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Es würde noch lange dauern, bis Frauen ihre sexuelle Kon­ditionierung überwunden hatten; ihre Konditionierung, nicht mit andern zu konkurrieren, überwanden sie allerdings augen­blicklich. Auf den Tennisplätzen kämpften sie wie Tiger. Das war gut für die Kasse und gut für Tomahawk. Ob es auch für die Spielerinnen gut war, würde sich erst in einigen Jahren zeigen. Die erste Generation echter Profis ging inzwischen auf Ende Dreißig zu. Verschleißerscheinungen machten sich bemerkbar, und bisher hatte es den Anschein, als seien diese ähnlicher Art wie bei den männlichen Athleten - ein langsames Abgleiten aus Ruhmeshöhen, der Tod eines Traums, Flucht in die Vergangen­heit, zur Flasche, zu Kokain oder Valium. Freilich suchen auch viele Sekretärinnen um die Vierzig dieselbe Zuflucht. Wer ist da besser dran? Eine fruchtlose Diskussion. Im Profitennis gibt es keine fruchtlose Diskussion. Es gibt überhaupt keine Diskus­sion. Es gibt nur das Spiel. Alter, Verletzung, die Leiden, die dieses Leben so mit sich bringen, und der unausweichliche Tod sind auf dieser Seite des Aufschlagfeldes unbekannt. Das ist eine andere Welt.

In diesem Land der Gesundheit, Preise und Simplizität ver­liert oder siegt man. Carmen war eine Siegerin, eine Königin. Königin für einen Tag, einen Monat, ein Jahr, ein paar Jahre möglicherweise, aber sie war Königin, und das gefiel ihr. Sie entdeckte auch, daß das Gewinnen eine Sache war, das Vertei­digen eine andere.

Wenn Page nicht teilnahm, war die allgegenwärtige Rainey Rogers die reale Bedrohung. Rainey und Carmen teilten die Tomahawk-Turnierrunde unter sich auf und spielten nur zwei Turniere pro Saison Kopf an Kopf. Dies kam allen gut zupaß. Jeder Veranstalter bekam zumindest eine höchst publikums­trächtige Spielerin plus genug andere Spielerinnen, um einen Wettkampf draus zu machen, und die Leute bezahlten ihr Geld, um das Ganze zu sehen. Wenn Carmen eine Siegessträhne hatte, sahen sie ihr mit derselben Faszination zu, mit der es Menschen zu Hurrikanen, Erdbeben und Autounfällen zieht. Auf ihrem Höhepunkt war sie so einschüchternd, daß man es schon mit der Angst bekommen konnte.

Amalgamated Interstate Banks warf 500000 Dollar in den Preis­geldtopf des Turniers, wenngleich Tomahawk, als väterlicher Sponsor, den Löwenanteil der Werbung einheimste. Tomahawk schaffte eine Basis für jede Stadt, für gewöhnlich mit 25000 Dollar. Der örtliche Veranstalter mußte mit dem Rest rüber­kommen, im allgemeinen zwischen 75000 und 120000 Dollar. Amalgamated schloß sich an, weil sie sich eine Werbung für weibliche Kundschaft erhoffte. Frauen tätigten heutzutage ihre ei­genen Bankgeschäfte, deshalb trachtete Amalgamated nach einem jungen, modernen Image. Außer Filmstars gab es nur wenige sichtbare Frauen. Dennis Parry, ein stellvertretender Direktor von Amalgamated, schätzte, eine neue Sichtbarkeit sei 50000 Dollar wert. Bei Amalgamated verschaffte das Tomahawk-Turnier Den­nis eine neue Sichtbarkeit. Dennis hegte Ambitionen.

Als Miguel Semana zur Tribünenloge von Amalgamated hin­überging, kamen er und Dennis zwanglos ins Plaudern. Da die Spiele noch nicht begonnen hatten, waren die beiden allein. Sie machten galante Scherze, redeten über die galoppierende Infla­tion und Carmens Aufschlag.

«Möchten Sie eigentlich nie selbst am Wettkampf teilneh­men?» wollte Dennis wissen.

«Manchmal schon, aber ich bin froh, daß ich Anwalt gewor­den bin. Was würde schließlich aus unseren Investitionen, wenn beide Semanas spielten? Jemand muß sich ja aufs Geschäftliche konzentrieren.»

«Zum Glück hat Carmen da Sie.»

