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Ich sagte Elias, dass ich gleich wiederkäme und wollte mich gerade selber zur Tür durchdrängen, als Ellershaw mich bei der Schulter griff. Er erwiderte meinen erstaunten Gesichtsausdruck mit einem so selbstsicheren, wissenden Grinsen, wie ich es von ihm noch nicht kannte.

»Dass ich mich nicht öffentlich bei Ihnen bedankt habe, soll nicht bedeuten, dass ich Ihren Beitrag weniger zu schätzen wüsste als den Thurmonds«, sagte er.

Ich ignorierte sein Salbadern und schob mich zur Tür hinaus. Zum Glück sah ich gerade noch, wie die beiden den Gang hinunter und zu einem kleinen Nebenraum gingen, von dem ich wusste, dass er erst jüngst frei geräumt worden war. Sie mussten sich entweder unbeobachtet gefühlt haben oder scherten sich nicht darum, wenn jemand sie zusammen sah, denn sie schlossen nicht einmal die Tür hinter sich, und als ich an der Schwelle ankam, überreichte Celia Glade Mr. Franco gerade einen Geldbeutel.

»Was sind das für geheime Geschäfte?«, sagte ich mit so lauter Stimme, dass sie beide zusammenzuckten.

»Mr. Weaver«, begrüßte mich Mr. Franco freudevoll. »Wie froh ich bin, Sie zu sehen, da wir dies alles nun hinter uns haben. Ich weiß, dass Sie nicht umhinkönnen, sich ein paar Fragen zu stellen, aber seien Sie versichert, dass ich tief in Ihrer Schuld stehe, Sir, und nichts als Hochachtung für Sie empfinde.«

Der Ausdruck auf meinem Gesicht musste ihm gesagt haben, dass ich wohl doch mehr wusste, als ihm lieb war, denn er wandte sich sogleich Celia Glade zu. »Er ist doch über alles im Bilde, oder?«

Sie errötete. »Ich fürchte, noch keine Gelegenheit gehabt zu haben, ihn davon zu unterrichten.«

»Sie sind ein Agent?«, entfuhr es mir.

Celia Glade legte mir die Hand auf den Arm. »Lassen Sie Ihre Verstimmung nicht an ihm aus. Wenn Sie jemandem Vorwürfe machen können, dann mir.«

»Worauf Sie sich verlassen können. Wie konnten Sie es wagen, meine Gefühle und meine Loyalität so zu missbrauchen? Sie haben ja keine Ahnung davon, mit was für Schuldgefühlen ich mich wegen der Einkerkerung dieses Mannes gequält habe! Und nun erfahre ich, dass er die ganze Zeit in Ihren Diensten gestanden hat.«

Franco hielt in einer abwehrenden Geste beide Hände in die Höhe, was allerdings angesichts des Geldbeutels zwischen seinen Fingern die gewünschte Wirkung ein wenig verfehlte. Trotzdem war ihm an der aufsteigenden Röte in seinem Gesicht anzusehen, dass er sich äußerst unwohl in seiner Haut fühlte und offenbar ein sehr schlechtes Gewissen hatte. Diese Aufrichtigkeit ließ meinen Zorn abebben, und ich wusste einen Augenblick lang nicht, was ich tun oder sagen sollte.

Celia Glade nutzte meine Verunsicherung sogleich zu einer Erklärung. »Nicht ihm sollte Ihr Verdruss gelten«, sagte sie. »Ihm ist ähnliche Unbill widerfahren wie Ihnen. Auch er ist gegen seinen Willen gezwungen gewesen, Cobb zu gehorchen.«

Nun ergriff Mr. Franco wieder das Wort. »Nach meiner Ankunft in London habe ich mein Geld leider recht unglücklich angelegt - unter anderem in Mr. Peppers Erfindung, und das hat Cobbs Aufmerksamkeit auf mich gezogen. Es gelang ihm, meine Schulden aufzukaufen, wie er es auch bei Ihnen und Ihren anderen Freunden gemacht hat, und er hat dann von mir verlangt, dass ich die Bekanntschaft Ihrer Familie suche.«

»Ihre Tochter steckte also auch mit darin?«, sagte ich, ohne meine Verachtung zu verhehlen.

»Nein«, sagte er. »Ich konnte es nicht über mich bringen, ein so liebreizendes Wesen dazu zu bewegen, Sie zu hintergehen, also musste ich auch ihr etwas vorspielen. Doch darf ich hinzufügen, dass ich einer Verbindung zwischen Ihnen beiden nicht im Wege gestanden hätte, wenn Sie beide mehr Gefallen aneinander gefunden hätten.«

»Zu freundlich von Ihnen«, kommentierte ich verbittert.

