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»Und falls ich daran nicht interessiert bin, darf ich trotzdem Ihre Nähe suchen?«

»Ja, aber warten Sie bitte nicht zu lange damit.«

Ich hätte nicht sagen können, zu was dieses Gespräch geführt haben würde, wenn es in privaten Räumen stattgefunden hätte, aber ein leeres Büro im Craven House erschien mir kaum als der passende Tempel, um der Liebesgöttin Venus zu huldigen, vor allem nicht, während nebenan eine Anteilseignerversammlung in vollem Gange war. In dem einvernehmlichen Wissen, dass wir nicht lange voneinander getrennt sein würden, verabschiedeten wir uns. Celia Glade beglückwünschte sich gewiss bereits zu ihrer Eroberung, und auch ich legte einen munteren Schritt vor, als ich zurück zu Elias ging, um ihm Bericht zu erstatten.

30

In der Droschke wollte Elias nicht aufhören, den Kopf zu schütteln. »Wie hast du bloß nicht merken können, dass Franco in alles eingeweiht war?«

»Er hat mir keinerlei Anlass zu Argwohn gegeben. Er hat sich stets so verhalten, wie ich es von ihm erwartet hätte. Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass er mir nur etwas vormachte.«

»Und wo geht es jetzt hin?«

»Es gibt noch eine letzte Sache zu erledigen, wenn auch nur zu meiner eigenen Genugtuung.«

Wir ließen uns zur Throwers Arms Tavern fahren, wo Devout Hale in aller Gemütsruhe mit seinen Kameraden saß und trank. Ich hätte mir vorstellen können, dass er das Weite gesucht hatte, weil er ahnte, dass ich auf dem Weg zu ihm war, doch als ich eintrat, lächelte er mir nur zu. Ich schickte seine Kumpane weg, und wir setzten uns zu ihm an den Tisch. Ich stellte ihm Elias vor, Devout Hale erzählte ihm von seiner Krankheit, und Elias versorgte ihn mit ärztlicher Weisheit, bis ich mir das Geplänkel nicht mehr anhören konnte.

»Genug davon«, sagte ich und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Glaubtest du, ich würde nicht hinter deine List kommen?«

»Was für eine List?«, fragte Hale sehr wenig überzeugend.

»Dann will ich es ohne Umschweife sagen. Du hast mich und deine eigenen Männer hintergangen. Ich habe dir ein Buch gegeben, mit dem du die East India Company hättest in die Knie zwingen können, aber du gabst es gleich an Ellershaw weiter. Warum hast du das getan?«

Er blickte sichtlich verschämt zu Boden. »Urteile nicht zu streng über mich. Mein Gebrechen ist es, das mich auf Abwege geführt hat. Ich habe dir gesagt, dass ich verzweifelt nach Heilung suchte, und dafür habe ich das Büchlein eingetauscht. Ich bin an die Männer der East India Company herangetreten, und man hat mir versichert, mir eine private Audienz beim König zu verschaffen. Es war doch nur ein Buch, Weaver. Wertlos für jemanden wie mich, der nicht lesen kann. Du kannst es einem Schwerkranken doch nicht vorwerfen, wenn er etwas, das er nicht versteht und mit dem er nichts anfangen kann, für etwas eintauscht, das sein Leben retten könnte.«

»Nein, jemandem, der das tut, kann ich wirklich keine Vorwürfe machen. Was du getan hast, war nicht recht, aber doch verständlich.« Ich nahm einen Schluck Bier. »Bis auf das eine. Woher hast du gewusst, wer dieses Buch am allermeisten begehrte? Bei der East India Company gibt es viele leitende Angestellte. Wie kamst du ausgerechnet auf Ellershaw?«

Er zuckte die Achseln. »Weiß ich nicht. Zufall, nehme ich an.«

»Nein, es war kein Zufall«, widersprach ich ihm. »Du hast schon eine ganze Weile mit Ellershaw zusammengearbeitet, nicht wahr?«

»Selbstverständlich nicht. Das ist blanker Unsinn.«

»Ach, ist es das? Auch mir wollte es zunächst nicht in den Kopf, aber als ich erfuhr, dass die East India Company ein paar Seidenweber beschäftigte, konnte ich mir vorstellen, dass du dich ihnen zur Verfügung stellen würdest, denn du hast ja nie ein Hehl daraus gemacht, dass du für deine Gesundung alles zu tun, jedes Risiko auf dich zu nehmen bereit wärest. Als heute bei der Anteilseignerversammlung Ellershaw dieses

Buch in die Höhe hielt, wusste ich natürlich, dass du für ihn die Kastanien aus dem Feuer geholt hattest. Er brauchte es gar nicht, um seinen Rivalen zu besiegen, aber es hat ihm seinen Auftritt vor der Versammlung erst so recht versüßt. Du hast die Zukunft eurer Sache verraten, damit sich ein Mann von der East India Company großtun kann.«

»Mäßige deine Stimme«, zischte er mir zu.

