Выбрать главу

»Ja, zum Teil verhielt es sich so«, gab mir Aadil recht. »Pep-per mag ein schlauer Kopf gewesen sein, aber er besaß keine Bildung. Er hat sich im Leben immer durchgeschlagen, indem er seinen Charme und sein vorteilhaftes Aussehen einsetzte. Alte Angewohnheiten wird man nicht so leicht wieder los, also kam er auf den Gedanken, auch vermögende Männer damit zu umgarnen - Männer nämlich, die das eigene Geschlecht bevorzugen.«

»Und so ist er auf mich gekommen«, unterbrach Teaser sein Schweigen. »Ich habe lange an der Börse gearbeitet, habe Geldanlagen verwaltet und auch für mich etwas angelegt. Die Eule, die Sie Pepper nennen, hat mich glauben gemacht, dass er etwas für mich empfände, und schon konnte ich ihm nichts abschlagen. Er hat mehr als dreihundert Pfund von mir bekommen.«

»Und hat er nun seinen Webstuhl gebaut?«, fragte Elias.

»Vielleicht, wenn er sich gleich an unseren Freund hier gewandt hätte«, sagte Aadil. »Aber wie es sich mit vielen faulen Machenschaften verhält, wuchsen die Dinge Pepper bald über den Kopf. Er hatte elf Haushalte, für die er sorgen musste, wagte es aber nicht, auch nur eine einzige seiner Frauen zu verlassen, denn wenn diese sich auf die Suche nach ihm gemacht hätte und er als Bigamist aufgeflogen wäre, hätte ihm der Galgen gedroht. Also musste er zuletzt alles Geld, das er aufbrachte, darauf verwenden, das Lügengebäude, das er sich geschaffen hatte, vor dem Einsturz zu bewahren. Und dennoch war er zu schlau und zu ehrgeizig, um sich mit seiner finanziellen Misere abzufinden. Durch seine Bekanntschaft mit einem Börsenmakler kam er darauf, dass es einfachere Wege gab, sich Geld zu beschaffen als durch Heirat oder amou-röse Kapriolen. Also suchte er nach jemandem, der Kapital in seine Erfindung zu stecken bereit war und lernte auf diese Weise einen Mann kennen, der dir, glaube ich, bekannt sein dürfte.«

»Cobb«, sagte ich und hatte das Gefühl, dass endlich Licht ins Dunkel kam. Aber ich hätte mich nicht böser irren können. Noch hatte ich gar nichts begriffen.

Aadil schüttelte den Kopf. »Nein, nicht Cobb, obwohl wir auf ihn und seine Rolle bei alledem schon bald zu sprechen kommen werden. Nein, der Mann, der Pepper half, sein Werk zu vollenden, war ein Angehöriger deines eigenen Volkes, ein Kaufmann namens Moses Franco.«

Ein ausgedehntes Schweigen senkte sich über den Raum. Vielleicht dauerte es auch gar nicht so lange, vielleicht nur ein paar Sekunden, aber mir erschien es endlos. Teaser sah mich ratlos an, als begriffe er überhaupt nichts, Aadil schien meine Erwiderung abwarten zu wollen, und Elias vertiefte sich in die Betrachtung der rauen Bodendielen. Er hatte gehört, was ich soeben erfahren hatte - dass in meinem eigenen Freundeskreis etwas nicht stimmte und dass ein Mann, den ich für einen treuen Gefährten gehalten hatte, möglicherweise etwas ganz anderes war.

Oder? Hundert Gedanken schossen mir durch den Kopf. Ich hatte mit Mr. Franco nie über Pepper gesprochen, nie seinen Namen erwähnt. Er seinerseits hatte nie ein Hehl daraus gemacht, dass er geschäftlich mit der East India Company in Berührung kam, hatte mir sogar anvertraut, dass er nicht glücklich mit der Geschäftsbeziehung wäre und man seinen Vorschlägen stets mit feindseliger Ablehnung begegnet war. Und wer wollte es ihnen verdenken, sagte ich mir, da er doch eine Erfindung zu finanzieren gedachte, die sie des Großteils ihrer Handelsgeschäfte berauben würde? Es ärgerte mich, dass Mr. Franco dieses Vorhaben mir gegenüber nie erwähnt hatte, aber es konnte ja sein, dass er es nicht als bedeutungsvoll für meine Ermittlungen erachtete, oder, was noch wahrscheinlicher war, dass er nichts gesagt hatte, weil er sein Geheimnis möglichst lange für sich bewahren wollte, um weder sich noch mir zu schaden.

Aus diesen Erwägungen wurde ich jäh durch das Splittern von Glas und eine Explosion von gleißendem Licht gerissen, die eine enorme Hitze aufkommen ließ. Nein, nicht Hitze. Sengende Glut. Flammen.

