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Es war seltsam – aber Tally wußte ganz genau, daß diese Gefahr nicht bestand. Der Anblick der beiden entsetzlich verstümmelten Leichname vor ihr erfüllte sie mit Ekel und Entsetzen, aber sie wußte mit unerschütterlicher Gewißheit, daß weder Angella noch sie oder Waga in Gefahr waren. Wer oder was auch immer hiergewesen war, er hatte ganz gezielt die beiden Drachenreiterinnen ausgeschaltet, mit einer Kälte und Präzision, die Tally schaudern ließ.

Trotzdem nickte sie nach einer Weile. »Du hast recht«, sagte sie. »Verschwinden wir von hier. Ich habe eine Quelle gefunden, nur ein paar Schritte von hier. Mit Trinkwasser.« Sie deutete auf die beiden Hornköpfe.

»Seht zu, daß ihr irgend etwas findet, worin wir Wasser abfüllen können. Es sind zwei Tagesmärsche bis zum Berg. Mindestens.«

Angella starrte sie einen Moment lang feindselig an, ging dann aber gehorsam zu den beiden riesigen Fluginsekten hinüber und begann die Ausrüstung der beiden Frauen zu durchsuchen, während Tally ihren Widerwillen abermals niederkämpfte und noch einmal neben der Toten niederkniete.

Sie führte zu Ende, was Angella begonnen hatte – sie durchsuchte ihre Taschen, löste schließlich sogar ihren Gürtel und öffnete die zahllosen Schnallen und Täschchen, die darin eingearbeitet waren. Sie fand eine Menge sonderbarer Dinge – die meistens davon völlig fremdartig und einige von durchaus gefährlichem Aussehen – aber nicht, wonach sie eigentlich suchte. Aber das mochte daran liegen, daß sie selbst keine sehr klare Vorstellung davon hatte, was es war...

Sie warf alles, was sie fand, auf einen Haufen, ging schließlich auch zu der zweiten Toten hinüber und leerte auch ihre Taschen. Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, die riesige Laserwaffe an sich zu nehmen. Die Vorstellung war verlockend – schon die kleinen, handlichen Laser, mit denen Angella, Hrhon und sie bewaffnet waren, versetzte sie in die Lage, es mit einer kleinen Armee aufzunehmen – um wieviel furchtbarer mußte die Wirkung dieser gewaltigen Waffe sein? Trotzdem legte sie das Gewehr nach kurzem Zögern wieder aus der Hand. Sein Schaft war mit einer Unzahl von Knöpfen, Skalen und kleinen leuchtenden Augen übersät; Tally hatte keine Ahnung, wie diese Waffe zu handhaben war. Und keine besondere Lust, sich die Beine wegzubrennen, während sie versuchte, es herauszufinden ...

»Ich bin fertig!« Angella kam zurück, zwei an ledernen Riemen befestigte Feldflaschen in der rechten und einen dritten, etwas größeren Behälter in der anderen Hand.

»Das ist alles, was ich gefunden habe«, sagte sie. »Die beiden Flaschen sind voll.«

»Dann trinkt sie aus«, befahl Tally, gleichzeitig an Angella wie an den Waga gewandt. »Trinkt, so viel ihr könnt. Wir füllen sie an der Quelle auf.«

Angella zuckte die Achseln, schraubte jedoch sofort den Verschluß der einen Feldflasche auf und warf Hrhon die zweite zu.

»Was suchst du eigentlich?« fragte sie, nachdem sie ihren Durst gestillt und sich den Rest des Wassers über Gesicht und Hals geschüttet hatte.

»Ich weiß es selbst nicht genau«, gestand Tally. Sie seufzte, stand auf und blickte mit einer Mischung aus Resignation und Zorn auf das Sammelsurium unverständlicher Dinge herunter, das sie aus den Taschen der beiden Toten genommen hatte. »Ich beginne mich nur zu fragen, ob es wirklich Zufall ist, daß sie uns immer wieder aufspüren.«

Angella zog eine Grimasse. »Komisch«, sagte sie. »Ich erinnere mich schwach, vor einer halben Stunde den gleichen Verdacht geäußert zu haben. Bloß hast du mich da niedergebrüllt.«

Sie schraubte die Flasche wieder zu und kam mit fast gemächlichen Schritten näher. Ihr Blick huschte über die Laserwaffe, die Tally achtlos zur Seite geworfen hatte. Aber sie ging mit keinem Wort darauf ein. »Und du denkst, du findest die Antwort...« Sie stockte. Ein verblüffter Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht.

»Ich Idiot«, murmelte Angella. »Oh verdammt, ich glaube ich habe die Ohrfeige verdient, die du mir gegeben hast – wenigstens die erste!«

»Wovon zum Teufel redest du?« fragte Tally ärgerlich.

