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Teaser nahm den Becher zwar entgegen, machte aber keinerlei Anstalten, daraus zu trinken. »Ich kann es nicht glauben, dass sie tot ist«, sagte er. »Und was wird nun aus der armen Mutter Tripper und meinen Freunden? Wir müssen zurück und ihnen beistehen.«

Ich gebe zu, nicht geglaubt zu haben, dass ein Mann, der einen anderen Mann zur Ehefrau nahm, sich so sehr um das

Schicksal anderer Menschen kümmern würde, aber dieser Abend hatte bereits jede Menge Überraschungen für mich parat gehabt und dürfte, wie ich fest annahm, mir noch weitere bescheren.

»Wir können nicht zurück, und wir können auch nichts für sie tun«, sagte ich. »Es tut mir leid, es so sagen zu müssen, aber es ist die Wahrheit. Durch die Konstabler und die Männer von der Reformbewegung sind uns die Hände gebunden, und ich glaube auch, dass sie im Auftrag einer höheren Macht gehandelt haben, einer mit genug Mitteln, um sicherzustellen, dass alles wunschgemäß erledigt würde. Wir können nur hoffen, dass sie von der weiteren Strafverfolgung Ihrer Freude absehen werden, nachdem sie sich ihr Mütchen an ihnen gekühlt haben.«

»Und wer, glaubst du, steckt dahinter?«, fragte mich Aadil.

Am Tonfall seiner Stimme erkannte ich, dass er es sehr wohl wusste und es nur noch einmal von mir hören wollte. Ich hatte keinen Grund, ihm den Gefallen nicht zu erweisen. »Die East India Company, falls ich mich nicht sehr irre«, sagte ich, »oder zumindest gewisse Kräfte innerhalb ihrer Reihen, aber ich vermag nicht zu sagen, ob es Ellershaw oder Forester oder sonst wer ist, der dabei die Finger im Spiel hat.«

Aadil nickte bedächtig. »Da magst du recht haben, aber ich habe vielleicht mehr als nur eine Ahnung, mit wem wir es hier zu tun haben. Ich werde dir jetzt sagen, was ich weiß und warum ich hier bin. Ich weiß, dass du in einer Zwickmühle steckst, Weaver, und nicht so handeln kannst, wie du es gerne möchtest. Ich hoffe sehr, dass du, nachdem du gehört hast, was ich zu sagen habe, verstehst, dass ich nur Gerechtigkeit will, und bereit sein wirst, mir bei meiner Aufgabe zu helfen.«

»Gerechtigkeit«, entfuhr es mir. »War es im Namen der Gerechtigkeit, dass du Carmichael in Diensten Foresters ermordet hast?«

Er schüttelte den Kopf. »Das darfst du nicht denken. Ich mochte Carmichael und seine sorglose Art und hätte ihm nie etwas zuleide getan. Ich gebe zu, dass ich anderes vortäuschte, denn das half mir, dich heil da herauszubekommen, und das war zu dem Zeitpunkt meine größte Sorge. Ja, ich habe in jener Nacht auf Foresters Anweisung gehandelt oder vielmehr so getan, als würde ich in seinem Sinne handeln, aber ich kann dir versichern, dass weder er noch ich etwas mit der Ermordung Carmichaels zu tun hatten.«

»Das lässt sich hinterher leicht behaupten. Und was war das, was du die ganze Zeit für Forester gemacht hast?«

Aadil grinste. »In der Hinsicht darf ich im Augenblick noch nicht zu sehr in die Einzelheiten gehen. Lass dir gesagt sein, dass er, wie so viele Angehörige der East India Company, hinter dem mysteriösen Wunderwebstuhl her war und dass er sich dafür meiner Dienste versichert hat. Ich war jedoch nicht ausschließlich der Diener der Company, wie er geglaubt hat.«

»Also gibst du zu, sie hintergangen zu haben?«

»Niemand hier kann seine Hände in Unschuld waschen, wenn es darum geht, die East India Company hintergangen zu haben. Aber glaube bitte nicht, dass ich einem Unschuldigen wie Carmichael etwas angetan hätte. Um keinen Preis.«

»Das ergibt einen Sinn«, sagte Elias. »Mr. Baghat hat sich dir gegenüber mit Absicht feindselig gezeigt und so getan, als wüsste er von nichts, und er hat es auch so aussehen lassen, als hätte er Carmichael auf dem Gewissen. Heute Abend hat er uns bewiesen, dass er nicht nur nicht dein Feind ist, sondern auch über Großmut verfügt.«

