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»Ich danke dir«, sagte ich. »Mit ein bisschen Glück werden wir das alles vielleicht bald hinter uns haben. Aber erst nach unserem Gespräch mit Mr. Franco werden wir mehr wissen.«

»Also legen wir uns jetzt schlafen und warten, bis morgen früh das Gefängnis in der Fleet Street aufmacht?«

Ich musste seine Hoffnung leider zunichtemachen. »Nein, das kann nicht warten. Wir begeben uns augenblicklich dorthin.«

»Mitten in der Nacht wird man keine Besucher vorlassen.«

»Für eine Silbermünze ist alles jederzeit möglich«, sagte ich. »Das weißt du doch.«

»In der Tat«, sagte er, und die Bitterkeit in seiner Stimme war nicht zu überhören. »Hat uns diese ganze Geschichte das nicht längst bewiesen?«

Der Kutscher zierte sich, uns zur Fleet Street zu fahren. Er befürchtete wohl, wir könnten ihm seinen Lohn verweigern und dass er wegen der besonderen Gesetzmäßigkeiten in dem Viertel keine Möglichkeit hätte, ihn notfalls mit Hilfe eines Konstablers einzufordern. Eine Bezahlung im Voraus jedoch zerstreute seine Bedenken, obwohl er sich noch immer nicht sicher war, was er von zwei Männern halten sollte, die zu nächtlicher Stunde Einlass im Gefängnis begehrten. Nichtsdestotrotz erklärte er sich bereit, vor dem Tor auf uns zu warten, aber weder Elias noch ich waren allzu überrascht, als wir in dem Augenblick, da wir seiner Droschke den Rücken zugekehrt hatten, die Hufe klappern hörten.

Es war schon lange nach Mitternacht, so dass es mehrere Minuten dauerte, bis auf mein Pochen jemand erschien, um die

Klappe im Gefängnistor beiseitezuschieben und zu schauen, wer wir waren und was wir wollten.

»Wir müssen dringend einen Gefangenen besuchen«, sagte ich. »Einen gewissen Moses Franco. Ich muss sofort mit ihm sprechen.«

»Und ich muss wohl der König von Preußen sein«, erwiderte der Wärter. »Nachts keine Besuche. Wenn Ihr anständige Menschen wäret, wüsstet ihr das.« Er schnüffelte wie ein Jagdhund. »Ihr riecht ja wie die Schornsteinfeger.«

Ich ignorierte seine Bemerkung, denn er hatte ja recht damit. »Kommen wir zur Sache. Wie viel kostet es, um auf der Stelle zu dem Gefangenen vorgelassen zu werden?«

Er brauchte nicht lange zu überlegen. »Zwei Schillinge.«

Ich gab ihm die Münzen. »Es wäre besser, wenn man hier ein Schild mit den Preisen aushinge wie in einem Wirtshaus. Dann bräuchten die Besucher nicht erst lange zu fragen.«

»Vielleicht mag ich es, wenn man mich fragt«, erwiderte er. »Nun wartet hier, während ich euren Gefangenen hole.«

Wir drückten uns gegen die glatte Steinmauer, denn der Regen hatte immer noch nicht nachgelassen, und obwohl wir das vor gerade erst einer Stunde noch als ein großes Glück bezeichnet hatten, war uns nun kalt, und wir fühlten uns elend. Der Wärter schien eine Ewigkeit fortzubleiben, aber nach gut einer halben Stunde kam er schließlich zurück. »Ich kann euch nicht helfen«, sagte er zu mir. »Der Gefangene ist entlassen worden. Er ist nicht mehr da.«

Ich konnte kaum an mich halten. »Nicht mehr da? Wieso ist er nicht mehr da?«

»Da habe ich eine merkwürdige Geschichte erzählt bekommen. Ich wäre schon viel früher zurück gewesen, wenn ich sie mir nicht noch bis zum Ende hätte anhören wollen, und außerdem nahm ich an, dass ihr sie auch würdet erfahren wollen. Aber als ich einen Blick auf die Tafel mit den Tagespreisen warf, habe ich festgestellt, dass interessante Geschichten, die mit entlassenen Gefangenen zu tun haben, ebenfalls zwei Schillinge kosten, also gebt mir das Geld und seid froh, dass das Gefängnis in dieser Woche für unnötige Gänge nichts berechnet.«

Ich schob die zwei Münzen durch den Schlitz, und der Wärter schnappte sie sich. »Also, Folgendes habe ich gehört. Ein Gentleman ist hier aufgekreuzt und hat angeboten, die Schulden des Gefangenen abzulösen und die Unkosten für seinen Aufenthalt hier zu begleichen. Daran ist nichts Ungewöhnliches; das passiert natürlich dauernd, aber diesmal hat die Geschichte die Runde gemacht, denn scheinbar war der Knabe, der ihn ausgelöst hat, derselbe Mann, der ihn überhaupt erst hat einliefern lassen - ein Bursche namens Cobb. Und noch interessanter war, dass der Gefangene sich weigerte, mit ihm zu gehen, und sagte, er wolle lieber weiter im Gefängnis bleiben. Aber trotz allem, was Sie vorhin gesagt haben, betreiben wir hier kein Gasthaus, also hat es ein paar Schließer gebraucht, um den widerborstigen Mr. Franco in die Kutsche seines Wohltäters zu verfrachten.«