»Von Jandhi!« erwiderte Angella. »Du hast sie schon einmal getroffen, nicht wahr? Ich meine, vor dem Lagerhaus?«

»Einmal«, sagte Tally. »Aber das war, bevor sie wußte wer –«

»Und sie hat dir irgend etwas gegeben?« Angella war nicht mehr zu bremsen.

»Gegeben?« Tally überlegte einen Moment angestrengt, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein«, sagte sie.

»Aber es muß so gewesen sein!« beharrte Angella.

»Denk nach, Tally – hast du irgend etwas mitgenommen, aus Schelfheim?«

»Nein!« antwortete Tally, in fast zornigem Ton.

»Nichts außer diesem Schwert da.« Sie deutete auf die Waffe, die neben Angellas Mantel im Sand lag. »Aber die habe ich...«

»Ja?« fragte Angella, als Tally nicht weitersprach, sondern sie nur betroffen anstarrte. »Woher hast du sie?«

»Gekauft«, murmelte Tally. »Von einem Katzer.

Aber...«

»Aber Jandhi war dabei«, führte Angella den Satz zu Ende. »Nicht wahr? Diese Schlampe! Dieses heimtückische Miststück! Ich hätte ihr den Hals durchschneiden sollen!« Wütend bückte sie sich, hob den Waffengurt auf und zog das Schwert aus der ledernen Hülle. Einen Moment lang bewegte sie es unschlüssig in Händen, dann drehte sie es herum und rammte die Klinge fast bis zur Hälfte in den Boden.

»Was tust du da?« erkundigte sich Tally. »Sei vorsichtig. Es ist ein verdammt gutes Schwert!«

»Oh ja!« antwortete Angella. »Du wirst dich gleich wundern, wie gut. Mein Wort, Tally, das Ding hat noch ungeahnte verborgene Qualitäten! Hrhon – hilf mir!« Der Waga kam mit wiegenden Schritten herbei und sah Angella fragend an. »Halt die Klinge fest!« befahl sie.

»Mit beiden Händen!«

Hrhon zögerte. Erst, als Tally fast unmerklich nickte, kniete er nieder und legte beide Hände um das doppelseitig geschliffene Heft. Angella ergriff den Schwertknauf, konzentrierte sich einen Moment und begann mit aller Kraft daran zu drehen.

Ein helles Knacken ertönte, und plötzlich löste sich der Schwertgriff. Unter dem eingefetteten Leder kam ein sorgsam geschnittenes, sehr feines Gewinde zum Vorschein. Angella schnaubte triumphierend, spannte noch einmal die Muskeln an und löste mit einem weiteren Ruck den gesamten Griff von der Klinge. »Ich wußte es!« sagte sie. »Diese verdammte Hexe! Sieh dir das an, Tally!«

Tally trat gehorsam näher, beugte sich neugierig vor – und verzog angewidert das Gesicht.

Der Schwertgriff war hohl, aber nicht leer. In dem kleinen Zylinder aus Metall bewegte sich etwas, das Tally verdächtig an eine Ansammlung widerlicher weißer Maden erinnerte, schleimige, nur daumennagelgroße Kreaturen, die einen entsetzlichen Geruch verströmten.

»Was ist das?« fragte sie angewidert.

»Der Grund, aus dem Jandhi immer so genau wußte, wo wir zu finden waren«, antwortete Angella. »Oh verdammt, ich hätte es gleich merken müssen! Spätestens, als sie uns in den Sumpf gefolgt sind!« Sie bewegte den abgeschraubten Schwertgriff wütend in der Hand.

»Weißt du, was das ist, Tally? Nein? Diese niedlichen kleinen Dinger sind Sandmaden! Weibliche Sandmaden!«

»Ach«, sagte Tally.

»Du hast noch nie davon gehört?« Tally schüttelte den Kopf, und Angella fuhr, noch immer mit zornbebender Stimme, fort: »Sie sind völlig harmlos, weißt du, aber es sind sehr nützliche kleine Biester. Ihre Männchen nämlich können fliegen, und obwohl sie praktisch kein Gehirn haben, sind sie sehr treu. Sie führen eine regelrechte Ehe, weißt du? Ein Sandmadenpärchen, das einmal zusammengefunden hat, trennt sich niemals wieder. «

»Verdammt noch mal, was soll das?« fauchte Tally ungeduldig. »Wenn ich einen Vortrag in Biologie brauche, gehe ich zu einem Scholaren!«

»Das hättest du besser getan, bevor du dich mit Jandhi eingelassen hast«, versetzte Angella böse. »Diese widerlichen kleinen Biester hier sind nämlich nicht nur treu, sondern äußerst anhänglich. Ein Männchen wittert sein Weibchen auf zehn Meilen Entfernung.« Sie lachte hart.