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Sie schüttelte den Kopf. »Das nehme ich Ihnen nicht ab. So denken Sie nicht über mich, und Sie sind mir wirklich böse. Dass ich Ihnen während der vergangenen Wochen immer einen Schritt voraus gewesen bin, hat Ihren Stolz verletzt, doch ich denke, Sie werden mich in einem wohlwollenderen Licht betrachten, wenn Sie das alles erst einmal auf sich haben wirken lassen. Vorausgesetzt natürlich, dass Sie das nicht schon längst tun. Ich glaube, Sie mögen mich mehr, als Sie zugeben wollen.«

Ich antwortete nichts darauf. Ich wollte es ihr weder eingestehen noch sie anlügen. Stattdessen stellte ich ihr eine Frage. »Sie haben angedeutet, die Franzosen hätten Aadil auf dem Gewissen. Haben sie auch Carmichael getötet? Und was ist mit Pepper?«

»Was Carmichael betrifft, so haben wir Informationen, die uns zu dem Verdacht führen, dass einer von Ellershaws Leuten dahintersteckt.«

»Wie bitte?! Und mit so etwas lassen Sie ihn ungeschoren davonkommen?«

»Sie müssen verstehen, was für Risiken wir sonst eingehen würden. Es handelt sich hier um den Kampf zweier Nationen um die Weltmacht, um ein Imperium, wie es die Welt noch nicht gekannt hat. Ja, wir beanspruchen diese Macht für uns, und dazu müssen wir um jeden Preis verhindern, dass unser Feind sie an sich reißt. Wollen Sie etwa, dass Frankreich sich zur vorherrschenden Weltmacht aufschwingt? Haben Sie mal darüber nachgedacht, wie gut es den Menschen unter englischer Herrschaft geht - hier und in den Kolonien? Soll ich Ihnen von dem Leben in den katholischen Ländern des Kontinents erzählen?«

»Ich bin darüber durchaus im Bilde.«

»Ich empfinde nichts als Hass Ellershaw gegenüber, und wie auch Sie wünsche ich mir, dass er für seine Taten bestraft wird, aber wir befinden uns in einem Krieg, einem sehr realen Krieg mit erheblichen Konsequenzen, erheblicheren Konsequenzen gar, als sie je ein Krieg, der von großen Armeen auf dem Schlachtfeld ausgefochten wurde, nach sich gezogen hat. Da hilft es nichts - wir müssen uns mit einem Schurken wie Ellershaw eben abfinden, so, wie ein König sich mit einem Scheusal abfinden muss, wenn dieses Scheusal zufälligerweise, wie es so oft der Fall ist, einen vorzüglichen Heerführer abgibt.«

»Also bleibt er ungestraft?«

»Wir können ihn nicht zur Rechenschaft ziehen. Selbst wenn wir Beweise hätten - die uns fehlen -, wäre es unklug, etwas gegen ihn zu unternehmen.« Sie grinste mich an. »Und keine von Ihren brachialen Methoden, wenn ich bitten darf. Ich glaube nicht, dass das Ministerium es auf sich beruhen lassen würde, falls Mr. Ellershaw unglücklicherweise etwas zustoßen sollte, und ich wäre dann nicht in der Lage, schützend die Hand über Sie zu halten. Sie müssen sich schon auf andere Weise an ihm rächen.«

Sie schien meine Gedanken lesen zu können. Ich wandte mich mit hinter dem Rücken verschränkten Armen von ihr ab. »Und was ist mit Absalom Pepper? Wer hat ihn auf dem Gewissen? Wird derjenige seiner Strafe zugeführt werden?«

»Mir fällt auf, dass Sie mir den Rücken zugekehrt haben, um mir diese Frage zu stellen. Sie sind sich Ihrer Sache wohl selber nicht ganz sicher?«

Ich empfand schon eine gewisse Bewunderung für sie, aber ich musste unbedingt Gewissheit haben. Ich wandte mich ihr wieder zu. »Wer hat ihn umgebracht?«

»Ich glaube, Sie kennen die Antwort«, sagte sie mit einem ihrer verschmitzten Lächeln, mit denen sie immer wieder meine

Wut aufreizte, die ich aber gleichzeitig als unwiderstehlich empfand.