»Was?«, meldete sich Elias zu Wort. »Deine Männer wissen nichts davon, dass du auf Silber von der East India Company hockst?«

»Natürlich«, versicherte Devout Hale eilig, »haben sie nichts gegen ein bisschen Silber einzuwenden, gleich, ob es von der East India Company stammt oder von sonst wem. Es ist keine angenehme Übereinkunft, aber eine, mit der sie leben können.«

Ich erhob mich von meinem Platz. »Hört mir bitte zu, ihr Männer des Seidenweberhandwerks. Ist es wahr, dass euch bekannt ist, dass Mr. Hale von der East India Company bezahlt wird?«

Sämtliche Augen waren auf mich gerichtet. Ich glaube, ich wäre als dreckiger Lügner niedergeschrien worden, wenn Devout Hale nicht im gleichen Moment aufgesprungen und so rasch zur Tür geeilt wäre, wie sein Gebrechen es zuließ. Ein halbes Dutzend seiner Männer rannten ihm nach, und ich bezweifelte, dass er sehr weit kommen würde. Die Frage war nur, was sie mit ihm anstellen würden, sowie sie ihn erst einmal in den Fingern hatten. Er war eine tragische Figur und ein sehr kranker Mann, der seine Kameraden für die vergebliche Hoffnung auf eine wundersame Heilung verraten hatte. Zweifellos würde er nicht so leicht davonkommen, aber ich hatte ebenso wenig Zweifel daran, dass Hale es überleben würde, um endlich durch die Berührung durch den König belohnt zu werden - und dann feststellen zu müssen, dass er vergeblich gehofft hatte.

Elias und ich hielten es für das Beste, das Wirtshaus zu wechseln. Wir brauchten nicht lange zu suchen, und schon bald saßen wir mit zwei frischen Krügen und unseren Gedanken wieder da.

»Ich bewundere dich dafür, wie du hinter Hales Verrat gekommen bist, Weaver«, sagte Elias, »aber irgendwie ist mir das zu wenig, und es kommt auch ein bisschen spät. Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass wir wieder einmal auf der Stelle treten.«

Ich zog eine Augenbraue in die Höhe. »Sprich dich ruhig aus.«

»Nun, es ist doch nicht das erste Mal, dass so etwas passiert. Du wirst in eine Untersuchung eingespannt, und es wird bald deutlich, dass irgendwelche gewaltigen Mächte dich daran hindern wollen. Du gibst dir alle Mühe, aber am Ende obsiegen sie doch. Ein paar Helfershelfer bekommen vielleicht ihre gerechte Strafe, aber jene, die die Macht in Händen halten, bekommen genau das, was sie haben wollten. Ärgert dich das nicht?«

»Natürlich ärgert es mich.«

»Gibt es denn keine Möglichkeit, mehr auf der Hut zu sein, zu verhindern, dass das immer und immer wieder passiert?«

»Die wird es wohl geben.«

»Und warum ergreifst du sie dann nicht?«

Ich grinste ihn an. »Wer sagt, dass ich das nicht schon längst getan habe?« Ich leerte meinen Krug und stellte ihn hin. »Bei so vielen verschiedenen Agenten und so viel Lug und Trug musste ich ja ständig auf der Hut sein, dass nicht jemand die Sache zu seinen Gunsten wendet, wenn ich mal einen Augenblick unaufmerksam bin. Wie immer, wenn man es mit Männern von großer Macht zu tun hat, sind einem irgendwie die Hände gebunden, aber ich glaube, ich habe mein Bestes getan, um ihre Pläne zu vereiteln.«

»Aber wie denn nur?«

»Trink dein Bier aus, dann wirst du es schon gewahr werden.«

Wir nahmen einen Wagen zum Durham Yard, wo ich wieder einmal an eine gewisse Tür klopfte, die uns von Bridget Pepper, Ellershaws Stieftochter, geöffnet wurde. Sie, vermutete ich, war für mich die wichtigste unter all jenen Frauen, die ich inzwischen mit dem Sammelbegriff Pepper-Witwen bezeichnete.

»Einen schönen guten Nachmittag, Madam«, begrüßte ich sie, als sie uns hereinbat. »Ob Ihr werter Gatte wohl auch zu Hause ist?«