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Drei weitere Tage vergingen, bevor die Veränderung schließlich zum Ende gelangte und die Umwandlung abgeschlossen war. Plötzlich hörten die Hände auf, zu gestalten, die Augen verschwanden und das Flüstern verklang. In Walker Boh wurde plötzlich alles still. Er schlief endlich und träumte nicht, und als er erwachte, wußte er, daß er, obwohl er auf eine Art verwandelt worden war, die er nur annähernd zu begreifen begann, dennoch tief in sich selbst dieselbe Person geblieben war, die er immer gewesen war. Er hatte sich das Herz eines Mannes bewahrt, der den Druiden und ihren Magien mißtraute, und während die Druiden jetzt in ihm lebten und sich zu allem äußerten, wie er sein Leben führte, würden sie trotzdem von einem Glauben regiert werden, der vor ihrer Ankunft dagewesen war und ihren Aufenthalt überleben würde. Walker erhob sich in der Einsamkeit seines Schlafraums. Er war in der Dunkelheit, die der fensterlose Raum schuf, allein und das erste Mal, seit er sich erinnern konnte, in Frieden mit sich selbst. Er hatte die lange furchtbare Reise zur Erledigung der Aufgabe, die ihm übertragen worden war, beendet und schließlich auch die Prüfung der Umwandlung, die ihm auferlegt worden war. Vieles war unerledigt geblieben und ziemlich viel war verloren worden, aber wichtiger als alles andere war, daß er überlebt hatte.

Er ging dann hinaus zu Cogline und sah ihn in der Nähe sitzen. Die Moorkatze lag zusammengerollt zu seinen Füßen. Sorgenlinien waren in das Gesicht des alten Mannes gegraben und Unsicherheit in seinen Augen widergespiegelt. Er trat zu ihm und hob ihn hoch, als sei er ein Kind – durch die Umwandlung war er selbst unglaublich stark geworden, er war von den Händen und den Augen und den Stimmen verändert worden, bis er zehn Männern entsprach. Er legte seinen gesunden Arm um den zerbrechlichen Körper und umfaßte sanft seinen alten Mentor.

»Es geht mir wieder gut«, flüsterte er. »Es ist vorbei, und ich bin sicher.«

Und der alte Mann umfaßte ihn und weinte an seiner Schulter.

Sie sprachen dann miteinander, wie sie es seit jeher getan hatten, zwei Männer, die mehr an Überraschungen im Leben erfahren hatten, als ihr Anteil hätte sein sollen, und die durch den gemeinsamen Bund der Druidenmagie und durch die Schicksale, die sie in diese Zeit und an diesen Ort geführt hatten, vereint waren. Sie sprachen über Walkers Umwandlung, über die Gefühle, die dies hervorgerufen hatte, über das Wissen, das es gebracht hatte, und über die Bedürfnisse, die es vielleicht befriedigen könnte. Sie waren wieder eine Einheit, Menschen aus Fleisch und Blut, und Paranor war zurückgekehrt. Es war der Anfang einer neuen Ära in der Welt der Vier Länder, und sie erlebten vom ersten Augenblick an diese Zeit, in der entschieden werden würde, wie sich diese Ära entwickeln würde. Walker Boh war auch jetzt noch nicht sicher, wie er die Druidenmagie handhaben sollte – oder ob er es überhaupt sollte. Die Bedrohung durch die Schattenwesen mußte bedacht werden, aber die Art und das Ausmaß dieser Bedrohung blieben ein Mysterium. Walker war das Wissen der Druiden überlassen worden, aber nicht das Wissen, was er damit tun sollte – besonders gegen die Schattenwesen.

»Meine Umwandlung hat mir gewisse Einsichten verschafft, die ich vorher nicht hatte«, vertraute Walker Cogline an. »Eine ist die Tatsache, daß sich der Gebrauch der Druidenmagie als notwendig erweisen wird, wenn die Bedrohung durch die Schattenwesen einem Ende zugeführt werden soll. Aber wessen Einsicht ist diese – meine oder Allanons? Kann ich ihr vertrauen, frage ich mich? Ist sie eine Wahrheit oder eine Fiktion?«

Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Ich denke, das mußt du selbst herausfinden. Ich glaube, Allanon will es so. Ist es nicht immer den Ohmsfords überlassen geblieben, die Wahrheit der Dinge selbst herauszufinden? Du hast es einmal das Spielen von Spielen genannt. Aber ist es nicht in Wahrheit viel mehr als das? Ist es nicht die Natur des Lebens? Erfahrung erwächst aus dem Handeln, man kann sie nicht weitergeben. Experimente und Entdeckungen. Suchen und finden. Es sind nicht die Machenschaften der Druiden, die uns zu unseren Handlungen zwingen, es ist unser eigenes Bedürfnis, wissen zu wollen. Das ist der eigentliche Weg, auf dem wir lernen. Ich glaube, das muß auch dein Weg sein, Walker.«

Was zuerst getan werden sollte, so beschlossen sie, war herauszufinden, was aus den anderen Nachkommen von Shannara geworden war – aus Par, Coll und Wren. Hatten sie die Aufgaben erfüllt, die ihnen zugeteilt worden waren? Wo waren sie, und welche Geheimnisse hatten sie in den Wochen entdeckt, die seit ihrem Treffen am Hadeshorn vergangen waren?