»Wenn ich es wüsste - würde ich dann nicht der Gerechtigkeit Genüge tun?«

»Ich denke, das würden Sie.«

»Und Sie werden mich nicht davon abhalten?«

»Nein.«

»Und das Ministerium wird damit einverstanden sein?«

»Das Ministerium wird nichts davon erfahren.«

Ich verengte die Augen zu Schlitzen und sah sie scharf an. Wollte Sie mich in einen Hinterhalt locken? »Und Sie werden trotzdem keinen Versuch unternehmen, mich aufzuhalten?«

»Sie dürfen nicht glauben, dass meine Ergebenheit mich blind macht. Ich würde alles dafür tun, um zu verhindern, dass Frankreich die Macht erlangt, die unser Königreich erstrebt, aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich nicht in der Lage wäre zu erkennen, was diese großen Handelshäuser sich anmaßen. Sie haben recht damit, sich zu fragen, was geschieht, wenn deren Macht allzu groß wird, und ich gehe darin mit Ihnen überein, dass es ratsam ist, ihre Macht zu beschneiden, solange wir noch die Mittel dazu besitzen. Also können Sie tun, was Sie wollen, und ich werde in meiner Eigenschaft als Vertreterin der Krone ganz offiziell keine Notiz davon nehmen. Aber ich denke, Sie wissen, dass Sie rein privat meinen Segen dazu haben.«

Ich war vollkommen verblüfft. »Es scheint so, Miss Glade, dass Sie und ich doch mehr Sinn für Gerechtigkeit teilen, als ich ursprünglich angenommen hatte.«

»Wie können Sie daran gezweifelt haben? Ich weiß, dass Sie handeln, wie Sie es für richtig halten, und weil Sie damit auch meinem Wunsch entsprechen, werde ich Sie so weit als möglich unterstützen. Was Ihre Schulden und die Ihrer Freunde betrifft, können Sie gewiss sein, dass das Ministerium diese Angelegenheit aus der Welt schaffen wird. Die zwanzig Pfund, die man Ihnen zugesagt hat, kann ich Ihnen jedoch nicht bezahlen.« Als sie den letzten Punkt aussprach, sah sie mich besonders verschmitzt an.

»Ich werde mich bemühen, mit dem Verlust zu leben.«

»Er wird sogar noch größer, als Sie glauben, denn ich erwarte von Ihnen als Zeichen Ihrer Wertschätzung, dass Sie mir ein hübsches Schmuckstück kaufen«, sagte sie und nahm mich bei der Hand. »Und zum Zeichen deiner Zuneigung«, fügte sie noch hinzu.

Ich wollte nicht spröde wirken, aber so ganz hatte ich noch nicht Vertrauen zu der Dame gefasst, und ich war mir immer noch nicht sicher, ob sie mich nicht doch zu hintergehen trachtete. Dementsprechend fiel meine Reaktion auf ihre, mir allerdings sehr willkommenen, wie ich zugeben muss, Avancen eher zurückhaltend aus.

Sie konnte nicht umhin, mein Zögern zu spüren. »Nun zieren Sie sich doch nicht so, Mr. Weaver. Wollen Sie denn immer nur Frauen wie Mrs. Melbury umwerben, deren Sinn für Anstand und Schicklichkeit dann doch nur dazu führt, dass sie Sie stehen lassen? Sie müssten doch überglücklich sein, nicht nur eine Frau Ihres eigenen Volkes getroffen zu haben, sondern dazu auch noch eine, die Ihre Neigungen teilt.«

»Sie sind ganz schön dreist«, sagte ich und musste dabei ebenfalls grinsen, obwohl ich es eigentlich gar nicht wollte.

»Wenn es Dreistigkeit ist, in trauter Zweisamkeit mit einer gleichgesinnten Seele die Wahrheit auszusprechen, bekenne ich mich dieses Vergehens gerne schuldig. Ich weiß, dass das, was Sie mit mir erlebt haben, Ihnen ein falsches Bild von mir vermittelt haben könnte.« Sie berührte meine Hand mit einer Zärtlichkeit, die ich gleichzeitig überraschend und erregend fand. »Vielleicht werden Sie an mich denken, wenn Ihre Wunden verheilt sind und wir einen neuen Anfang wagen können.«

»Das werde ich vielleicht tun.«

»Gut«, sagte sie, »aber warten Sie nicht zu lange damit, denn sonst zwingen Sie mich, meinerseits den nächsten Schritt zu unternehmen, und dieser Schritt könnte darin bestehen, dass ich mich in einer weniger persönlichen Angelegenheit an Sie wende. Ich kann Ihnen nämlich versichern, dass das Ministerium allen Grund hatte, mir zu meinem Eingreifen zu Ihren Gunsten zu applaudieren, und nun ist überall die Rede von Weaver und wie man ihn dazu bewegen könnte, seinem König dienlich zu sein.«

Ich zog meine Hand fort. »Ich glaube nicht, dass ich in einer solchen Eigenschaft dem König dienen möchte. Wie Sie selber festgestellt haben, bin ich nicht allzu geneigt, meinen Gerechtigkeitssinn Erwägungen der Zweckdienlichkeit unterzuordnen.«

»Es könnte eine Zeit kommen, in der das Königreich Ihrer Dienste bedarf, ohne Sie damit in einen Konflikt zu stürzen. Ich hoffe, dass Sie sich uns dann nicht verschließen werden.«