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Gernot tauschte einen langen, nachdenklichen Blick mit Otto. Robin hoffte, daß sie nicht zu dick aufgetragen hatte. Aber ein einziger Blick in Ottos Augen machte ihr klar, daß das überhaupt keine Rolle spielte.

»Mit wem hast du gesprochen?« wollte Gernot wissen. »Wem außer der alten Frau hast du von dem erzählt, was du gehört und gesehen hast?«

»Niemandem«, sagte Robin. »Wirklich, ich sage die Wahrheit! Ich... ich wollte es, ja. Ich habe das Pferd genommen und bin ins Dorf zurückgeritten, um alle zu warnen, aber es war schon zu spät. Ihr... ihr habt mich doch selbst gesehen! Ihr habt mich gerettet, als der Tempelherr Gero erschlagen hat!«

»Zum Ende des Kampfes hin, ja«, sagte Gernot. »Aber was war danach? Du hattest genug Zeit, um mit anderen zu reden. Ich muß wissen, ob du es getan hast!«

»Nein!« versicherte Robin. »Ich habe mit niemandem gesprochen, wirklich! Ich ... ich schwöre es!«

Gernot seufzte. »Ich würde dir gerne glauben, Robin. Aber wie kann ich das?« Er drehte sich halb herum und sah Otto an, und der Tempelritter schlug so schnell zu, daß Robin es nicht einmal sah.

Diesmal zielte er nicht nach ihrem Gesicht. Seine Faust bohrte sich in ihren Magen, trieb ihr den Atem aus den Lungen und ließ einen dumpfen, grausamen Schmerz in ihren Eingeweiden explodieren. Robin krümmte sich, fiel auf die Knie und schlug die Hände vor den Leib. Sie konnte nicht einmal schreien, denn sie bekam keine Luft mehr.

Otto riß sie an den Haaren in die Höhe und schlug ihr so hart mit dem Handrücken ins Gesicht, daß sein Kettenhandschuh ihre Wange aufriß. Robin öffnete den Mund zu einem verzweifelten Schrei, bekam aber immer noch keinen Laut heraus. Vielleicht würde sie jetzt sterben. Vielleicht hatte Ottos Hieb etwas in ihr zerbrochen, und sie würde einfach ersticken.

»Und jetzt wirst du uns die Wahrheit sagen, Bursche!« sagte Otto. »Mit wem hast du gesprochen, und was hast du ihm erzählt?« Um seinen Worten noch mehr Nachdruck zu verleihen, schlug er ihr noch einmal ins Gesicht, und Robin verlor beinahe das Bewußtsein. Sie sank gegen den Baum und wäre in die Knie gegangen, hätte Otto nicht die Hand in ihr Kleid gekrallt und sie festgehalten.

»Ich will mich ja nicht einmischen, Otto«, sagte Gernot. »Aber wie soll er antworten, wenn du ihm den Atem aus dem Leib prügelst?«

»Er wird schon noch genug Luft bekommen«, sagte Otto. »Und wenn nicht...« Er brach plötzlich und mitten im Satz ab, runzelte die Stirn und blickte seine eigene Hand an, die Robin gegen den Baumstamm preßte. Dann hob er auch die andere Hand, griff mit ihr in den Ausschnitt ihres Gewands und riß es mit einer einzigen Bewegung bis zum Bauchnabel hinab auf.

»Na, so eine Überraschung - unser kleiner Junge ist ein kleines Mädchen. Und ein recht ansehnliches außerdem«, fügte er mit einem anzüglichen Grinsen hinzu.

Gernot runzelte die Stirn. »Das überzeugt mich nicht unbedingt von deiner Ehrlichkeit, Robin«, sagte er.

»Aber ich sage die Wahrheit!« keuchte Robin. »Wirklich! Ich... ich habe nichts gesagt, weil ich so große Angst hatte!«

Otto schlug sie wieder und noch härter. Ihre Nase begann zu bluten. »Du sollst uns jetzt endlich die Wahrheit sagen!« herrschte er sie an. »Mit wem hast du gesprochen? Wer in deinem Dorf weiß von uns?«

»Niemand!« wimmerte Robin. »Ich schwöre es! Ich...«

Sie brach mit einem Schrei ab, als Ottos eisenbehandschuhte Hand ihre linke Brust ergriff und mit grausamer Kraft zusammenpreßte.

»Sag uns jetzt die Wahrheit, oder es wird schlimmer«, sagte Otto kalt.

»Aber ich sage die Wahrheit«, wimmerte Robin. Tränen des Schmerzes liefen über ihr Gesicht. »Wirklich! Ihr müßt mir glauben!«

Der Schmerz war unbeschreiblich. Otto drückte mit so gewaltiger Kraft zu, daß sie meinte, ihre Brust würde in Stücke gerissen. Nie zuvor hatte sie so entsetzliche Schmerzen erlitten. Ihr wurde schwarz vor Augen, und das nächste, was sie wahrnahm, war, daß Otto sie wieder brutal gegen den Baumstamm stieß.

