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»Du bist schon wieder tot«, sagte Salim kopfschüttelnd. »Das hat keinen Sinn. Du mußt dich schon konzentrieren, wenn du etwas lernen willst.«

»Das Schwert ist zu schwer«, beschwerte sich Robin. »Und viel zu groß für mich.«

Das war zwar im Moment nur eine Ausrede, aber trotzdem die Wahrheit. Die Klinge, die Salim ihr gegeben hatte, war beinahe so lang wie ihr Arm und damit tatsächlich viel zu gewaltig für sie. Sie hatte sich etliche blaue Flecken und Prellungen eingehandelt, weil sie Probleme hatte, das Schwert zu halten, auch ohne daß Salim mit aller Kraft darauf eindrosch.

Salim verdrehte in gespielter Verzweiflung die Augen. »Also gut«, seufzte er. »Dann probieren wir etwas anderes. Es wird ohnehin Zeit.«

»Etwas anderes?« Robin stand auf und wollte sich in der gleichen Bewegung nach ihrem Schwert bücken, aber Salim schüttelte den Kopf. Er steckte sein Schwert ein. An seiner Stelle zog er eine Waffe unter seinem Mantel hervor, deren bloßer Anblick ihr schon einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Einen Morgenstern.

Robin starrte die Waffe an, und als Salim sie ihr auffordernd hinhielt, da schüttelte sie impulsiv den Kopf und wich so erschrocken zurück, als hätte er ihr eine giftige Schlange hingehalten.

»Nur keine Angst«, sagte er. »Es ist eine sehr praktische Waffe, vor allem für jemanden, der nicht sehr viel Kraft hat.«

Robin schüttelte den Kopf. Salim mochte recht haben, aber sie würde sie niemals anrühren. Sie hatte gesehen, was sie anzurichten vermochte, und vor allem wie. Es war eine brutale Waffe, ganz anders als ein Schwert, bei dem es hauptsächlich auf das Geschick und die Schnelligkeit seines Trägers ankam und mit dem man einen ritterlichen - oder wenigstens fairen Kampf - führen konnte. Ein Morgenstern dagegen war etwas vollkommen anderes, eine brutale, heimtückische Waffe, die nur zum Zertrümmern und Verstümmeln gut war und gegen die es keine Gegenwehr gab. Sie hatte nicht vergessen, wie Gero gestorben war.

»Nun ziere dich nicht«, sagte Salim. »Es ist gar nicht so schwer, wie es aussieht.« Zur Demonstration ließ er die stachelbewehrte Kugel über seinem Kopf kreisen und vollführte dann eine komplizierte, schnelle Bewegung rechts und links seines Körpers entlang, die Kugel und Kette zu einem fast unsichtbaren, silbernen Schemen werden ließen. »Siehst du? Es ist ganz leicht. Man muß nur darauf achten, daß man sich nicht aus Versehen selbst verletzt.«

»Ich... will das nicht«, sagte Robin leise. Vielleicht war es Zeit für die Wahrheit. »Ich habe Angst davor.«

»Ein Grund mehr, daß du den Umgang damit lernst«, sagte Salim, griff zugleich aber auch unter seinen Mantel, der an diesem Tag schier unergründlich schien, und zog einen zweiten Morgenstern hervor - oder etwas, das eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Morgenstern hatte. Stiel und Kette waren so wie sie sein sollten, aber statt einer mit tödlichen Spitzen gespickten Eisenkugel hatte sie einen faustgroßen Ball aus Sackleinen, der allem Anschein nach mit Sand gefüllt war.

»Vielleicht fangen wir besser damit an zu üben«, sagte er, zwar grinsend, aber trotzdem in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.

Trotzdem schüttelte sie den Kopf und sagte noch einmaclass="underline" »Ich mag dieses Ding nicht.«

»Dennoch wirst du es nehmen«, beharrte Salim, aber jetzt mit einem Lächeln, das keines mehr war. »Man widerspricht seinem Lehrer nicht.«

Robin resignierte. Sie nahm Salim den Morgenstern aus der Hand und schlug ihm blitzschnell und vollkommen ansatzlos den sandgefüllten Ball auf die Nase. Salim fiel wie vom Blitz getroffen aufs Hinterteil, hob die Hand ans Gesicht und starrte sie aus großen Augen an. Blut begann in einem dünnen Rinnsal aus seiner Nase zu laufen.