»Und er hat uns heute Abend auch bewiesen, dass er geschickt etwas zu verhehlen weiß und dass es auf unsere eigene Gefahr ist, wenn wir ihm Glauben schenken.« Die Worte kamen wie aus der Pistole geschossen, und sowie ich sie ausgesprochen hatte, fragte ich mich auch sogleich, ob ich mir wirklich noch einen Verdacht bewahrte oder ob ich es Aadil nachtrug, dass er mich so gründlich getäuscht hatte. Oder auch, ob es mir vielleicht einfach widerstrebte, binnen eines Augenblicks meine Meinung von einem Menschen zu ändern. Als ich erkannte, dass ich in dieser Hinsicht meinen eigenen Gefühlen nicht ganz trauen konnte, wich die Starrheit meiner Haltung und ich erhob mich, um eine knappe Verbeugung vor Aadil zu machen. »Nun gut, es wird wohl das Beste sein, wenn wir uns alles anhören, was du zu sagen hast. Ich werde deinen Worten Glauben schenken, soweit es mir möglich ist.«

Aadil erwiderte die Geste, was mir zeigte, dass er die britischen Sitten ebenso verinnerlicht hatte wie unsere Sprache. »Ich bedanke mich für deine Großzügigkeit.«

»Es handelt sich nicht nur um Großzügigkeit, sondern auch um Neugier«, sagte ich in versöhnlichem Tone. »Vielleicht solltest du mit deiner Verbindung zu Mr. Teaser anfangen, und damit, wie es dazu kam, dass du ihm heute Abend so mutig beigestanden hast.«

Teaser nickte ernst, als wolle er andeuten, dass ich tatsächlich den richtigen Punkt gewählt hatte, um mit der Geschichte anzufangen. »Um Mr. Absalom Peppers und dieses Gentleman willen bin ich überhaupt auf eure Insel gekommen. Sie müssen mir vergeben, Mr. Teaser, wenn ich schlecht über Mr. Pepper sprechen muss, obwohl ich weiß, dass Sie ihm sehr zugetan sind. Aber das gehört zu dem, was ich zu erzählen habe.«

Teaser senkte den Blick. »Auch mir ist es schon zu Bewusstsein gekommen, dass die Eule nicht der Mensch war, für den ich sie gehalten habe. Sagen Sie, was Sie sagen müssen. Es zu verschweigen, spendet mir auch keinen Trost.«

Aadil nickte. »Es ist keine zwei Jahre her, dass ein niederer Bediensteter Seiner höchsten Majestät, des Großmoguls Muhammad Shah Nasir ad Din, mögen er und seine Söhne ewig regieren, einen sehr interessanten Brief von Mr. Pepper erhielt, einen Brief, den er für wert erachtete, ihn seinen Vorgesetzten zu zeigen, und diese wiederum den ihren und so weiter, bis der Brief den engsten Beratern des Moguls unter die Augen kam.

In jenem Brief verkündete Mr. Pepper, er habe ein bemerkenswertes Gerät erfunden, einen Webstuhl mit so feinen Schäften nämlich, dass er es gewöhnlichen Europäern ermöglichen würde, Textilien indischer Machart aus in Amerika angebauter Baumwolle zu fertigen. Kurz gesagt hatte er einen Webstuhl ersonnen, der einem der wichtigsten Gewerbe meines Heimatlandes gefährlich werden konnte, indem er ihm einen echten Rivalen bescherte.«

»Also hat Forester sich nicht geirrt«, warf Elias ein.

»Nicht darin, dass er glaubte, es könne möglich sein, aber in so manchem anderen. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass der Mogul der Erfindung große Aufmerksamkeit entgegenbrachte, doch er hielt es für klüger, deren Fortentwicklung aus sicherem Abstand zu beobachten. Wie man weiß, ist die East India Company ein privates Unternehmen, aber sie steht der britischen Regierung so nahe, dass sie beinahe ein Teil ihrer darstellt. Uns zu sehr einzumischen, konnte uns in gefährliche Nähe eines Krieges führen, und das auch noch mit einem wichtigen Handelspartner. Also sandte der Mogul stattdessen Agenten aus und ließ Mr. Pepper ohne eine Antwort warten.«

Elias nickte zustimmend. »Und da er nichts von dem Mogul hörte, entschloss sich Mr. Pepper, die weitere Entwicklung auf eigene Faust vorzunehmen.«

»Genau das, Sir. Als er sich mit uns in Verbindung setzte, hatte er nur die Pläne für seine Maschine. Er hatte gehofft, wir würden ihn reich dafür entlohnen, dass er seine Erfindung geheim hielt, aber als von unserer Seite kein Angebot kam, machte er sich daran, ein betriebsfähiges Modell herzustellen.«

»Und dazu brauchte Pepper Kapital«, fügte ich hinzu. »Er warf seinen Charme in die Waagschale und ging eine Reihe von Ehen ein, die ihm jeweils eine Mitgift einbrachten, womit er sein Modell bauen konnte.«