»Laß es gut sein, Otto«, sagte Gernot. »Ich glaube, sie sagt die Wahrheit.«

»Und wenn nicht?« Otto grunzte. »Wir sollten zurückreiten und auch noch den Rest von diesem Bauernpack umbringen!«

»Das wäre nicht opportun«, sagte Gernot. »Wir brauchen sie noch. Außerdem: Wer würde ihr schon glauben? Mein Wort gegen das eines kleinen Bauernrnädchens. Hör auf, sie zu quälen. Wir reiten weiter.«

Otto zuckte mit den Schultern. Er wirkte enttäuscht. Er schlug Robin nicht noch einmal, aber seine Hand blieb weiter auf ihrer Brust liegen; wenn jetzt auch, ohne ihr Schmerzen zuzufügen.

»Sie ist wirklich ein hübsches Kind«, sagte er mit einem anzüglichen Grinsen. »Vielleicht noch ein bißchen jung, aber trotzdem ganz ansehnlich.«

»Beherrsche dich, Otto«, sagte Gernot streng. »Für so etwas ist jetzt keine Zeit. Wir müssen weiter. Es wird bald hell.«

»Schade«, sagte der Tempelritter. Das Bedauern in seiner Stimme klang durchaus echt.

»Ich schenke dir zehn davon, wenn unser Plan erst einmal aufgegangen ist. Jetzt beeile dich. Schneid ihr die Kehle durch!«

Robin bäumte sich entsetzt auf und begann mit verzweifelter Kraft auf Otto einzuschlagen und zu treten, aber der Tempelritter lachte nur. Sie wollte schreien, aber Otto legte ihr lachend eine riesenhafte, eisenverhüllte Hand auf den Mund und preßte sie gegen den Baumstamm. Gleichzeitig griff er mit der anderen Hand nach unten und zog einen Dolch aus dem Gürtel. Robin mobilisierte noch einmal alle Kräfte, rammte dem Tempelritter das Knie zwischen die Beine und fuhr ihm mit den Fingernägeln durchs Gesicht.

Das Ergebnis war weniger spektakulär, als sie gehofft hatte. Otto taumelte zwar mit einem schmerzhaften Grunzen einen halben Schritt zurück und nahm auch die Hand von ihrem Mund, griff aber sofort wieder zu und drehte Robin brutal den Arm auf den Rücken, als sie davonstürzen wollte. Sie hatte ihm ein paar üble Kratzer auf Stirn und Wange beigebracht. Blut lief über sein Gesicht. Aber er lachte nur.

»Kleine Wildkatze! Schade, daß du keine Gelegenheit hast, noch ein bißchen älter zu werden. Wir beide hätten bestimmt eine Menge Spaß miteinander.«

Robin schrie. Otto drängte sie mit seinem eigenen Körper so fest gegen den Baum, daß sie keine Gelegenheit hatte, noch einmal nach ihm zu treten, näherte sein Gesicht dem ihren und erstickte ihren Schrei mit einem brutalen Kuß. Mit der anderen Hand hob er den Dolch und zog die Klinge mit einer raschen Bewegung durch Robins Kehle.

Es tat nicht einmal besonders weh. Robin begriff im allerersten Moment nicht einmal, was geschah - sie fühlte nur die Berührung von kaltem Eisen und dann ein sanftes Brennen, keinesfalls einen so grausamen Schmerz, wie sie ihn erwartet hätte. Aber plötzlich lief etwas Warmes, Zähflüssiges ihre Kehle hinunter, und sie bekam keine Luft mehr, und dann füllte sich ihr Mund mit ihrem eigenen, salzig schmeckenden Blut.

Otto preßte seine Lippen noch für einige weitere Augenblicke auf ihren Mund, dann trat er lachend zurück, ließ endlich Robins Arm los und fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen. Sie waren rot von Robins Blut. Er sagte irgend etwas, aber sie verstand ihn nicht mehr. In ihren Ohren war plötzlich ein immer lauter und lauter werdendes Dröhnen und Rauschen, das jeden anderen Laut verschluckte und immer noch weiter zunahm.

Mit letzter Kraft schlug sie die Hände gegen den Hals. Warmes, klebriges Blut quoll in einem breiten Strom zwischen ihren Fingern hindurch, und dasselbe Blut lief in ihre Kehle hinein und versuchte, sie zu ersticken. Sie wollte schreien, wenigstens einen einzigen, allerletzten Atemzug tun, aber sie konnte nichts von alledem. Blut und roter, blasiger Schaum traten über ihre Lippen. Otto drehte sich langsam herum und ging davon, aber sie sah ihn nur noch als verzerrten Schemen, der ständig seine Form zu verändern schien und schließlich ganz verschwand.. Das also war der Tod. Sie hatte ihn sich anders vorgestellt; schmerzhafter, schlimmer, vor allem aber schneller. Wieso dauerte es so lange?