»Par wird das Schwert von Shannara gefunden haben oder es suchen«, erklärte Walker. Sie saßen im Studierzimmer der Druiden, hatten die Geschichte vor sich ausgebreitet, gingen sie dieses Mal auf die Besonderheiten hin durch, an die Walker sich von seinen vorangegangenen Lesungen her erinnerte, und die er mit dem Wissen, das er durch seine Umwandlung erlangt hatte, jetzt anders verstand. »Par wurde zu seiner Suche regelrecht getrieben. Er war eisenhart und entschlossen. Was auch immer wir anderen zu tun beschlossen haben, er hätte nie aufgegeben.«

»Wren auch nicht, denke ich«, sagte der alte Mann nachdenklich. »Sie war ebenso fest entschlossen, obwohl das nicht so offensichtlich war.« Er begegnete offen Walkers Blick. »Der Schatten Allanons hat gespürt, was jeden von euch antreibt, und ich denke, daß keiner von euch jemals die Chance hatte, fortzugehen.«

Walker lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Sein hageres Gesicht wurde überschattet von dem glatten, dunklen Haar und dem Bart, und seine Augen leuchteten so durchdringend, daß ihnen scheinbar nichts verborgen bleiben konnte. »Seit der Zeit Shea Ohmsfords haben sich die Druiden uns zu eigen gemacht, nicht wahr?« sann er kühl und abweisend. »Sie haben in uns etwas gefunden, das gefesselt werden konnte, und sie haben uns seitdem gefangengehalten. Wir sind Diener ihrer Bedürfnisse – und Paladine für die Rassen.«

Cogline spürte, wie sich die Luft in dem Raum regte, eine greifbare Antwort auf den Fluß der Magie, der Walkers Stimme entstieg. Er hatte es mehr als einmal gespürt, seit Walker aus dem Keep entkommen war. Es war ein Zeichen der ihm gegebenen Macht. Mehr Druide als Mensch, war Walker eine Manifestation der dunklen Künste und des Wissens, das der alte Mann einst, vor langer Zeit, studiert hatte und zugunsten von Formen der altweltlichen Wissenschaften verworfen hatte. Eine verpaßte Gelegenheit, dachte er. Aber der gesunde Verstand hatte sich behauptet. Er fragte sich, ob Walker in seiner Entwicklung Frieden finden würde.

»Wir sind nur Menschen«, sagte er vorsichtig.

Und Walker erwiderte lächelnd: »Wir sind nur Narren.«

Sie sprachen bis spät in die Nacht hinein miteinander, aber Walker blieb unentschlossen, was er als nächstes tun sollte. Die anderen aus seiner Familie suchen, ja – aber wo sollte er beginnen, und wie sollte er es angehen? Der Gebrauch seiner Magie war offensichtlich eine neue Möglichkeit, aber würde ihn dieser Gebrauch den Schattenwesen verraten? Wußten seine Feinde, was bereits geschehen war: daß er ein Druide geworden war, und daß Paranor zurückgebracht worden war? Wie stark war die Magie der Schattenwesen? Wie weit reichte sie? Er sollte dies nicht so bald ausprobieren, sagte er sich immer wieder. Er mußte erst noch seine eigene Magie kennenlernen. Er erforschte sie noch. Er sollte nicht übereilt entscheiden, was er tun wollte.

Die Diskussion dauerte an, und allmählich begann Walker zu erkennen, daß jetzt etwas anders war zwischen Cogline und ihm. Er dachte zuerst, daß sein Widerwille, einen Kurs für sein Vorgehen zu bestimmen, einfach Unschlüssigkeit war – obwohl ihm dies nicht sehr ähnlich sah. Er erkannte bald, daß etwas gänzlich anderes die Ursache war. Während sie miteinander sprachen, wie sie es seit jeher getan hatten, war eine Distanz zwischen ihnen, die niemals zuvor dagewesen war, nicht einmal, als er auf den alten Mann wütend gewesen war und ihm mißtraut hatte. Die Beziehung zwischen ihnen hatte sich verändert. Walker war kein Schüler mehr und Cogline nicht mehr der Lehrer. Walkers Umwandlung hatte ihn mit einem Wissen und einer Macht ausgestattet, durch die er Cogline weit überlegen war. Walker war nicht mehr der Dunkle Onkel, der sich draußen im Darklin Reach verbarg. Die Zeiten des Lebens abseits der Rassen, wo er sein Geburtsrecht leugnete, waren vorbei. Walker Boh war dem überlassen, was er und wer er geworden war – ein Druide, der einzige Druide, vielleicht das einzige wirklich mächtige lebende Individuum überhaupt. Was er tun würde, konnte das Leben aller beeinflussen. Walker wußte das. Und da er dies wußte, akzeptierte er, daß seine Entscheidungen seine eigenen sein mußten und niemals wieder geteilt werden konnten, weil niemand, nicht einmal Cogline, das Gewicht solch furchtbarer Verantwortung tragen sollte.