprechen.« Er schob Weller mit einer achtlosen Bewegung zur Seite, wechselte seine Keule von der rechten auf die linke Schulter und kam mit gemächlichen Schritten näher.

Tally sah jetzt, daß er tatsächlich ein Stück größer war als Hrhon. Außerdem stank er zum Gotterbarmen.

Zwei Schritte vor dem Waga und ihr blieb er stehen, machte eine übertrieben tiefe Verbeugung und rammte seine Keule in den Boden, um sich wieder darauf zu stützen. Gestattet die Frage, wer Ihr seid, edle Frau«, fragte er spöttisch.

Tally blickte nervös zu Weller, ehe sie antwortete.

»Jemand, der nichts mit eurem Streit zu tun hat, Braku«, sagte sie. Ihre Stimme war nicht ganz so fest, wie ihr lieb gewesen wäre. »Und der auch nichts damit zu tun haben will. Mein Begleiter und ich wollen nur in die Stadt, das ist alles.«

Etwas an ihren Worten schien die Klorschas über die Maßen zu amüsieren, denn die ganze Bande brach ihn dröhnendes Gelächter aus, bis Braku mit einer herrischen Handbewegung für Ruhe sorgte. »Oh, ihr wollt also nur in die Stadt«, sagte er grinsend. »Soso. Und da habt ihr euch der Führung Wellers anvertraut. Das war nicht sehr schlau. Er ist hier nicht besonders beliebt, mußt du wissen, Süße.«

»Sssoll isss, oder sssoll isss nissst?« fragte Hrhon.

Braku runzelte die Stirn, blickte einen Moment auf den Waga herab und seufzte hörbar. »Dein Begleiter vergißt seine guten Manieren, weißt du das?« fragte er. Die Worte galten Tally, aber er sah Hrhon dabei unverwandt an.

»Still jetzt, Hrhon«, sagte Tally hastig. Zu Braku gewandt, fuhr sie fort: »Verzeiht meinem Begleiter, Braku. Wir sind fremd hier und kennen weder Eure Sitten noch Eure Gebräuche. Wenn wir Euer Gebiet verletzt haben, dann tut es uns leid.«

»Das habt ihr tatsächlich«, sagte Braku ungerührt.

»Aber mit einer Entschuldigung ist es nicht abgetan, fürchte ich.«

Tally nickte. »Ich weiß. Weller... informierte mich, daß Ihr Wegezoll verlangt.«

»So, hat er das?«

Tally nahm die Hand vom Schwert, griff statt dessen unter den Gürtel und zog die Geldbörse heraus. »Das ist alles, was wir haben«, sagte sie, während sie Braku den schmal gewordenen Lederbeutel aushändigte. »Nehmt es und laßt uns in Frieden ziehen.«

Der Klorscha riß ihr den Beutel aus der Hand und schob ihn in eine Tasche seines Mantels. Er machte sich nicht einmal die Mühe, hineinzusehen. »Das ist großzügig«, sagte er spöttisch. »Aber ich fürchte, es reicht nicht ganz.«

»Mehr haben wir nicht«, antwortete Tally. »Ihr könnt es natürlich auf einen Kampf ankommen lassen, und wahrscheinlich würdet ihr ihn auch gewinnen. Aber mehr als das, was ihr schon habt, würdet ihr nicht erbeuten, und wahrscheinlich würden ein paar von euch dabei sterben.

Du als erster«, fügte sie lächelnd hinzu. Gleichzeitig kroch ihre Hand wieder unter den Mantel, aber dieses Mal nicht zum Schwert, sondern zur anderen Seite ihres Gürtels. Sie hatte die entsetzliche Waffe, die sie den Drachenreiterinnen abgenommen hatte, niemals gegen Menschen eingesetzt, und sie hatte sich geschworen, es niemals zu tun

- aber wozu waren gute Vorsätze da, wenn nicht, um gebrochen zu werden?

Braku starrte sie mit offenem Mund an und schien nicht genau zu wissen, ob er nun wütend werden oder abermals in Gelächter ausbrechen sollte, »Du hast Mut«, sagte er schließlich. »Das gefällt mir. Aber dein Ton paßt mir nicht, Kleines.«

Tally schwieg. Sie wußte, daß sie Braku nicht zu sehr provozieren durfte - wenn er glaubte, vor seinen Leuten das Gesicht zu verlieren, dann hatte er keine andere Wahl mehr, als sie zu töten.

»Du hast also kein Geld«, fuhr Braku fort. Seine Augen wurden schmal. »Das ist bedauerlich. Aber wenn ich dich recht betrachte, dann gibt es vielleicht noch eine andere Möglichkeit, wie du bezahlen kannst.« Er kicherte anzüglich, hob den Arm und streckte die Hand nach Tally aus.

Hrhon zischte drohend, und Braku führte die Bewegung nicht zu Ende.

»Tu es nicht«, sagte Tally ruhig. »Hrhon würde dich in Stücke reißen.«

Es wurde still. Brakus Männer hatten jedes Wort gehört, und Tally sah, wie die Mauer aus zerlumpten Gestalten ganz langsam näher kam. Und auch hinter ihr waren jetzt Geräusche. Sie waren eingekreist.

»Du machst es mir wirklich schwer, Kindchen«, sagte Braku drohend. »Möglicherweise hätte ich mich damit zufrieden gegeben, diesen Lumpen da in Stücke zu hacken und mich ein paar Stunden mit dir zu amü-

sieren.«

»Glaub ihm nicht«, sagte Weller. »Er wird uns alle umbringen!«

Braku drehte betont langsam den Kopf. »Wer spricht von umbringen?« fragte er ruhig. »Vielleicht reicht es mir ja, dir die Hände abzuschneiden und sie dich fressen zu lassen. Oder ich steche dir die Augen aus und - «