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Der Boden unter ihm war schwarz und abgebrannt und versengt, und so kahl, leer und zerstört, wie er war, fehlte ihm jedes Leben. Die Schattenwesen hatten das bewirkt, aber er wußte noch nicht, welche Art Gift es war. Heute nacht, dachte er, würde er es vielleicht erfahren.

Die Südwache ragte vor ihm auf. Ihr schwarzer Turm erhob sich hoch über ihm, und dessen messerscharfe Spitze strebte dem Himmel entgegen. Er konnte das Leben darinnen spüren. Er konnte seinen Puls spüren. Die Südwache lebte. Es war Magie in ihren Mauern, Magie, die sie gestaltet hatte und die sie jetzt unterhielt und beschützte. Die Magie war mächtig, aber auch zurückhaltend. Er konnte das spüren. Er konnte ihre verzweifelten Bemühungen spüren, befreit zu werden. Tief in dem schwarzen Stein kauerte sie wie ein gefangenes Tier. Schattenwesen gingen innerhalb und außerhalb umher. Vor dem dunklen, hütenden Wachturm waren sie kaum sichtbar. Die Magie floh vor ihnen.

Ein Teil des Nebels, ein Teil der Nacht, so leise wie schwebende Asche, so näherte er sich den Mauern. Offensichtlich spürten die Schattenwesen sein nahes Vorüberziehen und Weitergehen nicht. Er kam zu den Toren des Keep und glitt schnell davon. Sie waren zu gut bewacht, als daß er sich hindurchwagen konnte. Sogar als Geist konnte er das nicht. Er wartete, bis eines der dunklen Wesen durch einen Riß in der Steinhülle hineinglitt, und folgte ihm. Er spürte, wie das Gewicht des Turmes sich dabei um ihn verdichtete wie ein greifbares Wesen. Er schlang seine Arme um sich gegen das Böse, das durch die Luft wirbelte, und spürte es als eine Mischung aus furchtbarem Zorn und Haß und Verzweiflung. Wo, fragte er sich überrascht, kam das her?

Er zögerte bei der Wahl seiner Richtung und folgte der Magie dann impulsiv zu ihrem Ursprung. Nur einen Moment lang, nur einen Blick darauf werfen. Die Magie drang von unten herauf, von tief aus der Erde unter dem Keep. Sie war ganz Dunkelheit und blinde Wut. Er glitt die Gänge der Festung entlang und achtete darauf, die Mauern nicht zu berühren, nichts von Substanz zu berühren, denn auch in Geistergestalt konnte er vielleicht erspürt werden. Die Wachen waren hier mächtig, mächtiger, als jene von Uhl Belk in Eldwist gewesen waren, mächtiger sogar als jene der Druiden in der Halle der Könige. Die Magie war unglaublich mächtig, eine großartige, zerstörerische Macht, die alles vernichten konnte.

Alles, korrigierte er sich, außer den Banden, die sie sicherten und sie den Schattenwesen unterworfen hatten.

Er stieg eine Treppe abwärts, wand sich durch die Schwärze und hörte das erste Mal das Geräusch von etwas, das mahlte und sich aufblähte, von etwas, das arbeitete. Es klang wie ein angeketteter Drache. Es hatte den Geschmack und Geruch von Schweiß. Es hob und senkte sich wie ein Blasebalg in einer Schmiede – und doch war es nicht so einfach. Hieraus bezog die Magie ihr Leben, wie er spürte. Hier wurde sie geboren.

Dann erreichte er Wächter, an denen selbst ein Geist nicht unentdeckt vorbeigelangen konnte, und er mußte ausweichen. Er befand sich nah an dem, was in den Kellern der Südwache gefangen war, nah am Ursprung der Magie, an dem Geheimnis, das die Schattenwesen so sorgfältig verborgen hielten. Aber er konnte nicht näher herankommen, und so würde das Geheimnis bestehenbleiben.