Er schüttelte den Kopf. »Als ich merkte, dass Sie beide nicht zueinanderfanden, habe ich meine Tochter nach Saloniki geschickt, um sie aus all diesem Irrsinn herauszuhalten. Ich schäme mich sehr, Sir, genötigt gewesen zu sein, Sie zu täuschen. Ich hoffe nur, dass Sie mir nicht mehr mit sol-cher Abscheu begegnen werden, wenn Sie erst die ganze Geschichte gehört haben.«

»Anstatt Mr. Franco zum Objekt Ihrer Entrüstung zu machen, sollten Sie ihm eher dankbar sein, wie Sie gleich feststellen werden«, sagte Celia Glade. »Um Ihretwillen hat er Kontakt zum Ministerium aufgenommen und sich erboten, die Seiten zu wechseln und mit uns zusammenzuarbeiten.«

»Das ist richtig«, sagte Franco. »Ich wusste, dass Cobb ein Schuft war und Sie ein Mann von Ehre. Daher habe ich mich, nachdem meine Tochter sicher im Ausland weilte, entschlossen, meine Unversehrtheit aufs Spiel zu setzen, indem ich für und nicht gegen meine neue Heimat arbeitete. Leider bestand eine der Bedingungen darin, dass Sie von alledem nichts erfahren durften.«

»Und wieso?«

Celia Glade lachte. »Aber das liegt doch auf der Hand. Sie sind ein viel zu ehrlicher Mensch, als dass man Ihnen in einer so zwiespältigen Angelegenheit wie dieser die Entscheidung darüber anvertrauen durfte, was Recht und was Unrecht ist. Wir wussten, dass Sie niemals freiwillig den Franzosen dienen würden und dass Sie sich, wenn Ihnen die Wahl blieb, allemal auf die Seite Ihres Königreiches geschlagen hätten. Aber weniger sicher waren wir uns darin, ob man sich auf Sie verlassen könne, wenn es für Sie zu einem Widerspruch zwischen dem, was Sie als das Beste für Ihr Land erachteten und dem, was wir dafür hielten, käme.«

Ich schnaubte verächtlich. »Also haben Sie mich als Ihre Marionette benutzt.«

»Ich wünschte, das wäre anders gewesen«, räumte Franco kleinlaut ein.

»Mr. Weaver, Sie leben lange genug auf dieser Welt, um zu wissen, dass wir nicht immer nach den Prinzipien handeln können, an die wir glauben, und dass wir bisweilen unsere eigenen Ideale im Sinne einer höheren Sache zu opfern haben. Wenn ich erführe, dass meine Regierung mich so in ihrem Sinne eingesetzt hätte, würde ich mich nicht darüber beklagen. Dies wäre mir immer noch lieber, als meinem Land Schaden zuzufügen.«

»Ja, das ist Ihre Betrachtungsweise«, sagte ich, »aber nicht die meine. Ich weiß es besser, als dass ich glauben könnte, die Regierung schnitte gut dabei ab, wenn Sie die East India Company unterstützt. Zwei große Machtblöcke können nie friedlich nebeneinander herleben, und es wird der Tag kommen, an dem der eine bestrebt sein muss, den anderen zu unterwerfen.«

»Dieser Tag mag kommen«, pflichtete Celia Glade mir bei, »wenn die Regierung Grund findet, mit dem Craven House unzufrieden zu sein. Aber im Moment sind die Franzosen unsere Gegner, und die Franzosen wollen die East India Company zerdrücken, um damit unsere Weltmacht zu zerstören. In der Politik kann es nicht immer darum gehen, was moralisch richtig und für sämtliche Zeiten gut für alle Menschen ist. Es geht um das geringere Übel, darum, was hier und heute getan werden muss.«

»Eine ganz schön verquere Art und Weise, ein Land zu führen«, sagte ich. »Sie sind auch nicht besser als die Männer der East India Company, indem Sie nur von einer Parlamentsperiode bis zur nächsten denken.«

»Nur so kann ein Land geführt werden«, sagte Celia Glade. »Jede andere Art der Politik führt ins Verderben.«

Nach einem Augenblick des Schweigens wandte sie sich Franco zu. »Ich denke, Sie haben sich Mr. Weaver so gut als möglich erklärt. Würden Sie uns nun allein lassen, damit wir ein Wort unter vier Augen wechseln können?«

Er verbeugte sich und entschwand aus dem Zimmer. Celia Glade schloss die Tür hinter ihm und entblößte ihre weißen Zähne zu einem bezaubernden Lächeln.

»Nun? Sind Sie mir böse?«

»Sie sprechen so mit mir, als gäbe es etwas zwischen uns, weswegen mein Zorn Ihnen etwas anhaben würde. Für mich sind Sie nichts als eine Frau, die ihre Umgebung geschickt zu manipulieren weiß.«