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Ein neuer Ausdruck kam in ihre Augen.

Zunächst blieben alle stumm.

»Und wer war das nun, der oben in der Kammer saß?«

»Die meisten sagen, es war Sir John. Agnes hat ihn mal eines Nachmittags die Treppe runterkommen sehen, und sein Gesicht war ganz naß vom Schweiß und er hatte eine Art Hundepeitsche in der Hand. Da würde dir auch der Schweiß ausbrechen, hab ich zu ihr gesagt, wenn du da in dem Kabuff sitzen würdest mit der Tür zu. Aber Agnes sagt, so hätte es nicht ausgesehen.«

»Nun, meine Liebe, wollen Sie uns denn erzählen, was sich gestern zugetragen hat? Hm?«

»Zwei Minuten, Jungs«, mahnte Dr. King.

Betty sah ihn überrascht an.

»Ich kann es ruhig erzählen«, sagte sie. »Ich bin hochgegangen und wollte mir einen Apfel holen. Aber als ich an die Kammer kam, sah ich, daß das Schloß nicht davor war. Das Vorhängeschloß war offen, es hing nur daneben. Die Tür war zu, aber sie war nur mit etwas festgeklemmt, was in die Ritze gesteckt war.«

»Was haben Sie getan?«

»Zuerst habe ich mir meinen Apfel geholt. Dann kam ich wieder zurück zu der Tür und hab angefangen, den Apfel zu essen. Danach bin ich noch mal zu der Apfelkammer gegangen, und dann dachte ich, jetzt siehst du endlich nach, was da drin ist. Aber so sehr wie sonst wollte ich gar nicht.«

»Wie kam das?«

»Weil da ein Geräusch drin war – jedenfalls kam es mir so vor. So eine Art Rattern, wie wenn man eine Standuhr aufzieht, aber nicht sehr laut.«

»Wissen Sie noch, zu welcher Uhrzeit das war, Betty?«

»Nein, Sir. Nicht genau. Es war nach eins, vielleicht Viertel nach oder noch später.«

»Was haben Sie als nächstes getan?«

»Ich bin gleich rübergelaufen, damit ich es mir nicht noch anders überlege. Das Stück Stoff, das die Tür zuhielt, war ein Handschuh. Verstehen Sie, Sir? Er war zwischen die Tür und den Rahmen geklemmt.«

»Ein Männer- oder ein Frauenhandschuh?«

»Männer-, glaube ich. Es war Öl dran. Zumindest roch er nach Öl. Er fiel zu Boden. Ich ging hinein. Ich konnte das alte Maschinending sehen; es stand da, ein Stück zur Seite. Ein Blick hat mir gereicht; nicht daß man da drin besonders gut sehen konnte. Aber ich war kaum drin, da ging die Tür hinter mir zu, ganz leise, und jemand hat die Kette vorgelegt, und ich hörte, wie das Schloß einschnappte; und da war ich da drin eingeschlossen.«

»Ruhig!« mahnte der Arzt. Er nahm seine Uhr von der Kommode.

Betty drehte die Bettdecke in den Händen. Dr. Fell und der Inspektor sahen sich an; Dr. Fells rotes Gesicht war ernst und besorgt.

»Geht es noch, Betty? – Wer war da drin? Wer war oben in der Kammer?«

»Niemand. Niemand außer diesem alten Maschinending. Kein Mensch.«

»Sind Sie da sicher?«

»O ja.«

»Was haben Sie gemacht?«

»Ich habe überhaupt nichts gemacht. Ich konnte nicht um Hilfe rufen – das habe ich mich nicht getraut. Ich hatte Angst, daß sie mich dann entlassen würden. Es war ja nicht ganz dunkel. Ich stand da und habe überhaupt nichts getan – vielleicht eine Viertelstunde lang. Und sonst hat auch niemand was getan; ich meine, dieses Maschinending, das hat sich nicht gerührt. Aber dann habe ich mich ganz nach hinten gedrückt, so weit wie ich nur konnte, weil es nämlich angefangen hatte, seine Arme um mich zu legen.«

Wäre, schwört Dr. Fell, in diesem Augenblick die Asche einer Zigarre in den Aschenbecher gefallen, so hätte man sie fallen hören. Elliot spürte den Atem in seiner eigenen Nase.