Er stieg die Treppe wieder hinauf, eilte wie ein kurzes Aufflackern eines Gedankens und nicht mehr durch die Düsterkeit. Er kam auf seinem Weg noch an weiteren Schattenwesen vorüber, und einer oder zwei verlangsamten ihre Schritte, bevor sie weitergingen, aber keiner entdeckte ihn. Er begab sich jetzt auf die Suche nach Par, denn er wußte, daß der Talbewohner ein Gefangener war, und wollte herausfinden, wo er festgehalten wurde und ob er noch immer er selbst war. Denn es bestand Grund zu der Annahme, daß er es vielleicht nicht mehr sein könnte. Es bestand Grund zu der Annahme, daß er verwandelt worden und verloren war.

Walker Bohs Herz war hart wie Stein, während er über diese Möglichkeit nachdachte. Die Zeichen waren da, daß es geschah. Es hatte mit der Verwandlung von Pars Magie begonnen, mit der Entwicklung des Wunschgesangs zu mehr, als er gewesen war, als Par seine Reise zum Hadeshorn und zu Allanon angetreten hatte. Es war mit dem Zusammenbruch seines Vertrauens, daß er den Wunschgesang gebrauchen konnte, und mit dem Gefühl weitergegangen, daß die Magie sich irgendwie von ihm entfernt hatte. Es würde hier enden, im Schattenwesenkeep, wenn Par ihren Zweck annahm und akzeptierte, einer von ihnen zu sein.

Was er war, dachte Walker Boh düster.

Und doch auch wieder nicht.

Spiele in Spielen. Er kannte einige ihrer Regeln, aber noch nicht alle.

Auf der stetigen Suche nach dem Talbewohner erklomm er die Treppen des Keep, suchte schnell und lautlos unten in den dunklen Gängen und in den noch dunkleren Räumen. Er erinnerte sich daran, wie Par ihn davon überzeugt hatte, zum Hadeshorn zu kommen und mit dem Schatten Allanons zu sprechen. Er erinnerte sich daran, wie Par geglaubt hatte. Die Magie ist ein Geschenk. Die Träume sind wahr. Nun, ja und nein. Es war so. Und es war nicht so. Wie bei so vielen Dingen lag die Wahrheit irgendwo dazwischen.

Alte Erinnerungen kamen zurück, und er sah sich selbst als Allanon, der Cogline die Gänge Paranors hinabführte, als der Druidenkeep noch in den Nebeln zwischen den Welten verschlossen und von der Magie in Unterbereiche verbannt war. Er spürte die Mischung aus Angst und Entschlossenheit an Cogline und fand in jenen Empfindungen erneut den Konflikt in sich selbst widergespiegelt. Cogline hatte diesen Konflikt verstanden. Er hatte versucht, Walker zu helfen, als er lernen mußte, dieses Gewicht auszubalancieren. Mensch und Druide – die Teile, die ihn gestaltet hatten, würden für immer miteinander kämpfen, denn die Forderungen und Bedürfnisse beider lagen in ständigem Krieg. Es würde sich niemals ändern. Das beinhaltete der Handel, den er mit sich selbst abgeschlossen hatte, als er zustimmte, das Vermächtnis anzunehmen. Der letzte der alten Druiden und der erste der neuen – welcher war er? Beide, dachte er. Und er dachte auch, daß dies vielleicht der Weg war, der auch für Allanon und Bremen und Galaphile und all die anderen gewesen war.

Er stieg hoch in den dunklen Turm hinauf, und plötzlich erklang das kaum wahrnehmbare Flüstern einer vertrauten Gegenwart. Es kam von einer Stelle unten in dem Gang, der ihm gegenüberlag, nachdem er die Treppe hinter sich gelassen hatte, und berührte ihn wie eine unterschwellige Bedrohung. Er ging vorsichtig darauf zu, weil auch noch eine zweite Gegenwart spürbar war, ebenfalls eine vertraute Gegenwart. Er roch FelsenDall, wie er einen Sumpf gerochen hätte: weit und unergründlich. Der Anführer der Schattenwesen erfüllte die Luft mit seiner dunklen Magie, und ihr Duft war giftiger Wohlgeruch. Unmittelbar unter ihrem Schleier und jetzt kaum erkennbar kauerte unterdrückt und zornig Pars eigene Magie.

Walker ging zu der Tür, hinter der sie sich gegenüberstanden, hielt draußen inne, wo er nicht erspürt werden konnte, und beugte sich nah heran, um zuzuhören.