Was war geschehen? Bevor ich einen klaren Gedanken fassen konnte, war ich schon aufgesprungen, denn das Feuer breitete sich sogleich im ganzen Raum aus. Während ich Elias von den Flammen fortriss, nahm in einer fernen Ecke meines Bewusstseins meine Wahrnehmung der letzten Sekunden Konturen an. Ein brennendes, offenbar mit Petroleum oder einer anderen leicht entflammbaren Flüssigkeit gefülltes Fässchen war durch die Fensterscheibe geworfen worden. Durch eben dieses Fenster wollte Elias jetzt entkommen, aber ich riss ihn zurück.

»Nein!«, schrie ich. »Wer immer uns die Hölle heißmachen will, ist bestimmt noch da draußen und wartet, dass wir hinausgestürzt kommen. Wir müssen zusammen mit den übrigen Gästen von hier weg und uns in der Menge verlieren.«

»Richtig«, rief Aadil und zog Teaser beim Arm.

Ich öffnete die Tür unseres Zimmers und wollte gerade hinauslaufen, als ich innehielt. Es war nicht zu übersehen, dass der Angriff nicht nur uns allein gegolten, vielleicht gar überhaupt nicht uns gegolten hatte und wir nur zufällig in diesen Brandanschlag mit hineingezogen wurden, was ein tröstlicher Gedanke wäre, den ich aber sogleich als töricht verwarf. Nein, das konnte kein Zufall sein. Hier waren böse Mächte am Werk, die uns den Flammentod wünschten. Daran gab es keinen Zweifel.

Elias, der sich nie besonderer Tapferkeit gerühmt hatte und seinen Kleinmut pflegte wie andere ihre Tugenden, war vor mir zur Tür hinausgestürzt. Als ich ihm folgen wollte, flog ein weiteres Fass in unseren Raum und landete in der einzigen Ecke, die noch nicht lichterloh brannte. Auch hier griffen sofort Flammen um sich und schnitten mich von Teaser und Aadil ab.

Sollte ich mich in Sicherheit bringen oder zu ihrer Rettung eilen? Für Elias stellte sich diese Frage nicht; er war schon auf und davon und in der Menge untergetaucht, die sich zum nächst erreichbaren Ausgang drängte.

»Aadil!«, rief ich. »Seid ihr wohlauf?«

»Bis jetzt noch. Sieh zu, dass du rauskommst. Ich komme hier nicht weg. Teaser und ich müssen durchs Fenster.«

»Seht euch vor!«

»Kümmere dich um dich selber. Raus jetzt, wir reden später.«

Diesen Ratschlag sollte man beherzigen. Ich schob mich durch die Masse von Körpern, die zum Ausgang drängte. Überall um mich herum hörte ich Schreie und das Geräusch prasselnder Flammen und zerspringender Tongefäße. Dichter Rauch breitete sich aus, so dass ich kaum noch sah, wo ich hintrat. Ich konnte nur darauf vertrauen, dass die Menschen vor mir ein sicheres Gespür dafür hatten, wo es entlangging und uns aus dem Inferno geleiten würden. Es war ein beklemmendes Gefühl, so ganz auf Wildfremde angewiesen zu sein, aber es half ja nichts, also ließ ich mich, den Kopf gegen den Rauch und die Schultern zum Schutz vor den züngelnden Flammen gesenkt, mitreißen.

Endlich erreichten wir das Freie. Es waren schon mehrere Konstabler zusammengelaufen, und Anwohner der benachbarten Häuser versuchten, das Feuer zu löschen, indem sie eine Kette mit Wassereimern bildeten. Trotz meiner Angst stellte ich erleichtert fest, dass sie die Situation so weit als möglich im Griff hatten. Das Wirtshaus würde unweigerlich ein Raub der Flammen werden, aber nun ging es darum, die umstehenden Gebäude zu retten. Wir hatten Glück mit dem Wetter - es regnete noch heftiger als vorhin, und über die erschreckten Rufe und das Knistern des brennenden Holzes hinweg hörte man das Zischen des Wassers, das einem weiteren Ausbreiten des Feuers Einhalt gebot.

Einen Augenblick lang fragte ich mich, ob diejenigen, die uns den Flammentod gewünscht hatten, ohne den Regen eine andere Methode gewählt hätte. Selbst ein abgefeimter Mörder würde davor zurückschrecken, skrupellos die halbe Stadt in Schutt und Asche zu legen. Aber es hatte so oder so einen schlimmen Ausgang genommen, denn ich sah, dass mindestens ein halbes Dutzend Gäste üble Verbrennungen davongetragen hatten und um Rettung flehend im Schmutz lagen.

Und da entdeckte ich Elias. Er mochte nicht über den Mut eines Löwen verfügen, aber nun, da die unmittelbare Gefahr vorüber war, zögerte er nicht, den Verletzten seine ärztliche Kunst angedeihen zu lassen. Er kniete gerade über einem jungen Mann, fast noch einem Knaben, dessen Arm böse verbrannt war.