»Sie hat sich bewegt, Betty?« fragte er. »Die Maschine hat sich bewegt?«

»Ja, Sir. Sie hat die Arme bewegt. Es ging ziemlich langsam, genau wie der Körper, der sich irgendwie nach mir ausgestreckt hat; und sie hat dabei auch Geräusche gemacht. Aber das war nicht das Schlimmste. Das hat mir nicht mehr viel ausgemacht, weil ich ja schon eine ganze Viertelstunde mit dem Ding zusammen eingesperrt war. Aber was mir angst gemacht hat, das waren die Augen. Die Augen waren nicht da, wo sie sein sollten. Sie hatte Augen in ihrem Rock, direkt an den Knien von dieser alten Puppe, und die haben mich angesehen. Ich konnte sehen, wie sie sich bewegten. Aber so schlimm sind die auch wieder nicht. Da gewöhne ich mich schon noch dran. Was dann noch war, weiß ich nicht mehr; ich muß wohl ohnmächtig geworden sein oder so was; aber jetzt steht sie draußen vor der Tür«, fuhr Betty ohne den mindesten Wandel in Ausdruck oder Tonfall fort und nickte in Richtung Zimmertür.

»Ich will schlafen«, fügte sie noch mit klagender Stimme hinzu.

Dr. King fluchte leise.

»Jetzt ist es wieder passiert«, sagte er. »Raus mit Ihnen. Nein, sie wird schon wieder; aber Sie verschwinden jetzt.«

»Ja«, stimmte Elliot zu und betrachtete Bettys geschlossene Augen, »das sollten wir wohl besser.«

Schuldbewußt gingen sie hinaus, fast auf Zehenspitzen, und King machte eine Pantomime, als schlage er die Tür hinter ihnen zu. »Ich hoffe«, murmelte er, »die Fieberphantasien waren Ihnen eine Hilfe.« Noch immer ohne ein Wort gingen Dr. Fell und der Inspektor hinüber zum Grünen Zimmer, das im Dunkel lag. Die schweren Möbel hatten etwas Bedrückendes, doch in den Fenstern funkelten die Sterne. An eines dieser Fenster traten sie nun.

»Damit wäre es entschieden, nicht wahr, Sir? Selbst ohne die – ähm – Bemerkung bei der gerichtlichen Untersuchung …«

»Ja. Es wäre entschieden.«

»Dann sollten wir sehen, daß wir noch in die Stadt kommen …«

»Nein«, sagte Dr. Fell nach einer Weile. »Ich glaube, das wird nicht nötig sein. Wir sollten unser Experiment besser jetzt gleich machen. Solange das Eisen noch heiß ist. Sehen Sie da!«

Der Garten unten zeichnete sich in klaren Linien vor dem Dunkel ab. Sie konnten den Irrgarten der Hecken erkennen, die Adern aus weißen Pfaden dazwischen, die klar umrissene Fläche rund um den Teich, die weißen Flecken der Seerosen. Doch nicht das betrachteten sie. Jemand, der etwas bei sich trug, das selbst in diesem Licht gut zu erkennen war, schlüpfte an den Bibliotheksfenstern vorüber und verschwand um die Südecke des Hauses.

Dr. Fell hatte den Atem angehalten. Nun stapfte er zur Lampe in der Mitte des Raums, zog den Schalter und wandte sich mit einem gewaltigen Schwung seines Umhangs um.

»Psychologisch gesehen – und so sehen wir es ja nun«, sagte er kühl zu Elliot, »psychologisch heißt es jetzt oder nie. Wir dürfen nicht zaudern. Jetzt, oder wir verlieren alles, was wir an Vorsprung haben. Treiben Sie sie zusammen! Ich werde ihnen einen kleinen Vortrag halten, wie man einen Mann ermorden kann, der allein in einem Zirkel aus Sand steht, und dann können wir nur hoffen, daß Beelzebub kommt und sich die Seele des Mörders holt. Nicht wahr?«

Ein leises Hüsteln unterbrach sie, denn Knowles war ins Zimmer getreten.

»Bitte um Verzeihung, Sir«, sagte er zu Dr. Fell. »Mr. Murray ist unten und wünscht die Herren zu sprechen. Er sagt, er suche schon seit geraumer Zeit nach Ihnen.«

»Was Sie nicht sagen!« rief Dr. Fell mit schönster Leutseligkeit. Er strahlte und ließ seinen Umhang flattern. »Hat er gesagt, weswegen?«

Knowles zögerte. »Nein, Sir. Das heißt …« Wieder stockte Knowles. »Er sagt, eine Sache mache ihm Sorgen, Sir. Und er hat auch nach Mr. Burrows gefragt. Und das läßt mich vermuten …«

»Nun sagen Sie schon! Was haben Sie auf dem Herzen?«

»Darf ich fragen, Sir, ob der Automat bei Miss Dane eingetroffen ist?«

Inspektor Elliot, der noch am Fenster gestanden hatte, drehte sich mit einem Ruck um.