Robin ließ den Morgenstern fallen und sagte zum dritten Maclass="underline" »Ich will das nicht.«

»Vielleicht hast du ja recht«, sagte er schleppend. Seine Nase blutete heftiger. »Möglicherweise sollten wir mit etwas weniger gefährlichem anfangen.«

KAPITEL 27

Die Stimmung in der Komturei verschlechterte sich zusehends. Bruder Abbé und Jeromé gerieten immer öfter ganz offen in Streit, und schon am nächsten Morgen erreichte ein Bote aus Elmstatt die Komturei, der allem Anschein nach keine guten Neuigkeiten brachte, denn Abbé wirkte danach noch besorgter als zuvor, und die Atmosphäre zwischen ihm und den drei anderen Tempelrittern kühlte noch weiter ab - so weit dies überhaupt noch möglich war, hieß das. Natürlich fragte sie Salim, was geschehen sei, bekam aber diesmal keine Antwort.

Dafür jedoch machte der Tuareg ihr eine Freude, die viel größer war, als er selbst ahnen mochte. Nachdem sie ihm die Nase blutig geschlagen hatte, hatte er tatsächlich nicht mehr darauf bestanden, sie in der Handhabung dieser Waffe zu unterrichten, aber sie hatten auch nicht mit Schwert und Dolch weitergeübt, sondern es für diesen Tag gut sein lassen.

Als sie sich am nächsten Nachmittag trafen, führte Salim sie nicht zur Lichtung, sondern blieb an der Schmalseite der Koppel stehen, auf der die Pferde der Tempelritter tagsüber grasten; ein gutes Dutzend Tiere, das die Templer abwechselnd ritten. Salim steckte Zeige- und Mittelfinger in den Mund und stieß einen schrillen, kurzen Pfiff aus, und eines der Tiere hob den Kopf und kam dann zu ihnen gelaufen.

Robin erkannte es sofort: Es war der kleine Schecke, den Jan geritten hatte. Er streckte den Kopf über den Zaun, bewegte die Ohren und sah sie aus seinen großen Augen an, als erkenne er sie tatsächlich wieder. Robin hob den Arm und legte ihm zögernd die Hand auf die Nüstern, und der Schecke stieß ein sonderbares, helles Geräusch aus, wie sie es noch nie zuvor von einem Pferd gehört hatte. Es hörte sich freundlich an; so freundlich, wie seine Augen blickten. Robin schloß das Tier sofort in ihr Herz.

»Gefällt er dir?« fragte Salim.

»Oh ja«, antwortete Robin mit leuchtenden Augen. »Er ist wunderschön!«

»Ich freue mich, daß du das sagst«, sagte Salim. »Und es triff sich auch ganz gut. Er gehört nämlich dir.«

Robin wandte überrascht den Blick. »Wie bitte?«

»Er gehört dir«, bestätigte Salim. »Er ist ein Hengst - mit allem, was dazugehört. Aber ein bißchen klein. Er könnte Jeromé oder gar Bruder Abbé nie und nimmer tragen, nicht einmal ohne ihre Rüstung. Aber für dich ist er genau richtig.«

»Aber er... er hat Jan gehört«, sagte Robin. Sie war immer noch vollkommen fassungslos, und es war einfach das erste, was ihr einfiel.

»Jan ist tot«, antwortete Salim. »Er braucht ihn nicht mehr. Und der Hengst wird ihn nicht vermissen. Sein früherer Herr hat ihn nicht besonders gut behandelt.«

Der Hengst wieherte leise, als wollte er Salims Worte bestätigen. Robin strich ihm noch einmal über die Nüstern, dann trat sie ein paar Schritte zurück, um das Tier in seiner vollen Größe zu betrachten. Salim hatte recht: Für einen Hengst war er wirklich nicht besonders groß, und insbesondere zwischen den gewaltigen Schlachtrössern der Tempelritter wirkte er wie ein Pony. Aber unter seinem gescheckten Fell bewegten sich ebenso starke wie geschmeidige Muskeln, und alles an ihm schien Eleganz und Schnelligkeit auszudrücken. Der Gedanke an Jan stimmte sie ein wenig traurig, aber die Freude über dieses großzügige Geschenk überwog bei weitem.

»Und er gehört wirklich mir?« vergewisserte sie sich.

»Wenn du ihn willst«, antwortete Salim. »Aber du mußt dich dann auch um ihn kümmern. Ihn füttern, sein Fell striegeln, ihn morgens auf die Koppel bringen und abends wieder zurück - und das alles neben deiner anderen Arbeit. Oh - und natürlich regelmäßig reiten.«

»Reiten?«

»Er ist ein Krieger«, antwortete Salim lächelnd. »Genau wie du und ich. Er muß in Bewegung bleiben, wenn er seine Fähigkeiten nicht verlieren will.«

»Aber ich kann nicht reiten!« protestierte Robin.