Miguel gluckste. «Ich würde eher sagen, zum Glück habe ich sie.» Er unterbrach sich. «Da wir gerade von Geschäften reden, wir entwickeln zur Zeit eine Bekleidungsmarke für Südostasien. Die Mode, für die sie jetzt wirbt, wird in den Vereinigten Staaten, Europa und Südamerika angeboten. Wie Sie wissen, entsteht ein ziemlicher Markt in Japan, Hongkong, den Philip­pinen und in Indien. Wir hoffen, wir können uns ihren Erfolg zunutze machen. Schließlich ist sie weltberühmt.»

«Mögen Sie mir nicht ein bißchen von dem erzählen, was Sie da vorhaben?»

«Sicher. Mit Vergnügen.» Miguel strahlte. «Wir entwerfen Hemden und Blusen mit ihrem persönlichen Emblem und ver­kaufen sie in Übersee. Natürlich werden die Preise im Ausland, außer in Japan, niedriger liegen. Auf diese Weise muß Carmen den Profit nicht mit einem Mittelsmann teilen. Das Sortiment wird in Hongkong produziert.»

«Niedrige Lohnkosten.» Dennis' schlanke Hand knetete die Schlüssel in seiner Jackentasche.

«Auch die Frachtkosten sind niedrig. Und wer weiß, viel­leicht bekommen wir das Sortiment auch nach China hinein. Der Markt ist größer als der indische.»

«Und suchen Sie noch Investoren?»

«Nur einen. Wir stecken an die 300000 Dollar eigenes Geld rein. Zu viele Köche verderben den Brei.»

«Hm, ja.» Dennis spielte mit seinem Schlüsselbund. «Warum schauen Sie nicht mal Montag in meinem Büro vorbei? Ich würde gern weiter darüber reden.»

Da er sich nicht allzu erpicht darauf geben wollte, zögerte Miguel. «Dann sind wir schon auf dem Weg nach Chicago.»

«Vielleicht könnten Sie einen Tag später nachkommen. Ich glaube, ich könnte Ihnen diesen Investor besorgen.»

«Wenn Sie meinen ...» Miguels Schnäuzer zuckte nach oben.

«Hier, lassen Sie mich Ihnen meine Karte geben.» Dennis kramte in seiner Tasche. «Ich weiß, ich muß irgendwo eine haben.» Er zog ein braunes Stück Fell hervor. «Meine Glücks­hasenpfote.»

«Carmen hat ein Paar Glückssocken.»

«Tatsächlich? Ah, hier ist sie.» Dennis gab ihm die Karte.

Miguel schüttelte ihm die Hand und verabschiedete sich. Der einzige, der an die Hasenpfote glauben sollte, dachte er, ist der Hase.

Susan Reilly plumpste auf den Trainertisch, um sich den linken Knöchel bandagieren zu lassen. Dem fehlte eigentlich ebenso­wenig wie ihrem übrigen Körper, außer daß sie ihn seit zwanzig Jahren täglich schikanierte. Das ständige Stampfen der Füße auf Asche und Rasen und Teppich, die schnellen Stops, Drehungen und Sprünge nach Flugbällen forderten langsam ihren Tribut.

Bei Tennisspielern sind die Knie am meisten gefährdet. Dann kommt der Ellbogen, Schultern renken sich nicht aus, aber die Muskeln zerfasern. Knochensplitter lagern sich an Gelenken ab. Bänder werden gezerrt. Unter ständigem Streß zerfasert der Körper Stück für Stück.

Susan war im Begriff, die Grenze zu überschreiten, und sie wußte es. Verletzungen heilten nicht mehr so rasch. Eisbeutel halfen zwar, aber nicht auf Dauer. Sie achtete mit dreißig mehr auf sich als mit zwanzig. Dank glänzender Kondition und einem sechsten Sinn auf dem Feld hielt sie sich großartig. Sie hatte sich heute morgen beim Training den Fuß vertreten. Es tat zwar nicht weh, aber sie ging kein Risiko ein. Die Trainerin, eine nette Frau, bandagierte geübt den berühmten Knöchel. Susan brü­tete, während Alicia Brinker bei ihr saß und in der Bibel las.

Alicia, ein weit besseres Tennisgespons als Harriet, fand Trost im Glauben. Susan tolerierte es, weil Alicia in anderer Hinsicht so gefügig war. Wenn Alicia von Susan getrennt war, was selten vorkam, grübelte sie still über ihren Glauben. Sie wollte ihre Homosexualität im Ernst mit dem heiligen Paulus in Einklang bringen. Da der heilige Paulus aber für Frauen außer Verach­tung nichts übrig hatte, waren ihre Hoffnungen, ihm etwas Anerkennung für die Lesben abzugewinnen, umsonst. Den­noch las sie weiter.