Mir war vor Schreck der Hals wie zugeschnürt. Gerade erst waren Elias und ich übereingekommen, dass Cobb mir nun mit nichts mehr drohen konnte, auf das ich nicht vorbereitet war, aber das schien auch ihm aufgegangen zu sein. Anstatt Mr. Franco im Gefängnis schmoren zu lassen, hatte er sich seiner bemächtigt. Mich packte eine solche Wut, dass ich entschlossener denn je war, mit aller Macht zurückzuschlagen -aber mehr denn je zuvor war mir schleierhaft, wie ich das anstellen sollte.

Am nächsten Morgen - es waren nur noch zwei Tage bis zur Versammlung der Anteilseigner - kam Elias wie verabredet zu mir in die Wohnung. Und er kam sogar so zeitig, wie ich ihn zu kommen gebeten hatte, was ein deutliches Zeichen war, dass ihn die Sorge ebenso umtrieb wie mich.

»Solltest du nicht im Craven House sein und die Dinge von dort angehen?«, fragte er mich.

»Da gibt es nichts anzugehen«, antwortete ich. »Wenn ich nicht die Pläne für Peppers Erfindung auftreibe, kann ich gar nichts tun. Aber ich hätte sie sehr gerne noch vor der Versammlung der Anteilseigner in Händen, denn wenn ich Eller-shaw seinen Triumph ermögliche, ärgert das Cobb. Doch zuallererst müssen wir Mr. Franco retten.«

»Und wie stellst du dir das vor?«

»Ich werde mir da schon was einfallen lassen. Auf jeden Fall müssen wir mit Celia Glade sprechen.«

Ich sah, wie er erst blass und dann rot im Gesicht wurde. »Hältst du das für einen guten Einfall? Es könnte doch sein, dass Mr. Baghat uns wirklich vor ihr warnen wollte.«

»Kann sein, aber vielleicht war es auch so gemeint, dass wir ihren Rat einholen sollen. Ich möchte unbedingt dem letzten Hinweis folgen, den er uns unter Todesqualen noch gegeben hat.«

»Und wenn diese letzten Worte nun doch eine Warnung gewesen sind? Möchtest du uns auch unbedingt in Gefahr bringen?«

»Das täte ich höchst ungern. Aber lieber sehe ich der Gefahr ins Auge, als die Hände in den Schoß zu legen. Wenn sie unser Feind sein sollte, werden wir das früh genug erfahren.«

»Ich rate, davon abzusehen, ehe wir nicht mehr wissen.«

»Das habe ich erwartet. Natürlich möchtest du sie nach dem, was zwischen euch vorgefallen ist, am liebsten meiden, und vor allem, wenn ich auch dabei bin. Daher war ich so frei, ihr heute früh eine Nachricht zukommen zu lassen, dass sie sich bitte mit mir in Verbindung setzen möge, falls sie mir etwas Wichtiges mitzuteilen hat.«

Elias, der im Augenblick offenbar nichts Wichtiges zu sagen hatte, wandte sich ab.

Die nächsten Stunden debattierten wir darüber, wie wir Mr. Franco aus Cobbs Fängen befreien konnten, und ich glaubte, uns wären ein paar gute Einfälle gekommen. Es war fast Mittag, als meine Vermieterin an die Tür klopfte, um mir zu sagen, dass draußen eine Lady in einer Kutsche auf mich warte. Elias und ich sahen einander an.

Wir gingen unverzüglich hinunter auf die Straße und näherten uns der eleganten, silber und schwarz lackierten Equipage. Aus dem Fenster schaute eine äußerst vornehm in Seide gekleidete Dame, eine ausgesprochene Schönheit und zweifellos eine sehr vermögende, angesehene Angehörige der beau monde. Das zumindest war mein erster Gedanke, als ich sie sah. Der zweite Gedanke war, dass es sich bei dieser Lichtgestalt um Celia Glade handelte.

»Ah, Gentlemen, wie schön, Sie anzutreffen. Ich sehe, dass ich nicht die Einzige bin, die an diesem Vormittag wenig Grund gesehen hat, sich sogleich ins Craven House zu begeben. Wenn Sie beide die Güte hätten, sich zu mir zu gesellen, können wir in der Stadt umherfahren und uns ungestört unterhalten. Ich bin mir sicher, dass wir einander viel zu erzählen haben.«